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Branchen | Äthiopien | Agroindustrie

Agroindustrieparks in Äthiopien kommen voran

„Agroindustrielle Parks“ sollen Äthiopiens Landwirtschaft mitsamt der Nahrungsmittelverarbeitung in eine blühende Zukunft führen. Dabei gibt es Fortschritte sowie alte Probleme.

Von Ulrich Binkert | Addis Abeba

Fotos von neuen Verwaltungsgebäuden, Kläranlagen oder Straßen – beim Ausbau von Äthiopiens Integrated Agroindustrial Parks (IAIP) gibt es Fortschritte. Tatsächlich in Betrieb sind allerdings erst vier Fabriken. Dies zeigen aktuelle Präsentationen der Industrieparkbehörden aus den jeweiligen Regionen, die inzwischen für die Parks zuständig sind.

In zunächst vier IAIP sollen sich Nahrungsmittelhersteller ansiedeln, um agrarische Vorprodukte aus der Region zu verarbeiten und so die ganze Wertschöpfungskette zu stärken. Der Ausbau der Parks, von denen jeder rund 30.000 Arbeitsplätze in der Verarbeitung schaffen soll, wird von ausländischen Organisationen wie der UNO-Industrieorganisation UNIDO unterstützt.

Erst vier Fabriken in Betrieb

Am meisten tut sich im IAIP Yirgalem in der kleinen Region Sidama südlich der Hauptstadt Addis Abeba. Drei Fabriken waren dort Mitte Mai 2022 in Betrieb und zwei weitere im Probelauf. 19 Unternehmen haben laut Präsentation ihre Investition vertraglich zugesagt. Die Versorgung mit Wasser, Strom und Telekommunikation stehe weitgehend, einige Straßen fehlten noch. Für den Bau der Kläranlage laufen noch Verhandlungen mit koreanischen Geldgebern.

Yirgalem: Unternehmen im Agroindustriepark, Mai 2022

Unternehmen

Umsatz bislang (Mio. US$)

Beschäftigte

In Betrieb:

Sunvado Organic Avocado Oil Manufacturing

3,9

245

YBM Avocado Oil Manufacturing

0,5

123

Douley Food Processing (Milchgetränke)

1,1

k.A.

Im Versuchsbetrieb:

Hebron Coffee Processing

-

k.A.

Haroressa Honey Processing

-

k.A.

Quelle: Sidama Industry Parks Development Corporation; UNIDO

Im nahegelegenen Bulbula in der Oromo-Region ist noch keine Fabrik in Betrieb. Dort sind drei Werksgebäude an Investoren übergeben und acht Firmen haben Investitionen vertraglich zugesagt. Fortgeschrittene Verhandlungen laufen laut UNIDO mit einer chinesischen Firma namens Shire Shanghai, die 120 Millionen US-Dollar (US$) in eine Fleischverarbeitung investieren wolle. Ein Unternehmen aus Saudi-Arabien plane die Herstellung von Speiseöl.

Die Parkinfrastruktur von Bulbula war Mitte Mai 2022 zu „86 Prozent“ fertig. Im Wesentlichen stehen laut UNIDO-Informationen noch Arbeiten an der Wasserversorgung aus, die in drei Monaten abgeschlossen sein sollen. Eine gut 2 Millionen US$ teure, von der EU finanzierte Kläranlage war zu zwei Dritteln fertig, eine rund 5 Millionen US$ teure Mülldeponie ist in Planung.

In Bure in der Region Amhara war im Mai 2022 eine große Fabrik in Betrieb und drei weitere befanden sich im Bau. 19 weitere Unternehmen hätten dort eine Investition zugesagt. Auch in Bure ist die Infrastruktur des Parks laut Präsentation praktisch komplett, laut UNIDO müssen nur noch Strom-Verteilerstationen fertiggestellt werden.

Bure: Unternehmen im Agroindustriepark, Mai 2022

Unternehmen, Produkt

Umsätze Januar bis September 2021 1) (Mio. US$) 2)

Umsätze/Jahr (Ziel) 3)

Stand, Anmerkungen 2)

In Betrieb:

Richland Soya

produziert seit Januar 2021; Investition: 58 Mio. US$

  Proteinpulver

12,5

120

nur Exporte

  Speiseöl

9,1

27

Inlandsumsätze

  Futtermittel

0,1

17

Inlandsumsätze

  Fettsäuren u.Ä.

0,1

k.A.

Inlandsumsätze

Im Bau:

Richland Maize

Investition: 150 Mio. US$; Maschinen sollen aus China kommen

  Maisstärke

-

450

Exporte

  Maisöl, Tierfutter

-

180

Yoseph Nega Tomato Processing

-

k.A.

Verarbeitungskapazität: 12.000 Jahrestonnen Tomaten

Zelalem Kebede Pasta & Macaroni Production

-

k.A.

Verarbeitungskapazität: 84.000 Jahrestonnen Weizen

1) äthiopisches Jahr 2013, 11.9.2020-10.9.2021; 2) bei einem Kurs von 1 US$ = 40 Birr (Februar/März 2021); 3) bei einem angenommenen Kurs von 1 US$ = 60 BirrQuelle: UNIDO/regionale Behörden

Gar nichts tut sich laut UNIDO beim vierten IAIP: Baeker liegt in der Konfliktregion Tigray, unweit der Grenze zu Sudan. Keinen Fortschritt gibt es demnach auch bei einem weiteren Agroindustriepark, dessen Bau im März 2021 angekündigt wurde: Der neue Park in Nekemte in Oromia hätte mit 250 Hektar Fläche und Investitionen von 200 Millionen US$ eine ähnliche Größenordnung wie die drei anderen Parks. Er soll Fleisch sowie Kaffee, Tee, Honig, Ölsaaten und andere Exportgüter herstellen. Laut der Ethiopian Industrial Parks Development Corporation soll der Park ohne ausländische finanzielle Unterstützung entstehen, was angesichts fehlender Mittel als sehr ambitioniert erscheint.

Rohstoffversorgung bleibt schwierig

„Eine der größten Herausforderungen für IAIP-Investoren ist die Knappheit an agrarischen Vorprodukten“, heißt es in dem Report über Bure. Das dürfte auch für die anderen Parks gelten. In Bulbula sei man bei dem Thema am weitesten gekommen, sagt der verantwortliche Direktor bei der staatlichen Agricultural Transformation Agency (ATA).

Der Avocadoölhersteller Sunvado in Yirgalem berichtet vom Rohstoffbezug von Kleinbauern aus Südäthiopien. Das chinesisch-äthiopische Joint-venture Richland beschafft das Soja für seine Produktion in Bure laut ATA aus der Umgebung der Fabrik. Die Anbaubedingungen in diesen mittleren Höhenlagen – Bure liegt auf rund 2.100 Meter Meereshöhe – würden passen. Es sei kein Transport von Soja aus weiter entfernten Tieflandgebieten erforderlich, wo es nach Einschätzung von Beobachtern besser wächst.

Sojaverarbeiter kauft von Kleinbauern

Zu den Lieferanten von Richland zählen nach Informationen von ATA und UNIDO Kleinbauern sowie gut 100 kommerzielle Agrarbetriebe, mit denen Richland Lieferverträge abgeschlossen habe. Die ATA unterstützt Kleinbauern, indem sie ihnen etwa beim Zugang zu besserem Saatgut hilft. Die kommerziell arbeitenden Farmer erhielten solche Unterstützung noch nicht und seien weniger produktiv als die Kleinbauern.

Wo der in Yirgalem produzierende chinesische Milchdrinkhersteller Douley seine Milch herbekommt, ist der ATA nicht bekannt. Die Verfügbarkeit von Milch ist ein großes Problem für die wenigen Molkereien in Äthiopien. Keine Informationen liegen auch darüber vor, ob Richland für seine Speiseölfabrik in Bure tatsächlich nur Sesam und andere örtlich angebaute Erzeugnisse einsetzt oder auch importierte Palmölerzeugnisse. Das in Äthiopien verkaufte – und subventionierte – Speiseöl basiert wegen der Knappheit an passenden einheimischen Agrarvorprodukten immer noch zum Großteil auf importiertem Palmöl.

Rural Transformation Centres im Bau

Die ATA versucht durch eine Unterstützung der landwirtschaftlichen Erzeuger deren Verbindung zu Verarbeitern zu stärken. Im Fokus stehen dabei bisher Kleinbauern, die sie in einem „clustering approach“ unterstützt. Bei den Anbauerzeugnissen konzentriert sich die ATA auf Gemüse und einige andere Kulturen wie Sesam sowie Weizen oder Mais; Viehzucht und Soja gehören bisher nicht dazu. Die Braugerste für Äthiopiens florierende Brauereien, die bis vor Kurzem größtenteils importiert werden musste, stamme schon zu 60 Prozent aus einheimischer Erzeugung. In spätestens zwei Jahren wolle man 100 Prozent erreichen.

Als Umschlagplatz für Agrargüter zur Verarbeitung in den IAIP sind eigentlich Rural Transformation Centres (RTC) vorgesehen. Deren Bau ist laut der aktuellen Präsentationen weit vorangekommen, in Yirgalem teils zu nahe 100 Prozent. In Bure sind die Arbeiten demnach ähnlich weit fortgeschritten, in Bulbula insgesamt etwas weniger. Über die Verfügbarkeit von Agrargütern sagt dies freilich wenig aus.

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