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Branchen | Äthiopien | Textilien, Bekleidung

Chinas Textilfabriken in Äthiopien suchen Markt und Arbeitskraft

Wie die chinesische Produktion ins billigere Ausland abwandert, zeigen zwei Beispiele aus Äthiopien. Zu sehen sind dabei auch Probleme der Textil- und Bekleidungsindustrie.

Von Ulrich Binkert | Addis Abeba

Ein Exempel für die Lehrbücher dürfte die Investition von Lida Textile in Äthiopiens Eastern Industry Zone sein. In dem chinesisch investierten und gemanagten Industriepark, 30 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt, ist Lida mit derzeit rund 2.700 Beschäftigten der größte Arbeitgeber. Bei den fünf Fabriken des Unternehmens dort handelt es sich laut Management um die global inzwischen einzige Produktion der Firma aus Guangzhou.

Vertikale Wertschöpfungskette aufgebaut

Den Anfang bildete 2017 eine erste Fabrik, wo derzeit 700 Beschäftigte Jeans nähen. Das nächste Werk aus dem Jahr danach produziert die Stoffe dafür, ein weiteres von 2019 stellt die Garne für diese Stoffe her. Auf Basis dieser internen Lieferkette sind in dem Industriepark seither zwei weitere Bekleidungsfabriken für die Herstellung der Hosen entstanden. Insgesamt produziert Lida eigenen Angaben zufolge täglich rund 20.000 Jeans.

Die Jeans gehen ausschließlich an einheimische Kundschaft. „Für den Export ist die Qualität zu schlecht“, heißt es beim Management. Für die Garnproduktion hat Lida „von Anfang an“ äthiopische Baumwolle verwendet. Daraus lassen sich wegen struktureller Probleme in der äthiopischen Wertschöpfungskette meist nur schlechte Qualitäten erzielen - mit Baumwolle jener kurzen Faserlängen, die für die Produktion von Jeans ausreichen mag. Je nach Verfügbarkeit im Inland beschafft Lida nach eigenen Angaben zudem um die 30 Prozent der benötigten Baumwolle im Ausland. Rund 100 der derzeit 2.700 Beschäftigten kommen nach Firmenangaben aus China.

Betriebe von Lida Textile in der Eastern Industry Zone, Äthiopien

Gründung

Produkt

Beschäftigte (aktuell)

2017

Jeanshosen, Bekleidung

700

2018

Jeansstoffe

300

2019

Garn

200

2019

Jeanshosen

900

2021

Jeanshosen

600

Gesamt

 2.700

Quelle: Lida; Eastern Industry Zone

Ein anderes Geschäftsmodell verfolgt Shanghai Textile. Das Unternehmen hat im unweit gelegenen Industriepark Bole Lemi im Jahr 2020, gerade zu Beginn der Pandemie, eine große, auf 5.000 Beschäftige ausgelegte Textil- und Bekleidungsfabrik gebaut. In einem kleineren Werk im Eastern Park, wo auch Lida sitzt, produziert Shanghai Textile schon seit 2017 Bekleidung. Diese Fabriken in Äthiopien exportieren, anders als Lida, ihre gesamte Produktion. Kunden der eher billigen Sweater und ähnlicher Kleidungsstücke sind unter anderem Discounter in Italien, aber auch führende internationale Mode- und Sportartikelmarken. Bald kommt voraussichtlich ein Discounter in Deutschland dazu. Garn für die Strickerei in Bole Lemi wird importiert.

Shanghai Textile ist reiner Auftragsfertiger

Das Konglomerat, das der Stadtregierung Shanghai gehört, betreibt laut Management die Mehrzahl der weltweit rund 50 Fabriken außerhalb von China. Shanghai Textile ist reiner CMT-Auftragsfertiger (cut, make, trim). „Wir bekommen unsere Aufträge von der Zentrale in Shanghai oder einem Konzernbüro in Hongkong zugeteilt“, heißt es beim chinesischen Management in Bole Lemi. In Äthiopien kümmere man sich nur um die Produktion und nicht um den Rest des Geschäfts. Auch der Schnitt der Stoffe komme vom Kunden oder aus der Zentrale.

Beide chinesischen Unternehmen geben dieselben Gründe für die Verlagerung der Produktion nach Äthiopien an. „In China sind die Lohnkosten inzwischen viel zu hoch und auch die Umweltvorschriften ziemlich streng“, heißt es bei Shanghai Textile. In Äthiopien verdient eine Näherin der untersten Lohngruppe nach Firmenabgaben monatlich 3.000 Birr inklusive Essen, Transport und Leistungszulage - das entspricht derzeit umgerechnet knapp 60 Euro. Lida nennt als Verdienst für einfache Tätigkeiten einen Betrag von 3.000 bis 4.000 Birr. Im Jahr 2019 hatte eine ebenfalls in Addis Abeba angesiedelte, äthiopische Bekleidungsfabrik mit Exportproduktion noch rund 45 Euro Monatsgehalt angegeben.

Maschinen kommen fast alle aus China

Eine weitere Gemeinsamkeit verbindet die beiden chinesischen Firmen: Sämtliche Maschinen stammen aus China, wie die Manager auf Nachfrage bestätigen. Nur bei Shanghai Textile kommt ein Teil der Nähmaschinen vom japanischen Herstellers Juki. „Über die neue Investition hier in Bole Lemi hat komplett die Zentrale in China entschieden“, obwohl das örtliche Management zum Baubeginn bereits über drei Jahre Erfahrung mit dem bestehenden Werk im Eastern Park hatte sammeln können. In Bole Lemi investiert Shanghai Textile den Angaben zufolge rund 80 Millionen US-Dollar, die Hälfte davon für Maschinen und die langfristig vereinbarte Miete für die Gebäude.

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