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Branche kompakt | Polen | Bauwirtschaft

Rahmenbedingungen

Besondere rechtliche Hürden für Bauunternehmen aus Deutschland gibt es nicht. Trotzdem unterscheidet sich Polens Bauindustrie in einigen Punkten von seinem deutschen Gegenstück.

Von Christopher Fuß | Polen

Bauunternehmen aus den Mitgliedstaaten der EU können sich ohne Einschränkungen auf öffentliche Bauprojekte in Polen bewerben. Wenn Anbieter aus Deutschland eine Dienstleistung in Polen erbringen, dann müssen sie eine A1-Bescheinigung vorweisen. Unterschiedliche Träger stellen das Dokument in Deutschland aus, darunter die gesetzlichen Krankenkassen.

Öffentliche Ausschreibungen gibt das Amt für öffentliche Aufträge UZP (Urząd Zamówień Publicznych) bekannt. Der Schwellenwert für EU-weit auszuschreibende Bauleistungen 2025 beträgt 5,538 Millionen Euro. Private Vorhaben können freiwillig ausgeschrieben werden. Eine der größten Datenbanken mit Bauinvestitionen in Polen ist Info-Inwest. Bei einem Großteil der öffentlichen Ausschreibungen in Polen werden nach Ablauf der Bewerbungsfrist die aufgerufenen Preise der potenziellen Auftragnehmer veröffentlicht.

Bei manchen Großprojekten vereinbart Polens Regierung gemeinsam mit den größten Investoren sogenannte Sektorabkommen. Sie sind rechtlich unverbindlich. Investoren erklären sich darin zu einem bestimmten Anteil von polnischen Lieferanten bereit. Solch ein Abkommen gibt es beispielsweise für die Offshore-Windindustrie.

Einschränkungen für Drittstaaten

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (Aktenzeichen C-652/22) gibt Polen die Möglichkeit, Unternehmen aus verschiedenen Drittstaaten von öffentlichen Ausschreibungen auszusperren. Das Infrastrukturministerium nutzte diese Möglichkeit im Januar 2025 bei einer Ausschreibung im Schienensektor.

Polens Wirtschaftsministerium arbeitet an einem Zertifikat für Auftragnehmer von öffentlichen Projekten. Unternehmen mit einem Zertifikat müssen bei Ausschreibungen weniger Nachweise einreichen. Das Parlament soll im Laufe des Jahres 2025 über den Vorschlag debattieren.

Seit Januar 2025 gelten neue Vorschriften für die Bewirtschaftung von Bau- und Abbruchabfällen. Holz, Metalle, Glas, Kunststoffe, Gips und mineralische Abfälle müssen getrennt gesammelt werden. Der Gesetzgeber erlaubt, gemischte Abfälle abseits der Baustelle sortieren zu lassen. In der Praxis bedeutet dies, dass Bauunternehmen die Trennung an spezialisierte Entsorgungsbetriebe vergeben.

Leichte Entspannung am Arbeitsmarkt

Nachdem der Bausektor Polens 2024 rückläufige Aufträge verkraften musste, hat der Fachkräftemangel im Bau und Handwerk etwas an Schärfe verloren. Das schreiben die Arbeitsämter in ihrem Berufsbarometer für das Jahr 2025 (Barometr Zawodów). Besonders schwierig fällt die Suche aber weiterhin bei Dachdeckern und Klempnern.

Ein Gesetz von 1989 regelt die Organisation des Handwerks in Polen. Die Mitgliedschaft in einer Handwerkskammer ist fakultativ. Polens Handwerkskammer ZRP (Związek Rzemiosła Polskiego) stellt Gesellen- und Meisterbriefe aus. Allerdings gelten auch Abschlüsse an technischen Berufsschulen oder Hochschulen als eine ausreichende Qualifikation. Das Handwerksgesetz enthält keine Liste mit zulassungspflichtigen Berufen. Stattdessen liefert es eine Übersicht an Berufen, die nicht zum Handwerk gehören.

Bündelung von Bauleistungen

Projekte im Infrastrukturbereich werden in der Regel nach der Formel "Design & Build" ausgeschrieben. Das Besondere: Ein Auftragnehmer übernimmt sowohl die Bauplanung als auch die Ausführung. Beide Bereiche werden in Deutschland oft getrennt betrachtet.

Ein öffentlicher Auftraggeber kann neben dem Preis auch verschiedene qualitative Aspekte berücksichtigen. Hierzu gehören beispielsweise Referenzprojekte, Qualifikationen oder nachhaltige Materialien. Theoretisch ist es also möglich, dass ein Angebot mit dem höheren Preis den Zuschlag erhält. Der Thinktank Polityka Insight gibt in einem Positionspapier aber zu bedenken: "Die Realität zeigt, dass sie [nicht preisliche Kriterien] wenig oder gar keinen Einfluss auf die endgültige Auswahl des Auftragnehmers haben. Es ist der angebotene Preis, der darüber entscheidet, ob ein Angebot erfolgreich ist oder nicht." 

Behördengänge rund um den Bauprozess erfolgen in Polen in der Regel online. Über das Portal eBudownictwo können Investoren, Bauunternehmen und Architekten unterschiedliche Bauanträge einreichen, darunter auch den Bauantrag. Der Online-Dienst bietet noch weitere Funktionen, wie zum Beispiel ein elektronisches Bautagebuch oder ein elektronisches Bauwerksbuch. Betreiber von eBudownictwo ist die Bauaufsichtsbehörde GUNB (Główny Urząd Nadzoru Budowlanego).

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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