Branche kompakt | Belgien | Abfallwirtschaft
Marktvolumen für Abfallmanagement bleibt auf hohem Niveau
Belgiens Abfallwirtschaft weist einen hohen Entwicklungsstand auf. In Sachen Hightech bieten sich lukrative Kooperationen an.
28.05.2024
Von Michael Sauermost | Bonn
Ausblick der Abfallwirtschaft in Belgien
- Belgien hat in Sachen Abfallbehandlung bereits ein sehr hohes Niveau erreicht. Daher sind die Wachstumsraten überschaubar - die Kooperationschancen allerdings sehr hoch.
- Der Nachholbedarf in einzelnen Regionen wird für Wachstum sorgen.
- Auch bei der Energiegewinnung aus Abfällen besteht noch Potenzial.
Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Mai 2024
Markttrends
Prognosen von Eurostat zufolge wird der belgische Markt für industrielle Abfallentsorgung in den kommenden Jahren auf einem konstanten Niveau bleiben. Im Jahr 2023 dürfte sich demnach das Marktvolumen auf etwa 1,75 Milliarden US-Dollar (US$) belaufen haben.
Für die Folgejahre wird ein unerheblich höherer Wert von jeweils knapp 1,8 Milliarden US$ prognostiziert. Bei der Entsorgung von Sondermüll dürfte das Marktvolumen 2023 etwas mehr als 261 Millionen US$ erreicht haben und sich dann in den Folgejahren auf rund 262,3 Millionen US$ erhöhen.
Im Segment von Abfallentsorgungsdienstleistungen könnten, einer Prognose des Marktforschungsinstituts IBISworld zufolge, die Umsätze der 145 registrierten Unternehmen rund 377 Millionen Euro erreichen. Zwischen 2019 und 2024 stieg das Marktvolumen jährlich um durchschnittlich 5,4 Prozent. Im europäischen Länderranking liegt Belgien bei diesen Prognosen hinter den Niederlanden (439 Millionen) und vor Polen (294 Millionen) auf Rang 6.
Recyclingquote kontinuierlich gestiegen
Angaben des Statistikbüros Statbel zufolge wurden in Belgien im Jahr 2021 rund 80 Prozent der Verpackungsabfälle recycelt (neuere Daten sind noch nicht verfügbar). Das waren 10 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2011. Bei Kunststoff gibt es allerdings weiterhin Entwicklungsbedarf. Die Quote bei der Sammlung und Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen stieg jedoch im Vergleichszeitraum immerhin von 28 auf 49 Prozent. Bei Glas und Metall wurden 2021 etwa 97 Prozent erreicht, bei Papier und Pappe 89 und bei Holz 67 Prozent.
Eine Statistik des Branchenverbands Valipac vermittelt, dass im Jahr 2022 etwa 91,2 Prozent der gesamten Industrieabfälle wieder verwertet wurden. Bei Papier und Pappe wurde eine Quote von 100 Prozent erreicht. Bei Holz waren es 90,5 Prozent. Metall kam auf 84,5, Plastik auf 61,7 Prozent.
Etwa zwei Drittel der Verbandsmitglieder verwendet mittlerweile wieder verwertbare Verpackungen, schätzt der Verband. Die vergleichsweise hohe Wiederverwertungsquote von Verpackungsmaterialien ist vor allem auf die in Belgien frühzeitig, im Jahr 2008, umgesetzte erweiterte Herstellerverantwortung zurückzuführen.
Neue Verwertungszentren setzen auf Hightech
In Sachen Recycling setzen Regierung und Industrie auf Hightech und innovative Verfahren. So konnten die Effizienz der Abfallsammlung und des Recyclings sowie die Anwendungsbereiche deutlich verbessert werden. Insgesamt 75 Prozent der anfallenden Kunststoffverpackungen sollen so bis 2025 im Land wiederverwertet werden.
Fünf neue Anlagen verfügen laut der Organisation Fost Plus, die für das Management von Haushaltsmüll zuständig ist, über fortschrittliche Sortiersysteme. Fost Plus erteilte die jeweiligen Aufträge an Indaver (in Willebroek), Prezero (Evergem), Sitel (Engis), Valtris (Charleroi) sowie Val´Up (Ghlin).
Verschiedene Projekte gingen in den letzten Jahren an den Start. 2022 eröffnete Ecoo Beringen eine hochmoderne Anlage zum Recycling von Polyethylenfolien mit einer Jahreskapazität von 42.000 Tonnen an Verpackungsmaterial. Das Unternehmen Morssinkhof Rymoplast investierte in Neufchateau und will dort ab dem Jahresende 2024 in großem Rahmen PET-Verpackungen recyclen. Auch hat Morssinkhof Rymoplast für Oktober 2024 die Inbetriebnahme einer weiteren Anlage für unter anderem Plypropylenverpackungen in Lommel im Kalender stehen.
In Charleroi begann Ende 2022 die Firma Filao mit dem Bottle-to-Bottle-Recycling von PET-Flaschen. Eine Kapazität von 40.000 Tonnen ist anvisiert – mit den Partnern Veolia sowie Sources ALMA. Im Hafengebiet von Antwerpen hat das Unternehmen Purecycle Technologies in eine Recyclinganlage für Polypropylen investiert.
Belgien verbraucht 100.000 Tonnen gewerblicher Plastikverpackungen pro Jahr, von denen derzeit etwa 24.000 Tonnen in Länder außerhalb der OECD exportiert werden. Der belgische Industrieverband Valipac, der für die Sammlung und das Recycling von gewerblichen und industriellen Verpackungsabfällen zuständig ist; kritisierte vor diesem Hintergrund die Entscheidung der EU vom November 2023. Demnach will die EU den Export von Plastikabfällen innerhalb und außerhalb Europas verbieten. Damit, so Valipac, werde das Recycling von europäischen Plastikabfällen zwangsläufig zurückgehen.
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Belgiens kommunales Abfallaufkommen pro Kopf sank im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 12,3 Prozent auf 683 kg. Rund 46 Prozent des Abfalls wurden verbrannt. Die Recylingquote lag bei einem Drittel. Rund ein Fünftel des Aufkommens wurde kompostiert, so dass nur noch ein minimaler Anteil auf Deponien landete. Sowohl in Flandern als auch in Wallonien gibt es mittlerweile ein Deponieverbot.
Die Verbrennungsquote dürfte auch in den kommenden Jahren hoch bleiben. Es existieren zehn Müllverbrennungsanlagen in Flandern, vier in Wallonien sowie eine in der Hauptstadtregion Brüssel. Sämtliche Anlagen verfügen über das R1-Energieeffizienzkriterium.
Die Abfallentsorgung fällt in den Verantwortungsbereich der Städte und Gemeinden. Flandern ist in Sachen Umweltbewusstsein und Abfallbehandlung weiter entwickelt als die anderen Regionen. Flanderns Abfallpolitik setzt die dortige Agentur OVAM um. Hersteller und Händler müssen in Belgien ihre Verpackungen oder Altgeräte zurücknehmen. Zuständige Organisationen sind Fostplus für Haushaltsabfall, Valipac für Industriemüll und Recupel für den Elektro- und Elektronikschrott.
Ausschreibungen finden sich in der Datenbank GOVEX. Die Föderalregierung hat ferner eine e-procurement Plattform für alle Institutionen geschaffen. Das Anmelde- und Registrierungsverfahren für ausländische Firmen ist komplex, auch bei Steuerfragen. Hierzu bietet zum Beispiel die AHK Debelux einen umfassenden Service an.