Special | Brasilien | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Umsetzungshilfe Risikoanalyse
Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns
Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
15.09.2023
(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)
Kurzbeschreibung: Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.
Gesetzliche Grundlagen
Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat das hier relevante Übereinkommen über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.
Weiterführende Informationen zu Rechtlichen Instrumenten bezüglich existenzsichernder Löhne bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.
Risiken
Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn beläuft sich seit dem 1. Mai 2023 auf 1.320 brasilianische Reais (R$; entspricht rund 253 Euro nach dem Wechselkurs der Bundesbank Ende Juli 2023; 1 Euro = 5,22 R$). Derzeit wird die Anpassung des Salário Mínimo alljährlich zwischen der Regierung, dem Nationalkongress und Gewerkschaften neu verhandelt. Eine Regelung für die Anpassungen wird debattiert.
Die hohe Inflation aufgrund der Coronakrise wurde zwar bei der Erhöhung des Mindestlohns ausgeglichen, allerdings nicht in allen Tarifverträgen. Im Jahr 2022 lagen 39,5 Prozent der 19.370 Lohnanpassungen unter der allgemeinen Inflationsrate, im Vorjahr waren es sogar 45,8 Prozent der verhandelten Lohnerhöhungen. Das führte zu realen Lohneinbußen.
Regional variiert der Durchschnittslohn stark. Der Mindestlohn garantiert nicht überall die Existenzsicherung. Über die Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) sind Angaben zu den Arbeits- und Lebensbedingungen in den einzelnen Städten und Gemeinden verfügbar. Beispielsweise lag das Durchschnittseinkommen laut SmartLab in der Stadt São Paulo 2019 bei rund 5.700 R$. Die Global Living Wage Coalition berechnet für den Bundesstaat São Paulo einen existenzsichernden Lohn von 3.091 R$.
Gerade auf dem Land herrscht hohe Informalität bei der Beschäftigung. Arbeitnehmer akzeptieren mangels Alternativen oftmals zu niedrige Löhne. Betroffen sind viele agrarwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder auch Holzkohle, insbesondere im Nordosten des Landes. Brasiliens Arbeitsminister Luis Marinho unterzeichnete im Juni 2023 zusammen mit dem Präsidenten des Kaffeeverbandes Conselho Nacional do Café (CNC) eine Absichtserklärung zu Best Practices und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen im Kaffeeanbau im Bundesstaat Minas Gerais.
Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne eingesehen werden.
Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits.
Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.