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Branche kompakt | Polen | Bauwirtschaft

Das polnische Baugewerbe kämpft mit steigenden Kosten

Polen muss seine Infrastruktur weiter ausbauen. Den Wohnungsbau fördert ein neues Programm. Hohe Kosten belasten jedoch das Baugewerbe.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Markttrends

    Gegen Mitte des Jahrzehnts erwartet die polnische Bauwirtschaft einen Aufschwung. Große Infrastrukturprojekte stehen an. Schon jetzt entstehen viele Industrie- und Lagerbauten.

    Das polnische Baugewerbe durchlebt eine Schwächephase, erwartet aber wieder mehr Aufträge. Neue Mittel der Europäischen Union (EU), die Projekte co-finanziert, sollen ab 2024 stärker fließen. Polen ist ein wichtiges Land zum Near- und Friendshoring. Künftig dürften noch mehr Produktionsstätten aus Asien dorthin verlagert werden. Der US-Konzern Intel errichtet eine große Chip-Fabrik bei Wrocław (Breslau), komplementär zu der in Magdeburg. Im Wiederaufbau der Ukraine sieht Polen gute Chancen, auch als Logistikstandort.

    Aufträge lassen auf sich warten

    Die 20 größten Bauunternehmen haben laut der Marktforschungsfirma Spectis 2023 Aufträge im Gesamtwert von 15 Milliarden Euro in ihren Büchern (auf Złoty-Basis real mindestens -10 Prozent gegenüber 2022). Das Zugpferd sind derzeit öffentliche Investitionen aus bestehenden Verträgen mit inländischer Finanzierung. Das betrifft Gemeindeprojekte und den Straßenbau.

    Die Seehäfen werden weiter ausgebaut. Neuen Bahn- und Energieprojekten fehlen dagegen EU-Mittel aus dem Haushalt 2021 bis 2027, die erst nach einer Vorlaufphase kräftig fließen. Für Polen vorgesehene Mittel aus dem Corona-Aufbaufonds hält die EU wegen des Streits über die Rechtstaatlichkeit weiter zurück. Großvorhaben im Energiesektor sind Offshore-Windparks und das erste Kernkraftwerk.

    Besonders dynamisch entwickelt sich die Errichtung von Industrie- und Lagerhallen. Nach der Coronaflaute entstehen nun wieder Hotels und Einkaufszentren, vor allem Handelsparks. Mitte 2023 befanden sich laut Savills 438.500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche im Bau. Auch der Bau von Bürohäusern kommt allmählich wieder in Gang.

    Laut dem Statistischen Hauptamt GUS wurden 2022 rund 22.700 neue Nichtwohnungsgebäude übergeben (+0,6 Prozent gegenüber 2021). Zusammen mit Erweiterungen bestehender Gebäude wurden 15,9 Millionen Quadratmeter fertig gestellt (+12,6 Prozent). Davon entfielen 55 Prozent auf Industrie- und Lagerbauten.

    Der derzeit schwache Auftragseingang führt zu einem Preiskampf unter den Bietern, und das bei steigenden Kosten. In Zahlungsschwierigkeiten geraten bislang vor allem kleinere, mit dem Wohnungsbau befasste Betriebe.

     

    30 Milliarden Euro

    betrug der Wert der 2022 in Polen erbrachten Bauleistungen.

    Einen großen Anteil an den Bauinvestitionen haben Unternehmen. Größere ab 50 Mitarbeitern investierten im 1. Quartal 2023 laut GUS gut 3,2 Milliarden Euro in Bauten (auf Złoty-Basis real +4,9 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2022) bei Investitionen von insgesamt gut 9,1 Milliarden Euro (+7,2 Prozent). Im Jahr 2022 hatten sie 16,3 Milliarden Euro in Bauten investiert. Sämtliche, auch kleinere, Unternehmen brachten gleichzeitig dafür gut 44,2 Milliarden Euro auf (-4,1 Prozent gegenüber 2021). Die Bauwirtschaft selbst (Unternehmen ab 50 Mitarbeitern) investierte im 1. Quartal 2023 rund 149 Millionen Euro und im Jahr 2022 rund 807 Millionen Euro.

    Marktvolumen der Bauwirtschaft in Polen (in Milliarden Euro; nominale Veränderung auf Złoty-Basis in Prozent) ¹) ²)

    Kennziffer

    2021

    2022

    Veränderung 2022/21

    Wert der erbrachten Bauleistungen insgesamt

    25,6

    30,0

    19,9

      Hochbau

    12,3

    14,9

    24,6

        Wohneinheiten

    4,6

    5,8

    29,4

        Andere Gebäude

    7,7

    9,1

    21,8

          Industrie-/Lagerhallen

    3,2

    3,9

    24,8

      Tiefbau

    13,4

    15,1

    15,5

        Straßen, Autobahnen

    4,8

    5,7

    22,8

        Überland-Pipelines, Telekom-/Hochspannungsleitungen

    1,7

    2,1

    31,0

        Lokale Pipelines, Verteilungskabel

    2,2

    2,0

    -4,2

        Bahnlinien

    1,7

    1,8

    7,4

    1 umgerechnet zum jeweiligen Jahresdurchschnittskurs: 1 Euro=4,5652 Zł (2021) und 1 Euro=4,6861 Zł (2022), 2 Unternehmen ab zehn Mitarbeitern.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023


    Sinkende Baugenehmigungen deuten auf eine Abschwächung des Baus von Gebäuden und Ingenieurobjekten hin. Für den Bau von Nichtwohnungsgebäuden wurden 2022 laut GUS 30.900 Genehmigungen erteilt oder Entwürfe eingereicht (-11,7 Prozent gegenüber 2021) und für den von Ingenieurobjekten zu Land und zu Wasser 46.600 (-14,5 Prozent). Von der geplanten Gebäudefläche von 20,4 Millionen Quadratmetern (-0,2 Prozent) entfielen 11,2 Millionen auf Industrie- und Lagerbauten.

    Die Anzahl der 2022 fertig gestellten Wohneinheiten stieg laut GUS gegenüber 2021 noch um 1,6 Prozent auf 238.490. Im 1. Halbjahr 2023 wurden 111.873 Einheiten übergeben (+2,5 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2022). Im Bau befanden sich Mitte 2023 aber nur noch rund 806.800 Einheiten (-8,5 Prozent gegenüber Mitte 2022). Insgesamt 298.000 Baugenehmigungen wurden 2022 erteilt, beziehungsweise es wurden Entwürfe eingereicht (-12,6 Prozent), im 1. Halbjahr 2023 rund 111.900 (-34,7 Prozent). Die seit dem Krieg in der Ukraine in Polen gestiegenen Preise und Kreditzinsen (Inflation 2022: 14,4 Prozent) verteuerten die Anschaffung von Wohneigentum und das Bauen erheblich.

    Zinssubventionen für Wohnungsbaukredite

    Nun soll ein staatliches Programm den Wohnungsbau wieder ankurbeln, das stark vergünstigte Kredite mit einer Verzinsung von 2 Prozent anbietet. Kreditwürdige Personen unter 45 Jahren können für ihre erste eigene Wohneinheit (Wohnung, Haus oder Grundstück) ohne geforderten Eigenanteil einen Kredit in Höhe von maximal 112.000 Euro bei Singles und 135.000 Euro bei Eltern mit mindestens einem Kind aufnehmen. Dieser wird zehn Jahre lang von der staatlichen Förderbank BGK (Bank Gospodarstwa Krajowego) bezuschusst, die die Differenz zu den marktüblichen Zinssätzen übernimmt. Der freiwillige Eigenanteil darf 45.000 Euro nicht übersteigen. Bezüglich der Wohnungsgröße gibt es keine Beschränkungen.

    Seit Anfang Juli 2023 können Anträge für eine Förderung im Rahmen dieses Programms „Sicherer Kredit 2 Prozent“ (Bezpieczny Kredyt 2 Procent) eingereicht werden. Das Interesse ist groß. Gegen Ende Juli 2023 bestanden 250 zinsvergünstigte Verträge zwischen Geschäftsbanken und Kreditnehmern. Circa 12.500 weitere Anträge lagen laut dem Minister für Entwicklung und Technologie, Waldemar Buda, vor. Deren Anzahl soll sich noch vervielfachen. Im 1. Halbjahr 2023 wurden laut dem Kreditinformationsbüro (Biuro Informacji Kredytowej, BIK) insgesamt nur rund 55.100 marktübliche Wohnungsbaukredite erteilt (mengen- und wertmäßig etwa -40 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2022).

    Gute Chancen für deutsche Branchenunternehmen

    Deutsche Unternehmen haben gute Zulieferchancen auf dem polnischen Markt. Moderne Baulösungen und –technik sind gefragt, gerade auch für Heizungen und nachhaltige Bauweisen sowie für Ingenieurobjekte. Deutschland liefert Baustoffe und Baumaterialien, etwa für technische Installationen, sowie Baumaschinen und -geräte nach Polen. Kleinere Handwerksbetriebe können insbesondere im grenznahen Raum zum Zuge kommen. Bestellungen für spezielle Anfertigungen können auch aus ganz Polen kommen.

    Spectis schätzt den Gesamtwert der 960 größten Investitionen in Polen 2023 auf 195 Milliarden Euro, davon 34 Milliarden Euro im Bau und 161 Milliarden Euro in Planung.

    Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in Polen (in Millionen Euro)

    Projekt

    Investitionssumme

    Projektstand

    Anmerkungen

    Zentraler Großflughafen CPK

    6.900

    Planung, fertig 2027

    Centralny Port Komunikacyjny (CPK)

    Montage- und Testzentrum, Miękinia bei Wrocław

    4.200

    Planung, fertig 2027

    US-Chip-Hersteller Intel

    Tiefwasser Container Terminal beim Hafen Świnoujście und Vertiefung Wasserstraße dorthin

    2.315

    Planung, fertig 2029

    Hafenverwaltung Szczecin-Świnoujście, belgisch-katarisches Konsortium  Deme Concession NV, Qterminals W.L.L.

    Hotelkomplex Woźniak Resort & Spa, Kołobrzeg

    Keine Angaben

    Baubeginn, fertig 2025

    Seamed Sp.z o.o., Fermy Drobiu Woźniak Sp.z o.o.

    Fabrik für Wärmepumpen, Dobromierz, Niederschlesien

    270

    Planung, fertig Ende 2025 / Anfang 2026

    Robert Bosch GmbH

    Krankenhauskomplex, Gliwice

    244

    Planung, fertig 2027

    Stadt Gliwice

    Büro-Rundbau The Form, Warschau, 28.000 qm

    keine Angaben

    Baubeginn, fertig Ende 2024

    Lincoln Property Company Poland, Porr S.A.

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Pressemeldungen 2023

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

    Polen steht vor Mammutaufgaben, um seinen Gebäudesektor langfristig klimaneutral zu gestalten. Strengere Umweltvorschriften und Förderungen heizen die Maßnahmen an.

    Ein intelligentes neues Bauen und Modernisierungen des Bestands sollen die Emissionen von Gebäuden in Polen reduzieren. Darin sieht der für Gebäudetechnologien zuständige Direktor bei Siemens Sp. z o. o., Artur Górski, die beiden Kernaufgaben, wie die Firma in einem Beitrag in der Tageszeitung Rzeczpospolita schreibt. Der Anteil des Gebäudebestands, der eine unzureichende Energieeffizienz aufweist, liege in Polen über dem Weltdurchschnitt von 75 Prozent. Eine nachhaltige Energieerzeugung und sparsame –nutzung müssen hier Abhilfe schaffen und Dämmungsmaßnahmen den Wärmeverlust begrenzen.

    Großinvestitionen in Wärmepumpen

    Baumaterialien und Bauelemente sowie Ausstattungen, die Gebäude umweltfreundlicher machen, stellt Polen auch selbst her. Das Land entwickelt sich zu einem bedeutenden Standort zur Produktion von Wärmepumpen in Europa. Vier namhafte internationale Konzerne bauen dort entsprechende Fabriken. Das sind Dalkin aus Japan, Aira (Gruppe Northvolt) aus Schweden sowie die beiden deutschen Unternehmen Viessmann und Bosch.

    Die japanische Gesellschaft Fujitsu erwägt ebenfalls, eine solche Produktionsstätte in Polen zu errichten. Auch die aufstrebende inländische Firma Sunex S.A. aus Racibórz (Ratibor) stellt Wärmepumpen her, außerdem Sonnenkollektoren, Montage-Bausätze für PV-Installationen. Sie exportiert in starkem Maße nach Deutschland.

    Polen ist ein wichtiger Hersteller und Exporteur von Türen und Fenstern, die eine bessere Isolierung von Gebäuden bewirken. Der Output an Fenstern mit Holzrahmen sank 2022 laut dem Statistischen Hauptamt GUS um 2,0 Prozent auf 3,3 Millionen Stück. Holz spielt als erneuerbarer Rohstoff eine wichtige Rolle, der zu Faserplatten, Fußbodenbelägen, Parkett, Schwellen, Leisten und ganzen Holzhäusern (speziell Ferienhäusern) verarbeitet wird. Die Nachfrage danach steigt, was die Preise in die Höhe treibt. Auch Dämmmaterialien werden in Polen produziert. Der Output an Produkten zur thermischen Isolierung aus Mineralwolle sank laut GUS 2022 um 6,9 Prozent auf 714.304 Tonnen.

    Förderung energetischer Sanierungen

    Der Absatz von Wärmepumpen expandiert in Polen. Er lag im 1. Quartal 2023 laut dem Branchenverband PORT PC mit technologieübergreifend annähernd 47.000 Stück um 64 Prozent höher als im 1. Quartal 2022. Energetische Sanierungen werden schon länger finanziell gefördert.

    Seit September 2018 können Mittel aus dem Programm „Czyste Powietrze“ (Saubere Luft) des Ministeriums für Klima und Umwelt MKiS beim Umweltfonds NFOSiGW beantragt werden. Damit sollen insbesondere alte Öfen und Heizkessel in immer noch knapp 3 Millionen Einfamilienhäusern ausgetauscht werden. Bis Ende Juli waren rund 657.000 Anträge auf Zuschüsse von rund 3,6 Milliarden Euro eingegangen. Von insgesamt 557.337 Zusagen betrafen 37 Prozent den Einbau von Kondensationsgaskesseln, 28 Prozent Luftwärmepumpen, 19 Prozent Biomassekessel, 10 Prozent Kohlekessel (2018 bis 2021), 4 Prozent Erdwärmepumpen und andere.

    Das mit rund 23 Milliarden Euro dotierte Programm läuft noch bis 2029, wobei die Verträge bis Ende 2027 unterzeichnet sein und die Auszahlungen bis 30. September 2029 erfolgen müssen. Derzeit beträgt der höchste, einkommensabhängige Einzelförderbetrag gut 30.000 Euro für eine umfassende Modernisierung einschließlich PV-Anlagen. Die Bank für Umweltschutz BOŚ bezuschusst im Rahmen von Czyste Powietrze aufgenommene Kredite.

    Strengere Vorgaben für Emissionen

    Da zunehmend Strafzahlungen gefordert werden, wenn Kohle und andere unerwünschte Stoffe verbrannt beziehungsweise Kessel und Öfen außerhalb jeglicher Klassifizierung benutzt werden, dürfte dieses Programm nun einen stärkeren Auftrieb erhalten. Die Maßnahmen und Vorschriften variieren von Region zu Region, Stadt und Land. In Warschau etwa ist es ab Oktober 2023 untersagt, Kohle zum Heizen zu verbrennen.

    Über die in den einzelnen Gebäuden vorhandenen Heizungsarten informiert das Zentralregister für Gebäudeemissionen (Centralna Ewidencja Emisyjności Budynków, CEEB). Einzelne Heizungen kontrolliert das Hauptamt für Bauaufsicht GUNB.

    Weitere Fördermaßnahmen sind Steuervergünstigungen für energetische Maßnahmen. Außerdem stehen Gemeinden Mittel aus den Fonds „Stop Smog“ und „Ciepłe Mieszkanie“ (Warme Wohnung) für ihre Einwohner zur Verfügung. Experten schätzen die erforderlichen Investitionen in energetische Maßnahmen, um den polnischen Gebäudesektor bis 2050 gemäß den Zielvorgaben der Europäischen Union (EU) klimaneutral zu machen, auf 337 Milliarden Euro.

    Angesichts dieses immensen Investitionsbedarfs haben deutsche Firmen gute Zulieferchancen, insbesondere bei Heiztechnik. Die notwendigen Baugeräte, Werkzeuge und andere stammen ebenfalls zum Teil aus Deutschland. Auch andere Installationen, Dämmmaterialien, Beleuchtungen und Know how sind gefragt, um den Energie- und Wasserverbrauch zu senken und erneuerbare Quellen zu nutzen. Mitunter werden solche Investitionen so finanziert, dass der Anbieter entsprechender Maßnahmen eine Zeitlang die vom Investor eingesparten Energiekosten als Vergütung erhält. Auf diese Weise modernisierte zum Beispiel die Firma Siemens 24 Schulgebäude in Płock (Plozk).

    Umweltzertifikate stärker verbreitet

    Nachhaltige neue Wohngebäude können das inländische Zertifikat „Zielony Dom“ (Grünes Haus) erhalten, das mehrere Kriterien umfasst. Vergeben wird es von dem polnischen Arm des Green Building Council (Stowarzyszenie Budownictwa Ekologicznego, PLGBC). Für den Kauf von so zertifizierten Wohnungen und Häusern bieten BOŚ und BNP Paribas vergünstigte Kredite an.

    Während Wohngebäude nur in Einzelfällen internationale Umweltzertifikate erhalten, sind diese bei modernen neuen Bürobauten Standard. Auch Lager- und Industriehallen erhalten diese verstärkt, denn sie werden vielfach mit Solarpaneelen, energiesparender Beleuchtung und anderem ausgestattet. Einkaufszentren können sich ebenfalls mitunter damit rühmen. Verbreitet sind BREEAM-, LEED-, WELL- und andere Zertifikate unterschiedlicher Qualitätsstufen.

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Branchenstruktur

    Einige Konzerne dominieren die Baubranche in Polen. Sie können mit vielen kleineren Betrieben kooperieren. Die Umsätze im Gebäudebau sinken 2023, steigen aber bei Ingenieurbauten.   

    Die polnische Baubranche ist von zentraler Bedeutung für das Land und stellt im weiteren Sinne die größte Anzahl von Unternehmen dar. Neben inländischen sind auch ausländische Konzerne gut vertreten, darunter Strabag und Porr. Diese können vor Ort mit kleineren Betrieben kooperieren. Baustoffe produziert Polen in beträchtlichem Maße selbst. Dennoch bleiben Zulieferchancen gerade bei moderner Bau- und Heiztechnik, Installationen, hochwertigen Materialien und Ausstattungen. In letzter Zeit schwächelte die Baubranche jedoch, die mit steigenden Preisen für Materialien, höheren Löhnen und Kosten zu kämpfen hat.

    Konzerne dominieren den Markt

    Einige Großunternehmen aus dem In- und Ausland herrschen auf dem Baumarkt vor. Die meisten von ihnen konnten ihren Umsatz 2022 nominal steigern (Inflation 2022: 14,4 Prozent). Marktführer Budimex festigte seine Position weiter. Er agiert immer nachhaltiger, verwendet zunehmend Energie aus erneuerbaren Quellen. Ab 2024 will Budimex rund 70 Prozent des ausgehobenen Erdbodens sowie seiner Abfälle (außer den gefährlichen) recyclen. Als eines der ersten Unternehmen in Polen will Budimex die Auswirkungen seiner Tätigkeit auf das Wasservorkommen messen.

    Die Grupa Strabag folgt mit großem Abstand auf Platz zwei. Keine Angaben zu seinem Umsatz 2022 machte bisher der ebenfalls bedeutende Baukonzern mit schwedischem Kapital, Skanska S.A., der 2021 in Polen 283 Millionen Euro erwirtschaftete. Die Einnahmen der auf die Bahninfrastruktur spezialisierten Torpol sanken 2022. Die von der Europäischen Union (EU) zurück gehaltenen Mittel aus dem Aufbauplan nach der Coronakrise für Polen fehlen unter anderem dort zur Durchführung weiterer Bahnprojekte.   


    Wichtige Bauunternehmen in Polen (Umsatz in Millionen Euro, nominale Veränderung 2022 zu 2021 auf Euro- und Złoty-Basis in Prozent) *)

    Name des Unternehmens

    2021

    2022

    Veränderung Euro-Basis

    Veränderung Złoty-Basis

    Budimex S.A.

    1.733

    1.839

    6,1

    8,9

    Grupa Strabag Sp.z o.o.

    974

    1.081

    11,0

    14,0

    Porr S.A.

    766

    836

    9,1

    12,0

    Erbud S.A.

    679

    823

    21,2

    24,3

    Polimex-Mostostal S.A.

    505

    807

    59,8

    64,2

    Mirbud S.A.

    549

    708

    29,0

    32,4

    Mostostal Warszawa S.A.

    286

    344

    20,3

    23,7

    Trakcja PRKiI S.A. (Bahn, Straße)

    312

    321

    2,9

    5,4

    Warbud S.A.

    322

    292

    -9,3

    -6,7

    Mostostal Zabrze S.A.

    169

    250

    47,9

    51,8

    Torpol S.A. (Bahnlinien)

    246

    232

    -5,7

    -3,2

    * umgerechnet zu den jahresdurchschnittlichen Wechselkursen: 2021: 1 Euro = 4,5652 Zł, 2022: 1 Euro = 4,6861 Zł, Einnahmen aus Verkäufen.Quelle: Liste der 500 größten Unternehmen in Polen, Tageszeitung Rzeczpospolita 2022 und 2023


    Unter den von der Tageszeitung Rzeczpospolita gelisteten 500 umsatzstärksten Unternehmen Polens 2022 befanden sich 51 Baufirmen im weiteren Sinne einschließlich Bauentwickler, Händler, Hersteller von Baumaterialien und andere. Sie hatten an deren Gesamtumsatz in Höhe von gut 0,5 Billionen Euro jedoch nur einen Anteil von 3,9 Prozent und sind folglich vergleichsweise klein. Ebenfalls relativ niedrig ist mit 15,9 Prozent der Exportanteil am Umsatz dieser 51 Bauunternehmen. Sie beschäftigten aber mit 295.900 eine beachtliche Anzahl an Mitarbeitern.

    Zahlreiche Kleinbetriebe aktiv

    Die meisten der zahlreichen Baubetriebe sind jedoch klein und mittelständisch und fungieren oft als Unterauftragnehmer für die großen Konzerne. Ausländischen Unternehmen empfiehlt sich eine Kooperation mit lokalen Betrieben als Subauftragnehmer, die die Gegebenheiten vor Ort kennen. Bei der Bauplanung wird ebenfalls gerne auch ein inländisches Architekturbüro eingeschaltet, das mit den behördlichen Vorschriften und anderen Prozeduren vor Ort vertraut ist.

    Baufirmen mit mindestens zehn Mitarbeitern beschäftigten Mitte 2023 insgesamt 454.000 Mitarbeiter (-1,8 Prozent gegenüber Mitte 2022), darunter 164.000 für Spezialbauten (-0,1 Prozent), 156.000 im Gebäudebau (-3,5 Prozent) und 134.000 zum Bau von Ingenieurobjekten zu Land und zu Wasser (-1,7 Prozent).

    Die durchschnittlichen monatlichen Bruttolöhne in der Bauwirtschaft erhöhten sich laut GUS im Juni 2023 auf 1.567 Euro. Das waren auf Złoty-Basis nominal 7,5 Prozent mehr als im Juni 2022. Am höchsten waren sie im Bereich Errichtung von Ingenieurobjekten zu Land und zu Wasser (1.791 Euro; +8,3 Prozent), am niedrigsten im Gebäudebau (1.368 Euro; -1,9 Prozent).

    Wachstum der Baubranche flacht ab

    Größere Unternehmen mit mindestens zehn Mitarbeitern erbrachten 2022 laut GUS Bauleistungen im Wert von insgesamt 30,0 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis real +6,2 Prozent gegenüber 2021). Davon entfielen 12,3 Milliarden Euro auf den Bau von Ingenieurobjekten zu Land und Wasser (+2,8 Prozent), 9,8 Milliarden Euro auf die Errichtung von Gebäuden (+11,7 Prozent) und 7,8 Milliarden Euro auf Spezialbauarbeiten (+5,4 Prozent).

    Im 1. Halbjahr 2023 flachte das Wachstum der erbrachten Bauleistungen gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 auf einen Wert von 14,7 Milliarden Euro ab (auf Złoty-Basis real +3,8 Prozent). Während die Errichtung von Ingenieurobjekten auf 5,7 Milliarden Euro gut zulegen konnte (+10,8 Prozent), ergab sich bei derjenigen von Gebäuden ein Rückgang auf 5,0 Milliarden Euro (-5,3 Prozent). Spezialbauarbeiten wurden im Wert von 3,9 Milliarden Euro erbracht (+6,6 Prozent).

    Der Wert der gesamten Bautätigkeit aller Einheiten (inklusive Kleinbetriebe) liegt noch deutlich höher und betrug 2021 laut GUS 54,4 Milliarden Euro. Kleinbetriebe mit unter zehn Mitarbeitern spielen insbesondere bei den Spezialbauarbeiten eine wichtige Rolle, deren Gesamtwert 2021 rund 24,2 Milliarden Euro erreichte. Im Gebäudebau geleistete Bauarbeiten betrugen 15,8 Milliarden Euro und bei Ingenieurobjekten 14,4 Milliarden Euro.

    Umfangreiche Produktion von Baustoffen

    Polen ist auch ein bedeutendes Herstellerland von Baumaterialien, bei denen sich ausländische Investoren ebenfalls engagieren. Fenster aus Polen zum Beispiel sind auch im Ausland beliebt. Ein wichtiges Spezialprodukt sind Dachfenster, die Fakro und die dänische Velux herstellen.

    Neun Unternehmen produzieren in 13 Werken Zement, darunter aus dem Ausland Lafarge Cement S.A. und Dyckerhoff Polska. Die Branche reduziert auch in Polen ihren CO2-Ausstoß und will durch Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 (CCS/U, Carbon Capture and Storage/Use) schließlich klimaneutral werden. Das kann laut Experten Investitionen von 3,4 Milliarden Euro erfordern.

    Farben und Lacke produziert Śnieżka, Sanitärkeramik und Fliesen Cersanit S.A. und mit schweizerischem Kapital Geberit Kolo. Polnische Firmen investieren ebenfalls im Ausland. Die Bauchemiefirma Selena FM will mit der ungarischen Masterplast ein Joint Venture gründen, um in Ungarn ab Mitte 2025 Glaswolle zu produzieren (Investitionsbetrag: 47,5 Millionen Euro).


    Produktion ausgewählter Bauprodukte in Polen (in 1.000 Tonnen, sofern nicht anders angegeben, Veränderung in Prozent)

    Sparte

    2022

    Veränderung 2022/21

    1. Halbjahr 2023

    Veränderung*

    Zement

    18.853

    -3,9

    7.640

    -17,7

    Glas (in Millionen qm)

    178

    -3,9

    83

    -10,6

    Kunststofffenster (in 1.000 Stück)

    8.869

    -7,2

    3.865

    -14,9

    Rohstahl

    7.521

    -12,1

    3.384

    -20,0

    Stahlrohre

    1.000

    4,8

    467

    -8,8

    Raffiniertes Kupfer

    588

    1,6

    297

    0,1

    Faserplatten aus Holz (in Millionen qm)

    681

    -11,2

    316

    -15,9

    Schnittholz aus Nadelbäumen (in Kubikdekametern)

    2.779

    -39,2

    1.365

    -10,6

    Schnittholz aus Laubbäumen (in Kubikdekametern)

    249

    -45,9

    115

    -14,2

    Farben, Lacke

    1.369

    -19,0

    530

    -31,2

    * gegenüber dem 1. Halbjahr 2022.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023


    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Rahmenbedingungen

    Öffentlich-Private Partnerschaften sind in Polen erwünscht. Bauanträge können elektronisch eingereicht werden. Besondere Hürden für deutsche Unternehmen gibt es nicht.

    Partnerschaften erwünscht

    Zur Durchführung von Projekten wird in Polen auch privates Kapital im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) generiert. Das betrifft sowohl kleine Vorhaben wie die Errichtung eines Gebäudes als auch große wie Hafenanlagen. Das Ministerium für Fonds und Regionalpolitik MFiPR, das EU-Mittel für Projekte vergibt, führt eine Datenbank mit 54 potenziellen ÖPP-Projekten im Gesamtwert von schätzungsweise über 2,1 Milliarden Euro (Stand: 31. März 2023).

    Öffentliche Ausschreibungen gibt der Urząd Zamówień Publicznych (UZP, Amt für Öffentliche Aufträge) bekannt. Der Schwellenwert für EU-weit auszuschreibende Bauleistungen 2023 beträgt 5,382 Millionen Euro. Private Vorhaben können freiwillig ausgeschrieben werden. Hier werden mitunter Wettbewerbe organisiert und mit einer kleinen Auswahl von Architekten oder Ingenieuren und Bauträgern verhandelt. Kleinere private Projekte werden über persönliche Kontakte und Empfehlungen vergeben.

    Besondere Hürden für deutsche Unternehmen gibt es nicht. Baugenehmigungen können elektronisch beantragt werden beim Hauptamt für Bauaufsicht GUNB. Genehmigungsfrei dürfen selbst genutzte Häuser mit einer Fläche von bis zu 70 Quadratmetern gebaut werden. Stärker verantwortlich ist nun das Planungsbüro. Eine Ausweitung dieser Liberalisierung wird kontrovers diskutiert. Die größte Datenbank mit Bauinvestitionen in Polen ist Info-Inwest.

    Tipps für den Markteinstieg in Polen
    • Zur Kontaktaufnahme empfehlen sich Besuche von Messen, auch kleinerer regionaler Veranstaltungen.

    • Speziell kleineren ostdeutschen Firmen bietet sich ein Engagement im westpolnischen, grenznahen Bereich an.

    • Bei Aktivitäten in Polen wird gerne mit lokalen Baufirmen und Architekturbüros kooperiert.
    • Kontakte zu polnischen Firmen vermitteln die AHK Polen in Warschau und ihre Regionalbüros. Auch grenznahe IHKn wie die IHK Neubrandenburg bieten grenzüberschreitende Kontaktforen, etwa für die Metropolregion Szczecin (Stettin). Dort fungiert auch das Haus der Wirtschaft, Dom Gospodarki, als Anlaufstelle.  

     Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Polen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Portal 21

    Informationsangebot zu Dienstleistungen in Europa

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