Im Bereich energieeffizientes Bauen besteht Nachholbedarf. Die Standards für Wohngebäude werden ab 2023 erhöht. Bei Bürogebäuden ist der Effizienzgedanke bereits angekommen.
Die Gesetzgebungskompetenz für baurechtliche Regelungen und Energieeffizienzstandards fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesstaaten. Anfang 2019 einigte sich die nationale Regierung mit den Bundesstaaten auf das Maßnahmenprogramm "Trajectory for Low Energy Buildings". Dieses sieht für die Jahre 2022 und 2025 eine schrittweise Verschärfung der Energieeffizienzvorgaben vor.
Die Umsetzung erfolgt über eine Reform des National Construction Code (NCC). Dieses Regelwerk enthält baurechtliche Mindeststandards für Gebäude. Die landesweite Geltungswirkung entsteht dabei durch eine implementierende Gesetzgebung der Bundesstaaten.
Energieeffizienzvorschriften für Wohngebäude werden verschärft
Insbesondere bei Wohngebäuden hinkt Australien den international führenden Staaten hinterher. Derzeit verursachen Wohngebäude etwa 12 Prozent der Treibhausgasemissionen Australiens. Verantwortlich ist der Energiehunger, denn die Wohngebäude verbrauchen rund 29 Prozent des landesweit erzeugten Stroms (zum Beispiel durch Klimaanlagen). Bei der Energieeffizienz schneiden neu gebaute Wohnhäuser nach Einschätzung von Branchenkennern um mindestens 40 Prozent schlechter ab als in anderen entwickelten Ländern mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen.
Zur Bewertung der Energieeffizienzstandards besteht das 1993 ins Leben gerufene Nationwide Housing Energy Rating Scheme (NatHERS). Dabei konzentriert sich NatHERS auf die Bewertung der Gebäudehülle, also aller Baumaterialien (einschließlich Wände, Dämmung, Fenster und Dächer), die zum Bau eines Hauses verwendet werden. Diese Bewertung der thermischen Leistung erfolgt auf einer Skala von 0 bis maximal 10 Sternen, basierend darauf, wie viel Heizung und Kühlung benötigt wird, um ein Zuhause komfortabel zu halten.
Für neue Wohngebäude war in den Bauvorschriften der Bundesstaaten bislang nur ein Mindeststandard von 6 Sternen verankert. Am 26. August 2022 einigten sich die Bundestaaten darauf, den Mindeststandard für die Energieeffizienz neuer Häuser im NCC auf 7 Sterne anzuheben. Landesweit verbindlich tritt diese Regelung am 1. Oktober 2023 in Kraft.
Zudem wird mit der Reform des NCC auch ein jährliches Energieverbrauchsbudget für Wohnhäuser eingeführt. Dieses Budget gilt für den Energieverbrauch der Heiz- und Kühlgeräte, Warmwassersysteme, Beleuchtung sowie Pumpen für Schwimmbecken. Die Installation von Solarmodulen auf dem Dach ist nicht zwingend, kann jedoch dazu beitragen den Energieverbrauch eines Hauses unter dem erforderlichen Budget zu halten.
Den einzelnen Bundesstaaten steht es frei, auch strengere Regelungen als die im NCC enthaltenen Mindeststandards festzusetzen. In New South Wales mit der Metropole Sydney gilt das Erfordernis eines 7 Sterne NatHERS Ranking auch für Renovierungsarbeiten, die einen Betrag von 50.000 australischen Dollar ($A) überschreiten (entspricht rund 35.000 US-Dollar (US$), 1 $A = 0,6947 US$).
Der Wohnungsbestand in Australien gilt als in weiten Teilen energetisch veraltet. Nach Einschätzung von Branchenkennern erreichen viele Gebäude, die vor 1990 gebaut wurden, nur ein NatHERS Ranking von 1,5 bis 3 Sternen. So finden sich im Bestand weiterhin viele Gebäude mit einer ungedämmten Keilstülpschalung.
Offenlegungspflichten für Bürogebäude
Besser ist der energetische Zustand bei den Gewerbeimmobilien. Hierfür sorgt das National Australian Built Environment Rating System (NABERS). Im Rahmen eines NABERS Energy Ratings können maximal 6 Sterne vergeben werden. Dabei gelten unterschiedliche Bewertungskriterien für spezielle Gebäudeklassen wie Büronutzung, Einzelhandel, Hotels, Lagerhallen oder Krankenhäuser.
Grundsätzlich basiert NABERS auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, im Falle von Büroimmobilien sorgen jedoch verbindliche Offenlegungspflichten für eine weit verbreitete Anwendung. Im Rahmen des verbindlichen Commercial Building Disclosure Program müssen die Eigentümer bei Vermietung oder Verkauf einer Bürofläche von mehr als 1.000 Quadratmetern auch Informationen zur Energieeffizienz offenlegen. Dies erfolgt über ein Building Energy Efficiency Certificate.
Mittlerweile hat sich ein gutes NABERS Energy Rating zu einem wichtigen Vermarktungsinstrument für Büroflächen entwickelt. So sind beispielsweise 77 Prozent der Büroflächen durch NABERS erfasst. Dabei erzielen rund 55 Prozent der Gebäude eine gute Bewertung mit mindestens 5 Sternen.
Einzelne Regionen preschen mit ehrgeizigen Standards vor
Auch im Bereich der Gewerbeimmobilien gilt, dass die Bundesstaaten jeweils eigene, verschärfende Regelungen festlegen können. In New South Wales gelten gemäß der Sustainable Housing State Environmental Planning Policy (SEPP) bestimmte Energieeffizienzvorgaben für den Neubau von großen Gewerbeimmobilien (mehr als 1.000 Quadratmeter Bürofläche). Entwickler müssen ab Oktober 2023 ein Net Zero Statement vorlegen, welches erläutert, wie bis spätestens 2035 ein klimaneutraler Betrieb gewährleistet werden soll.
Auf Ebene der Lokalverwaltung machen auch einige Councils die Erteilung einer Baugenehmigung von Energieeffizienzvorgaben abhängig. Im Gebiet des City of Sydney Council gilt für neue Gewerbegebäude (Büros, Hotels, Einkaufszentren) seit Januar 2023 ein Mindeststandard von 5,5 NABERS Sternen. Ab 2026 müssen alle Neubauten klimaneutral sein.
Ein weiteres angesehenes Bewertungstool sind die Green Star Ratings des Green Building Council Australia. Bis Juni 2022 hatte der Verband bereits über 3.300 Gebäude zertifiziert. Die freiwillige Bewertung ist besonders bei Entwicklern von Büro- und Einzelhandelsprojekten gefragt, die einen Anteil von knapp 70 Prozent ausmachen.
Von Heiko Stumpf
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Sydney