Brasiliens Kosmetikindustrie setzt auf Nachhaltigkeit und Export

Mit einem Branchenumsatz von 26,9 Milliarden US-Dollar (US$) verfügt Brasilien laut dem Marktforschungsinstitut Euromonitor über den viertgrößten Markt für Kosmetika weltweit. Nur die Verbrauchermärkte in den USA, China und Japan übertreffen den Konsum im Land. 

Hohe Kosten belasten den Sektor

Anders als die Märkte für Nahrungsmittel und Pharmazeutika schrumpfte der brasilianische Markt für Kosmetik und Körperpflege im Jahr 2021 zweistellig. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz der Kosmetikindustrie real um 7 Prozent und erholte sich somit nur teilweise. Dies ergeben die Konjunkturdaten des Verbandes der brasilianischen Kosmetikindustrie Abihpec. Zudem stiegen die Produktionskosten im Jahr 2022 um durchschnittlich 16,7 Prozent, fast dreimal so intensiv wie das gesamtwirtschaftliche Preisniveau. Auch die höhere Besteuerung belastet die Margen der Unternehmen. Für 2023 erwartet der Branchenverband erneut ein schwieriges Jahr. Im Vorjahr hatten zwölf Bundesstaaten Erhöhungen der Umsatzsteuer ICMS ab 2023 beschlossen. 

Aufwärtstrend für Parfum, Luxusmarken und Nachhaltigkeit

Das Segment Parfum wuchs 2022 unter den Produktkategorien besonders stark, laut Euromonitor um 21 Prozent. Angetrieben durch die Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen legte auch der Absatz von Kosmetika mit 16 Prozent überdurchschnittlich zu. Dagegen wiesen Hygienepapiere und Körperpflegeprodukte ein gemäßigtes Wachstum auf. Während einfache Körperpflege- und Kosmetikprodukte stagnierten, gewann das Luxussegment deutlich hinzu. Laut Angaben des Parfum-Verbands ABPS stieg der Umsatz mit hochwertigen Produkten 2022 um 30 Prozent an.

Der Trend schlägt sich auch in den M&A-Transaktionen und Investitionen nieder. Die Marke Cadiveu der brasilianischen Gruppe Br Beauty sowie die Kosmetikkette Sephora erweitern ihr Luxus-Portfolio. Sephora unterstützte das US-Biotechnologieunternehmen Amyris im Oktober 2022 bei der Markteinführung der Luxuskosmetikmarke Rose Inc. Ab Mitte 2023 wird Amyris einen Teil seiner Clean-Beauty-Linie in Vinhedo im Bundesstaat São Paulo produzieren.

Die Hersteller von Luxusmarken setzen vermehrt auf Nachhaltigkeit. Hierzu zählt Aesop, eine ursprünglich australische Marke, die L'Oreal im April 2023 von der brasilianischen Firma Natura übernahm. Cosnova folgt ebenfalls dem Trend. Nach der erfolgreichen Etablierung der preisgünstigen Marke Essence Cosmetics brachte der deutsche Hersteller im März 2023 vegane und tierversuchsfreie Kosmetika der Premiummarke Catrice auf den Markt. Der Vertrieb erfolgt ausschließlich über das Internet.

Vor dem Markteintritt von Cosnova im Jahr 2018 war bereits Beiersdorf mit den Marken Nivea und Eucerin auf dem brasilianischen Markt vertreten. Zur Kostenreduktion erweitert der deutsche Konzern derzeit die Produktion in Itatiba (São Paulo). Von hier aus will Cosnova auch die südamerikanischen Nachbarmärkte versorgen.

Hersteller setzen auf Innovation

Aufgrund der ethnischen Vielfalt der Bevölkerung und der einzigartigen Biodiversität ist Brasilien ein bedeutender Standort für die Forschung. Im Jahr 2021 brachten die Hersteller 7.368 neue Produkte auf den Markt - nur in den USA waren es mehr. Marktführer Natura sowie die Gruppe Boticário zählen zu den innovativsten Unternehmen des Landes. Das Umfeld für Forschung und Entwicklung wird durch die Kooperation zwischen Abihpec und der Gesellschaft für Forschung und industrielle Innovation EMBRAPII gestärkt. Zudem treiben aussichtsreiche Jungunternehmen die Entwicklung voran.

... und investieren in Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit rückt in den Vordergrund. Laut Euromonitor wuchs der Absatz von Naturkosmetik im Jahr 2022 doppelt so intensiv wie der Markt insgesamt. Zur Stimulierung bedarf es jedoch eines festen Rechtsrahmens. Bislang ist die Bezeichnung Naturkosmetik nicht geschützt und kann dem Greenwashing dienen. Boticário investiert derzeit über 35 Millionen US$ in die nachhaltige Produktion in São José dos Pinhais (Paraná). Auch Natura und Unilever investieren in die Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette. Umweltfreundliche Verpackungen werden wichtiger. Ende 2022 verkündete L'Oreal, bereits alle vier Anlagen in Brasilien klimaneutral zu betreiben.

Marken mit einem guten Internetauftritt profitierten in den vergangenen Jahren von der raschen Entwicklung des Onlinehandels. Die Umstellung von Logistik und Vertrieb konnten große Konzerne schneller meistern. Zudem sind die Marktführer sehr innovativ im Marketing. Zu den E-Commerce-Pionieren gehören die brasilianischen Konzerne Natura und Boticário sowie L'Oréal. Durch das Aufkommen von Onlinevertrieb und Versandlogistik bieten sich auch für deutsche Hersteller neue Möglichkeiten, die Verbraucher in Brasilien zu erreichen.

Auch für deutsche Zulieferer von Vorprodukten, Verpackungen und Maschinen bleibt Brasilien damit ein höchst interessanter Wachstumsmarkt. 

Exportüberschuss wächst

Die Abwertung des brasilianischen Real verteuerte in den vergangenen Jahren den Import und verstärkte den Trend zu lokal gefertigten Produkten - insbesondere im Marktsegment Parfüm. Hier investieren brasilianische Fabrikanten in Innovation und bieten qualitativ hochwertige Alternativen an. Die heimischen Hersteller konnten die hohen Kostensteigerungen nur schwer weitergeben, büßten am heimischen Markt Gewinnmargen ein und konzentrierten sich folglich stärker auf die Exportmärkte.

Seit 2020 erzielt Brasilien zunehmende Überschüsse in der Außenhandelsbilanz für Kosmetik- und Hygieneprodukte. Die Exporte der brasilianischen Hersteller an die 173 Abnehmerländer stiegen 2022 um fast 11 Prozent an. Die wichtigsten Exportmärkte der Kosmetikindustrie liegen in Lateinamerika. Doch die USA und auch EU-Länder gewinnen an Bedeutung.