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Algerien will weitere Rohstoffvorkommen erschließen
Eisenerz, Phosphat oder Zink: In Algeriens Böden schlummern außer Öl und Gas noch mehr Rohstoffe. Größere Bergbauprojekte stehen in den Startlöchern.
04.09.2023
Von Friedrich Henle | Berlin
Die Dominanz von Öl und Gas ist einer der Gründe dafür, dass der algerische Bergbausektor sein Potenzial nicht voll ausschöpft. Mit neuen Projekten könnte dessen Bedeutung in den nächsten Jahren jedoch zunehmen. Ausländische Investoren stehen in den Startlöchern, um entsprechende Lagerstätten zu erschließen.
Zinkmine Tala Hamza nimmt wichtige Hürde
So hat die Erschließung der Zinkmine von Tala Hamza, in der Nähe des Mittelmeerhafens Béjaïa gelegen, einen wichtigen Meilenstein erreicht. Im Mai 2023 erteilte die algerische Bergbaubehörde ANAM (Agence Nationale des Activités Minières) dem Unternehmen Western Mediterranean Zinc die endgültige Genehmigung. Das Unternehmen ist ein Joint Venture zwischen der australischen Terramin und den beiden staatlichen algerischen Unternehmen ENOF (Enterprise Nationale des Produits Miniers Non-Ferreux et des Substances Utiles) und ORGM (Office National de Recherche Géologique et Minière).
Die Genehmigung erlaubt den Abbau und die Verarbeitung von jährlich bis zu 2 Millionen Tonnen Erz. Nach vorbereitenden Arbeiten soll die Mine im Dezember 2025 in Betrieb gehen und pro Jahr 169.000 Tonnen Zinkkonzentrat und 30.000 Tonnen Blei abwerfen. Terramin beziffert die Kosten zum Aufbau der Produktion auf etwa 340 Millionen US-Dollar (US$).
ENOF und ORGM gehören zur staatlichen MANAL-Gruppe. Diese nimmt mit zehn Tochterunternehmen und etwa 9.000 Angestellten eine wichtige Rolle im algerischen Bergbausektor ein und ist an Großprojekten, aber auch an vielen kleinen Projekten beteiligt.
Im Südwesten entsteht ein Eisenerz-Cluster
Ein algerisch-chinesisches Konsortium wiederum will die Lagerstätte für Eisenerz in Gara Djebilet im Südwesten von Algerien erschließen. Ende März 2021 hatten chinesische Unternehmen mit der staatlichen FERAAL (Entreprise Nationale Algérienne du Fer et de l’Acier) eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Das Konsortium veranschlagt Investitionskosten von rund 2 Milliarden US$. Laut Presseberichten haben vorbereitende Arbeiten an der Lagerstätte im Sommer 2022 begonnen.
Der erwartete Jahresausstoß von 12 Millionen Tonnen Eisenerz ab dem Jahr 2025 wird zum einen von den Stahlwerken Algeriens abgenommen, zum anderen auch in den Export fließen. Für einen kosteneffizienten Abtransport plant die Regierung einen Anschluss ans Schienennetz. Dafür notwendig ist eine Strecke von rund 900 Kilometern nach Béchar. Für den Bau interessieren sich ebenfalls chinesische Unternehmen. Darüber hinaus planen der türkische Stahlproduzent Tosyali und FERAAL die Weiterverarbeitung in Eisenerzkonzentrat in der Nähe der Lagerstätte.
Großes Potenzial bei Phosphat wird – noch – nicht genutzt
Algerien ist nach Marokko und China das Land mit den größten nachgewiesenen Reserven an Phosphat – geschätzte 2,2 Milliarden Tonnen entsprechen 3,3 Prozent der weltweiten Verfügbarkeit. Bei der Förderung schafft es das Land mit jährlich 830.000 Tonnen aber bei Weitem nicht in die Top 10. Die Regierung möchte die Phosphatgewinnung mit einem 6 Milliarden US$ teuren Großprojekt im Osten des Landes auf mehr als 10 Millionen Tonnen erheblich ausweiten.
Geplant ist neben dem Phosphatabbau in Djebel Onk auch ein Komplex zur Weiterverarbeitung in Dünger und Ammoniak. Im März 2022 haben die algerischen Unternehmen ASMIDAL und MANAL dafür mit zwei chinesischen Unternehmen das Gemeinschaftsunternehmen Algerien Chinese Fertilizers Company gegründet.
Rohstoff | Algerische Produktion | Größter Produzent weltweit (Land) | Weltproduktion insgesamt |
---|---|---|---|
Baryt | 52 | 2.800 (China) | 6.900 |
Bentonit | 36 | 4.300 (USA) | 19.200 |
Eisenerz | 830 | 922.159 (Australien) | 3.108.000 |
Feldspat | 170 | 12.937 (Türkei) | 34.356 |
Gold (in Kilogramm) | 71 | 329.000 (China) | 3.330.000 |
Kaolin | 100 | 6.400 (China) | 29.000 |
Kieselgur | 2,5 | 830 (USA) | 2.200 |
Phosphatgestein | 1.300 | 86.000 (China) | 222.000 |
Zink | 0,5 | 4.737 (China) | 13.500 |
Bedarf an Bergbautechnik steigt
Die Phosphat- und Eisenerzminen sind aufgrund ihres Produktionsvolumens wichtige Besteller von Maschinen und Bergbautechnik, die Algerien größtenteils einführen muss. Sollten die Bergbauprojekte wie geplant realisiert werden, dürfte der Bedarf weiter steigen. Allerdings haben sich in der Vergangenheit ähnliche Vorhaben immer wieder verzögert.
Hinzu kommt der hohe Bedarf an Investitionsgütern der Öl- und Gasbranche, der sich in der Außenhandelsstatistik nicht immer gut separieren lässt. Die Importe aus Deutschland sind in den letzten Jahren zurückgegangen. In der Rangliste der wichtigsten Lieferländer belegte Deutschland im Jahr 2022 den 6. Platz.
2020 | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 in % | |
---|---|---|---|---|
Insgesamt | 405,8 | 263,2 | 267,5 | 1,6 |
China | 98,7 | 52,3 | 71 | 35,8 |
Türkei | 48,8 | 31,4 | 48,3 | 53,8 |
Frankreich | 44,1 | 36,5 | 35,3 | -3,3 |
Italien | 29,6 | 17,3 | 18,2 | 5,2 |
USA | 29,7 | 12,4 | 14,9 | 20,2 |
Deutschland | 25,6 | 19,8 | 13,6 | -31,3 |
Positive Entwicklung des Sektors
Die algerische Bergbaubranche (ohne Öl und Gas) entwickelt sich aktuell stärker als die Gesamtwirtschaft. Nach den jüngsten Zahlen der algerischen Statistikbehörde ONS wuchs der Bergbau im Jahr 2022 um 6,2 Prozent und damit doppelt so stark wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes. Mit weniger als 1 Prozent ist der Anteil des Bergbaus am BIP jedoch immer noch gering. Der Öl- und Gassektor dagegen stand im Jahr 2022 für 31 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Etwa 60 Prozent der Fläche Algeriens gelten als geologisch noch nicht ausreichend erforscht. Ein Hindernis ist zudem die Größe des mit knapp 2,4 Millionen Quadratkilometern größten Landes des Kontinents, sowie die fehlende Infrastruktur in entlegenen Gebieten, um auch dort Bodenschätze gewinnbringend abbauen und abtransportieren zu können.
Das algerische Ministerium für Energie und Bergbau bereitet nach öffentlichen Aussagen von Ministeriumsvertretern aktuell eine Novellierung des geltenden Bergbaugesetzes vor. Ziel ist die Steigerung der Attraktivität des Sektors auch für ausländische Investoren.