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Special | Brasilien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Menschenrechtliche Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

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Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde am 11. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen und am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Im Rahmen dieser Publikation erfolgen Ausführungen zu den menschenrechtlichen Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG. Umweltbezogene Risiken, widerrechtlicher Entzug von Land und Lebensgrundlagen sowie menschenrechtliche Risiken durch private oder staatliche Sicherheitskräfte im Dienste von Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 9-12, Abs. 3 LkSG werden nicht betrachtet.

Das Angebot unterstützt bei der abstrakten Risikobetrachtung im Rahmen der Durchführung von Risikoanalysen, siehe Handreichung zur Umsetzung von Risikoanalysen nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). 

Die hier zur Verfügung gestellten Informationen stellen Erstinformationen dar und ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung. Ein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte wird nicht erhoben.

Herausgeber: Germany Trade & Invest (GTAI), Auswärtiges Amt (AA) und Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK); Redaktionsschluss: 31. Juli 2023

  • Anforderungen des LkSG und Auswirkungen auf Unternehmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In den Anwendungsbereich fallen Unternehmen ab 3.000 Arbeitnehmern. Für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern gilt das Gesetz ab dem 1. Januar 2024.

    Mit dem LkSG werden die Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Der gesetzliche Sorgfaltspflichtenkatalog umfasst dabei folgende Elemente:

    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet in Fragen und Antworten zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weiterführende Informationen.

    Grundsätzlich sollen auch Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte übernehmen. Bereits seit 2016 gilt der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der entsprechende Erwartungen an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert. Das LkSG orientiert sich weitgehend an den Sorgfaltsvorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

    Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar nicht den gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG unterliegen, können trotzdem mit den Anforderungen des Gesetzes in Berührung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn ein KMU als Zulieferer von Waren und Dienstleistungen für ein anderes Unternehmen fungiert, das wiederum den LkSG-Pflichten unterliegt. Das KMU gilt dann als unmittelbarer Zulieferer. Unmittelbare Zulieferer, bei denen ein Risiko vermutet wird, müssen von dem verpflichteten Unternehmen in seine konkrete Risikoanalyse und gegebenenfalls in Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie in die Einrichtung seines Beschwerdeverfahrens einbezogen werden.

    Die Handreichung des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern bietet KMU eine Hilfestellung, die mit den Anforderungen des LkSG konfrontiert werden. 

    Am 24. Februar 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten vorgelegt, der teilweise über das deutsche LkSG hinausgeht. Am 1. Dezember 2022 hat der Rat der EU seine Verhandlungsposition (allgemeine Ausrichtung) zur Richtlinie festgelegt. Am 1. Juni 2023 hat das EU-Parlament seine Position beschlossen (Parlamentsentwurf). Derzeit laufen nun die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen den drei Institutionen über die finale Version der Richtlinie.

    Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert als zuständige Prüfbehörde, ob die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen.

    Zu den konkreten Aufgaben gehören:

    • zu überprüfen, ob Unternehmen ihrer Berichtspflicht nachkommen
    • die Durchführung von Kontrollen
    • Verstöße festzustellen, zu beseitigen und zu verhindern
    • die Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern

    Auswirkungen des LkSG auf Handels- und Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen in Bezug auf Brasilien

    Unternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des Risikomanagements eine Risikoanalyse zur Ermittlung der entsprechenden Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie beim unmittelbaren Zulieferer (sogenannte regelmäßige Risikoanalyse) und in bestimmten Fällen auch beim mittelbaren Zulieferer (sogenannte anlassbezogene Risikoanalyse) zu ermitteln. Der eigene Geschäftsbereich umfasst dabei jede Tätigkeit zur Herstellung und Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. Insofern sind die weltweiten Tätigkeiten in sämtlichen Betriebsstätten, Fabriken, Lagern und Büros zu betrachten. Auch bei konzernangehörigen Unternehmen kann der Geschäftsbereich des Tochterunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen zum Geschäftsbereich des Mutterunternehmens gehören (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG).

    Zur (anlassbezogenen) Risikoanalyse und Prävention in der gesamten Lieferkette, also auch bei mittelbaren Zulieferern (mit denen keine Vertragsbeziehung besteht), sind Unternehmen nur dann verpflichtet, wenn sie substantiierte Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben. Diese besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen. Tatsächliche Anhaltspunkte sind zum Beispiel Medienberichte, Beschwerden, Vorfälle in der Vergangenheit, Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer besonders risikobehafteten Branche etc.

    Insbesondere globale Lieferketten bestehen oft aus einer Vielzahl von mittelbaren Zulieferern, die zudem häufig in Entwicklungs- und Schwellenländern ansässig sind. Hier kann es sich anbieten, entsprechende Teile der Lieferkette bereits in die jährliche Risikoanalyse zu integrieren.

    Etwa 630 deutsche Unternehmen waren 2021 in Brasilien ansässig, die rund 232.000 Arbeitsplätze stellen. Die Firmen produzieren oder erbringen dabei Dienstleistungen überwiegend für den lokalen Markt. Die Anzahl von Unternehmen, die für den Export produzieren oder Rohstoffe nach Deutschland exportieren, ist gering.

    Das Handelsvolumen von Deutschland und Brasilien betrug 2021 rund 7,5 Milliarden Euro. Deutschland importiert vor allem Kaffee, Eisenerz, Sojabohnen, Kupfererze und Natron- oder Sulfatzellstoff.

    Deutschlands Importe aus Brasilien

    Produktgruppe

    2021 (Anteil in Prozent)

    Rohstoffe (ohne Brennstoffe)

    40,7

    Nahrungsmittel

    29,3

    Maschinen

    6,6

    Chemische Erzeugnisse

    5,9

    Eisen und Stahl

    2,0

    NE-Metalle

    1,9

    Getränke/Tabak

    1,9

    Schuhe

    1,0

    Kork- und Holzwaren

    0,8

    Kautschuk und Waren daraus

    0,8

    Sonstige

    9,1

    Quelle: GTAI-Wirtschaftsdaten kompakt, November 2022


    Die nachfolgende Tabelle zeigt den Import von Produkten, die deutsche Unternehmen aus Brasilien beziehen, die mit einem Risiko eines Verstoßes gegen einen oder mehrere der in § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG aufgeführten Verbotstatbestände behaftet sein können: Kinderarbeitsverbot, Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, Verbot aller Formen von Sklaverei, Verbot der Missachtung von Arbeitsschutz, Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung, Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns.

    Deutsche Importe möglicher risikobehafteter Produkte aus Brasilien

    Produktgruppe

    Produkt

    Kapitel oder HS-Position 

    2022 (in Millionen US$)

    Waren tierischen und pflanzlichen Ursprungs und Nahrungsmittel

    Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse

    02

    218,2

    Zubereitungen von Fleisch, Fischen, etc.

    16

    95,4

    Kaffee

    0901

    1.656,2

    Kakao und Zubereitungen aus Kakao

    18

    0,1

    Sojabohnen

    1201

    597,0

    Zucker und Zuckerwaren

    17

    4,7

    Rohstoffe

    Mineralische Brennstoffe, Mineralöle und Erzeugnisse ihrer Destillation; bituminöse Stoffe; Mineralwachse

    27

    148,7

    Eisen und Stahl

    72

    336,9

    Kupfer und Waren daraus

    74

    36,3

    Aluminium und Waren daraus

    76

    16,5

    Textilien/Bekleidung

    Häute, Felle (andere als Pelzfelle) und Leder

    41

    29,5

    Schuhe

    64

    95,2

    Holz

    Holz und Holzwaren; Holzkohle

    44

    110,7

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; UN Comtrade 2023


  • Verstoß gegen das Verbot von Kinderarbeit

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem zulässigen Mindestalter. Das zulässige Mindestalter richtet sich grundsätzlich nach dem Recht des Beschäftigtenortes und darf ein Alter von 15 Jahren nicht unterschreiten. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 LkSG). Darüber hinaus sind schlimmste Formen der Kinderarbeit verboten. Hier sind vor allem Sklaverei und sklavereiähnliche Praktiken sowie Arbeiten gemeint, die für die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit des Kindes schädlich sind.

    Gesetzliche Grundlagen

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (ILO-Übereinkommen Nr. 138) und über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 182). Die jeweiligen nationalen gesetzlichen Vorgaben für das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung der Mitgliedstaaten des Übereinkommens Nr. 138 der ILO sind in der Datenbank NORMLEX abrufbar: Übersicht. Das gesetzlich festgelegte Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung liegt in Brasilien bei 16 Jahren. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Grundlage zur Abschaffung der Kinderarbeit in Brasilien ist die Formulierung der Rechte von Kindern und Jugendlichen von 1990. Seitdem wurde das Estatuto da Criança e do Adolescente (ECA) mehrfach überarbeitet. Heute ist ab dem 14. Lebensjahr eine Lehre als "aprendiz" zulässig, ab dem 16. Lebensjahr die formelle Beschäftigung und ab dem 18. Lebensjahr eine Beschäftigung in gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Tätigkeiten beziehungsweise in Nachtarbeit. Laut der Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) verfügten 2019 3.654 der insgesamt 5.570 Städte und Gemeinden über politische Richtlinien zur Abschaffung von Kinderarbeit. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Kinderarbeit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Brasilien belegt nach dem Children's Rights Atlas von 2018 den Workplace Index 3,7/10 Punkten. Beurteilt werden rechtliche Rahmenbedingungen, deren administrative Durchsetzung und Ergebnisindikatoren, darunter Anteil und Prävalenz von Kinderarbeit. Der Children's Rights and Business Atlas orientiert sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Je höher der Länder-Score ausfällt, desto höhere Anforderungen sind an die gebotene Sorgfalt von Unternehmen zu stellen, um die Rechte der Kinder zu respektieren und zu unterstützen.

    Bei einem soliden Rechtsrahmen (Legal Framework: 2,1/10) mangelt es insbesondere an der Durchsetzungskraft (Enforcement: 5,1/10) aufgrund einer unzureichenden Arbeitsaufsicht durch die Behörden. Der Bewertung der dritten Unterkategorie (Outcomes: 3,7/10) liegt eine erhebliche Anzahl von Berichten über die schlimmsten Formen von Kinderarbeit (10/10) zu Grunde, sowie tödliche Arbeitsunfälle in gefährlichen Beschäftigungen (9/10).

    Brasilien wird anhand des Workplace Index schlechter eingeschätzt als die regionalen Vergleichsländer Chile (2,5/10) und Uruguay (3,5/10), aber besser als Kolumbien (4/10), Argentinien (4,1/10), Peru (4,2/10) und die USA (4,4/10) sowie besser als Mexiko (4,6/10), Paraguay (4,9/10) und Bolivien (5/10).

    Kinderarbeit ist insbesondere in der Landwirtschaft zu finden. Gerade in der Altersklasse zwischen fünf und neun Jahren sind Kinder fast ausschließlich im Agrarsektor tätig, hauptsächlich in der Vieh- und Geflügelzucht sowie im Anbau von Mais, Maniok und Gemüse. Im Industriesektor sind Mode und Bekleidung und im Dienstleistungssektor der Einzelhandel und Lieferdienste Risikobranchen für Kinderarbeit.

    Um mögliche Kinderarbeitsrisiken in anderen Branchen Brasiliens zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits.

    Für Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Bereich Kinderarbeit in Unternehmen steht die Eliminating and Preventing Child Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten und dem Aufsetzen gemeinsamer Programme bietet sich die Child Labour Plattform an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots von Kinderarbeit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Kinderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

    Gesetzliche Grundlagen

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) und über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit hat Brasilien bislang nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit ist in Artikel 149 des brasilianischen Strafgesetzbuches festgelegt. Bei einem Verstoß sind Freiheitsstrafen von zwei bis acht Jahren sowie Straf- und Entschädigungszahlungen vorgesehen. Laut der Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) verabschiedeten weniger als 10 Prozent der insgesamt 5.570 Städte und Gemeinden politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsarbeit. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Brasilien wird im Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie "Vulnerability to Modern Slavery" mit einem Wert von 47/100 Punkten eingestuft. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Das Land wird ähnlich eingeschätzt wie die regionalen Vergleichsländer Bolivien (47/100), Paraguay (47/100), Peru (47/100) und Ecuador (48/10) aber schlechter als Chile (22/100), Uruguay (27/100) und Argentinien (36/100). In Brasilien sind nach dem Index je 1.000 Personen fünf von Zwangsarbeit betroffen; 1,1 Millionen Menschen insgesamt. Zwangsarbeit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Die folgenden Sektoren weisen in Brasilien ein besonders hohes Risiko auf:

    Vorfälle von Zwangsarbeit nach Wirtschaftsbereichen

    Wirtschaftsbereich

    Anteil (in Prozent)

    Landwirtschaft

    31,3

    Viehwirtschaft

    25,2

    Bauwirtschaft

    9,2

    Holzwirtschaft

    8,4

    Kohle

    6,9

    Bergbau

    4,6

    Andere

    14,5

    Quelle: Arbeitsministerium Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) 2017


    Brasilien gehört zusammen mit Australien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA zu den acht G20-Staaten, deren Vergaberecht Güter und Dienstleistungen von der öffentlichen Beschaffung ausschließt, wenn Zwangsarbeit eingesetzt worden ist.

    Im Jahr 2022 ereigneten sich rund 40 Prozent der Ausbeutungsfälle im Bundesstaat Minas Gerais. Das gab die Arbeitsaufsichtsbehörde Secretaria de Inspeção do Trabalho (SIT) des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) bekannt. Die Abgeordneten des Staates debattieren verschärfte Strafmaßnahmen für die Agrarbetriebe wie den Wegfall von Steuervorteilen und von begünstigten Krediten. Aber auch auf föderaler Ebene entscheidet der Nationalkongress derzeit über verschiedene Gesetzesvorschläge, die härtere Strafen wie beispielsweise die Enteignung von Grundbesitz vorsehen. Im Jahr 2022 wurden 2.575 Menschen aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen befreit, davon 362 im Zuckerrohranbau, 273 in Hilfstätigkeiten in anderen agrarwirtschaftlichen Bereichen, 212 in Kohlemeilern, 171 im Knoblauchanbau, 168 im Kaffeeanbau, 126 im Apfelanbau, 115 in Steinbrüchen, 110 in der Rinderzucht, 108 im Sojaanbau, 102 in der Holzwirtschaft und 68 im Bau. Seit 2020 steigen die anonymen Anzeigen und die Fallzahlen, zeigt das Portal der Arbeitsaufsichtsbehörde Radar SIT. Im 1. Quartal 2023 wurden 918 Opfer von Arbeitsausbeutung registriert, die höchste Anzahl seit 15 Jahren. Die Arbeitgeber erhalten Geld- und Haftstrafen. 

    Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen Brasiliens zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits. Die Daten der Arbeitgeber, denen Ausbeutung nachgewiesen wurde, werden für zwei Jahre auf der sogenannten "schmutzigen Liste" geführt. Die Lista Suja existiert seit 2004 und wird mindestens halbjährlich aktualisiert. Im Juli 2023 waren 287 Arbeitsgeber in der Liste erfasst.

    Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.

    Gesetzliche Grundlagen

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehört das hier relevante Übereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155). Das Übereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187) hat Brasilien nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sind in Brasilien in der Verfassung (Constituição da República Federativa do Brasil de 1988; CF/88) verankert. Die brasilianische Verfassung legt eine Reihe von Arbeitsrechten zu diesem Thema fest, unter anderem: Entlohnung für ungesunde oder gefährliche Tätigkeiten, Versicherung gegen Arbeitsunfälle, die vom Arbeitgeber getragen wird, einschließlich der obligatorischen Entschädigung im Falle von Missbrauch oder Schuld, Verbot von Nachtarbeit, gefährlicher oder ungesunder Arbeit für Minderjährige unter achtzehn Jahren.

    Neben diesen Aspekten bestimmt die brasilianische Verfassung, dass die Arbeitnehmer das Recht auf eine "Verringerung der mit der Arbeit verbundenen Risiken" haben (Art. 7 XXII CF/88), was durch zahlreiche Gesetze und Regulierungsnormen (Normas Regulamentadoras; NRs) über Gesundheit, Hygiene und Sicherheit rechtlich garantiert wird. Zu den wichtigsten Rechtsinstrumenten gehört das Gesetzesdekret Nr. 5.452 vom 1. Mai 1943, das als Consolidação das Leis do Trabalho (CLT) bekannt ist. Es handelt sich um eine Sammlung von Arbeitsnormen, die unter anderen das Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz regeln.

    Nach der CLT sind alle Unternehmen verpflichtet, die Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz einzuhalten und durchzusetzen sowie ihre Mitarbeiter über die zu treffenden Vorkehrungen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterrichten. Darüber hinaus müssen sie die von der zuständigen regionalen Stelle (Delegacia Regional do Trabalho; DRT) festgelegten Maßnahmen ergreifen und die Durchführung von Inspektionen durch die zuständige Behörde erleichtern. DRT hat die besondere Befugnis, die Einhaltung der Normen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu kontrollieren, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und bei Nichteinhaltung dieser Normen angemessene Sanktionen zu verhängen. Durch eine vom Arbeitsministerium (Ministério do Trabalho) genehmigte Vereinbarung können diese Befugnisse jedoch an andere föderale, landesweite oder kommunale Einrichtungen delegiert werden.

    Im Allgemeinen ist das Arbeitsministerium befugt, spezifische Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes auf nationaler Ebene zu regeln und umzusetzen. Diese Gesetzgebungskompetenz wird größtenteils vom Ministerium ausgeübt, das die NR erlässt, welche in der Verordnung Nr. 3214 von 1978 niedergelegt sind. Dabei handelt es sich um eine Reihe von 37 Rechtsinstrumenten, die detaillierte Rechte und Pflichten festlegen, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einzuhalten sind. Es sind Vorschriften, die sich beispielsweise mit Arbeiten im Baugewerbe oder mit der Abfallwirtschaft befassen. Alle NR können auf der Website des Arbeitsministeriums eingesehen werden.

    Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, die Normen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz einzuhalten und bei ihrer Anwendung mit dem Unternehmen zusammenzuarbeiten. CLT stuft eine ungerechtfertigte Weigerung, den Anweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten oder die vom Unternehmen bereitgestellte persönliche Schutzausrüstung (Equipamentos de Proteção Individual; EPI) zu benutzen, als rechtswidrige Handlung des Arbeitnehmers ein.

    Der Rechtsrahmen in Bezug auf die Gesundheit der Arbeitnehmer in Brasilien ist äußerst umfangreich. Es gibt Gesetze, die strenge Pflichten des Arbeitgebers regeln, wenn Arbeitnehmer beispielsweise elektromagnetischen Feldern und gefährlichen Stoffen wie Asbest und Pestiziden ausgesetzt werden. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    In Brasilien belief sich die Anzahl nichttödlicher Arbeitsunfälle pro 100.000 Beschäftigte im Jahr 2022 auf 1.710 und blieb damit auf dem Niveau des Vorjahres. Das ergeben die Daten der Überwachung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, die über die Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) veröffentlicht werden. Laut SmartLab wurden der brasilianischen Sozialversicherung Instituto Nacional do Seguro Social (INSS) 2022 rund 612.920 Vorfälle gemeldet, darunter 2.538 tödliche Arbeitsunfälle. Die Behörde schätzt, dass weitere 116.000 Fälle nicht gemeldet worden sind. Rund 148.800 Arbeitskräfte erhielten Sozialleistungen infolge von Arbeitsunfällen.

    Die Dunkelziffer dürfte allein deswegen sehr hoch sein, weil die informelle Beschäftigung 35 bis 40 Prozent des Arbeitsmarktes ausmacht. Gerade in den fast vier Millionen landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben ist die Informalität üblich. Hier sind zwei Drittel der Arbeitskräfte nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Kleinstbetriebe sind Teil der Lieferkette, wenn sie an große Agrargenossenschaften angeschlossen sind oder landwirtschaftliche Großkonzerne beliefern.

    Laut der Informationsplattform SmartLab passierten 2022 die meisten Arbeitsunfälle in Gesundheitseinrichtungen (10 Prozent der Vorfälle), gefolgt von Handel und öffentlicher Verwaltung, Gebäudebau und Straßenfracht. In der verarbeitenden Industrie ergeben sich die meisten Vorfälle in der Nahrungsmittelindustrie, insbesondere der Schlachtung und Fleischverarbeitung, gefolgt von der Zucker-Ethanol-Produktion. Bei durchschnittlich 15 Prozent aller Arbeitsunfälle handelt es sich um die Folgen einer Handhabung von Maschinen.  Über 70 Prozent der insgesamt 5.570 Städte und Gemeinden verfügen über Einrichtungen Centros de Referência em Saúde do Trabalhador (Cerest), die Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Lebensqualität der Arbeitnehmer durchführen und koordinieren. 

    Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Brasiliens zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen 

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits.

    Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.

  • Missachtung der Koalitionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 6 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Koalitionsfreiheit umfasst das Recht von Arbeitnehmern, sich frei zu Gewerkschaften zusammenschließen zu dürfen. Koalitionsfreiheit umfasst zudem in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht des Beschäftigtenortes das Recht von Gewerkschaften sich zu betätigen, was ein Streikrecht und ein Recht auf Kollektivverhandlungen beinhaltet.

    Gesetzliche Grundlagen 

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehört das hier relevante Übereinkommen über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (ILO-Übereinkommen Nr. 98). Das Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (ILO-Übereinkommen Nr. 87) hat Brasilien nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Vereinigungsfreiheit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte. 

    Risiken

    Brasilien belegt nach dem Global Rights Index 2023 vom Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB), der jährlich die relevanten Rahmenbedingungen zur Respektierung kollektiver Arbeitnehmerrechte durch das jeweilige Land bewertet, das Rating 5 (1 bis 5+). Dies bedeutet, dass die Rechte nicht garantiert sind. Der IGB hat das Land 2019 um einen Rang heruntergestuft. Seitdem zählt der IGB Brasilien Jahr für Jahr zu den zehn schlimmsten Ländern der Welt für Erwerbstätige Menschen. In der Kritik stand das Land in der Ausgabe 2022 wegen "gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung" und "Verstößen gegen Tarifverträge"; in der Ausgabe 2023 auch wegen gewaltsamer Übergriffe auf Gewerkschaftsvertreter und Arbeitnehmer.

    Hintergrund der Kritik sind umfassende Änderungen durch die Arbeitsrechtsreform 2017. Seither verloren die bis dato starken Gewerkschaften an Bedeutung, denn die Arbeitnehmer sind nun nicht mehr pauschal zu Beitragszahlungen verpflichtet. Heute finanzieren sich die Verbände nur noch über die freiwilligen Mitgliederbeiträge. Außerdem ging der Anteil der Arbeitnehmer, die Gewerkschaften angeschlossen sind, zurück. Somit fielen die Einnahmen vieler Gewerkschaften drastisch, oftmals um über 90 Prozent. Dies schlägt sich auch in den Tarifverträgen nieder. Im Jahr 2022 lagen 39,5 Prozent der 19.370 Lohnanpassungen unter der allgemeinen Inflationsrate, im Vorjahr waren es sogar 45,8 Prozent der verhandelten Lohnerhöhungen. 

    Im Rahmen seiner Brasilienreise im Juni 2023 unterzeichnete Bundesminister Hubertus Heil eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit der Arbeitsministerien beider Länder. Schwerpunkte sind die Stärkung der Gewerkschaften und somit auch des sozialen Dialogs und der Tarifverhandlungen sowie die Unternehmensverantwortung zur Achtung der Menschenrechte gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Zudem soll der Austausch ein brasilianisches Lieferkettengesetz anstoßen.

    Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Unternehmen können auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHK) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits. Das Freedom of Association Committee (Ausschuss für Vereinigungsfreiheit) überprüft gesondert Verstöße gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen. Informationen über ILO-Verfahren der Normenkontrolle sind frei verfügbar.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung der Koalitionsfreiheit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Vereinigungsfreiheit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Verboten ist die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, Religion, etc. (Diskriminierungsverbot).

    Gesetzliche Grundlagen

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (ILO-Übereinkommen Nr. 111) und über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 100). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Diskriminierende Arbeitsbedingungen sind im brasilianischen Arbeitsrecht Consolidação das Leis do Trabalho (CLT) untersagt. Über den Gesetzesvorschlag PL1.085/2023 soll eine diskriminierende Entlohnung zukünftig geahndet werden. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Im Länderranking The Global Gender Gap von 2023 des Weltwirtschaftsforums liegt Brasilien beim Subindex Economic Participation and Opportunity auf Rang 86 unter insgesamt 146 Ländern weltweit. Nach wie vor sind Frauen am Arbeitsmarkt stark benachteiligt. Das äußert sich sowohl in der Arbeitslosenstatistik sowie am Durchschnittslohn als auch an der Beschäftigung in höheren Positionen. Einen Präzedenzfall kann Brasilien bereits vorweisen: Im März 2023 verurteilte das Arbeitsgericht São Paulo eine inländische Fluggesellschaft zu Entschädigungen einer weiblichen Angestellten, die deutlich geringere Lohnzahlungen als ihre männlichen Kollegen in der selben Position erhielt.

    Unter der Kategorie Diversität am Arbeitsmarkt bietet die Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) Daten zu Unterschieden bei Beschäftigung und Lohnzahlung nach Geschlecht, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, Behinderung und Migrationshintergrund. Die Coronapandemie wirkte kontraproduktiv auf die Inklusion am Arbeitsmarkt. In fast jeder Hinsicht stiegen Lohnunterschiede an.

    Um mögliche Risiken bei der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung Brasiliens zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Ungleichbehandlung in Beschäftigung können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Diskriminierung im Sorgfaltsprozess adressieren, Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren, Rechte indigener Völker im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

    Gesetzliche Grundlagen

    Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat das hier relevante Übereinkommen über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Rechtlichen Instrumenten bezüglich existenzsichernder Löhne bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn beläuft sich seit dem 1. Mai 2023 auf 1.320 brasilianische Reais (R$; entspricht rund 253 Euro nach dem Wechselkurs der Bundesbank Ende Juli 2023; 1 Euro = 5,22 R$). Derzeit wird die Anpassung des Salário Mínimo alljährlich zwischen der Regierung, dem Nationalkongress und Gewerkschaften neu verhandelt. Eine Regelung für die Anpassungen wird debattiert.

    Die hohe Inflation aufgrund der Coronakrise wurde zwar bei der Erhöhung des Mindestlohns ausgeglichen, allerdings nicht in allen Tarifverträgen. Im Jahr 2022 lagen 39,5 Prozent der 19.370 Lohnanpassungen unter der allgemeinen Inflationsrate, im Vorjahr waren es sogar 45,8 Prozent der verhandelten Lohnerhöhungen. Das führte zu realen Lohneinbußen.

    Regional variiert der Durchschnittslohn stark. Der Mindestlohn garantiert nicht überall die Existenzsicherung. Über die Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) sind Angaben zu den Arbeits- und Lebensbedingungen in den einzelnen Städten und Gemeinden verfügbar. Beispielsweise lag das Durchschnittseinkommen laut SmartLab in der Stadt São Paulo 2019 bei rund 5.700 R$. Die Global Living Wage Coalition berechnet für den Bundesstaat São Paulo einen existenzsichernden Lohn von 3.091 R$. 

    Gerade auf dem Land herrscht hohe Informalität bei der Beschäftigung. Arbeitnehmer akzeptieren mangels Alternativen oftmals zu niedrige Löhne. Betroffen sind viele agrarwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder auch Holzkohle, insbesondere im Nordosten des Landes. Brasiliens Arbeitsminister Luis Marinho unterzeichnete im Juni 2023 zusammen mit dem Präsidenten des Kaffeeverbandes Conselho Nacional do Café (CNC) eine Absichtserklärung zu Best Practices und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen im Kaffeeanbau im Bundesstaat Minas Gerais.

    Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne eingesehen werden.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Unterstützungsangebot zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Gesetz fordert bei Feststellung eines Risikos die Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer (§ 6 LkSG).

    Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

    Zu den Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich gehören die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung sowie Maßnahmen, die auf der darin enthaltenen Menschenrechtsstrategie entsprechend aufbauen, darunter:

    • Die Formulierung interner Verhaltensvorschriften wie Richtlinien und Verhaltenskodizes (Code of Conduct) für die einzelnen, für das Risikomanagement relevanten Geschäftsfelder und -abläufe sind dabei zu empfehlen. Der Code of Conduct als strategisches Element für nachhaltige Lieferketten | AWE Blog (wirtschaft-entwicklung.de). Darin soll das Unternehmen die menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen festlegen, die an die Beschäftigten, Vertragspartner und mittelbare Zulieferer gestellt werden. Zudem kann die Entwicklung von entsprechender Verhaltenskodizes für Vertragspartner und potenzielle Vertragspartner als Grundlage für Vertragsverhandlungen und zur Vertragsausgestaltung verwendet werden, so die Gesetzesbegründung zum LkSG: Drucksache 19/28649 (bundestag.de).
    • Des Weiteren gehört die Entwicklung und Verankerung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken zu den zu verankernden Präventionsmaßnahmen. Diese sollten Richtlinien für die einzelnen Beschaffungsschritte festlegen und nachhaltig, transparent sowie risikomindernd ausgestaltet sein. Einen Leitfaden zur Ausgestaltung eines nachhaltigen Einkaufs bietet der ISO-Standard 20400 der Internationalen Organisation für Normung ISO 20400:2017 - Sustainable procurement — Guidance.
    • Die Durchführung von Mitarbeiterschulungen in den relevanten Geschäftsbereichen sieht das Gesetz ebenso vor wie die Durchführung risikobasierter Kontrollen, um die Wirksamkeit der verankerten Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich zu überprüfen.

    Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Neben der Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sieht das Gesetz auch eine Reihe von Maßnahmen mit Hinblick auf unmittelbare Zulieferer vor (§ 6 Abs. 4 LkSG):

    • Bereits bei Auswahl eines Lieferanten sind menschenrechts- und umweltbezogener Erwartungen zu berücksichtigen, das heißt sie sollen in die Lieferantenbewertung mit einfließen. Dies kann unter Zuhilfenahme von Eigenauskünften des jeweiligen Zulieferers, Befragungen oder eigener durchgeführter Prüfungen erfolgen.
    • Branchenspezifische Zertifizierungen oder Siegel können dabei eine wichtige Orientierung geben, sind aber als alleinige Entscheidungsgrundlage nur bedingt aussagekräftig. Im Standards-Kompass vom Helpdesk  Wirtschaft und Menschenrechte sind zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) und teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) recherchierbar:
      • Zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) überprüfen und attestieren die Einhaltung der vom Standard definierten Anforderungen an Produkte (zum Beispiel Baumwolle), Prozesse, Dienstleistungen, Standorte (zum Beispiel Fabriken), das gesamte Unternehmen oder die Lieferkette (chain-of-custody). 
      • Teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) fördern den Austausch, die gemeinsame Umsetzung von Projekten oder den Aufbau von Kapazitäten im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette. Als Mitgliedsinitiativen setzen sie die aktive Beteiligung von Unternehmen und anderen Akteursgruppen voraus (zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Regierungen und Wissenschaft). Mitglieder verpflichten sich in der Regel zur Einhaltung von bestimmten Anforderungen oder eines Verhaltenskodexes. Die konkrete Umsetzung der Anforderungen liegt weitestgehend bei den Mitgliedsunternehmen und wird nicht zwingend durch einen standardisierten Mechanismus geprüft.  
    • Als weitere Maßnahme sieht das Gesetz die vertragliche Zusicherung seitens des Zulieferers bezüglich der Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen dahingehend vor, dass der Zulieferer die seitens des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einhält und wiederum entlang der Lieferkette angemessen adressiert. Hier bietet sich die Entwicklung eines Verhaltenskodex für Lieferanten (Lieferantenkodex) an. Bei der vertraglichen Ausgestaltung soll zudem sichergestellt werden, dass die menschenrechtsbezogenen Erwartungen auch in der weiteren Lieferkette etwa durch die Verwendung von Weitergabeklauseln sichergestellt wird. Dadurch wird der direkte Lieferant verpflichtet, den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen Vertragspartnern durchzusetzen. Die IHK München bietet einen Mustertext für einen Verhaltenskodex für Lieferanten an: Merkblatt_Verhaltenskodex-fuer-Lieferanten_Stand-20211118.pdf (ihk-muenchen.de). Die American Bar Association (US-amerikanische Anwaltskammer) stellt zudem entsprechende Musterklauseln für Verträge zur Verfügung: Contractual Clauses Project (americanbar.org).
    • Zudem sind Schulungen und Weiterbildungen sowie regelmäßige Audits bei Lieferanten durchzuführen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Diese Kontrollen können dabei selber durchgeführt oder Dritte damit beauftragt werden. Dabei können auch anerkannte Zertifizierungs- oder/und Audit-Systeme in Anspruch genommen werden. Unternehmen werden dadurch laut Gesetzesbegründung jedoch nicht von ihrer Verantwortung entbunden.

    Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht (§ 7 Abs. 1 LkSG). Dabei sollen die Abhilfemaßnahmen zu einer Beendigung führen, im eigenen Geschäftsbereich müssen die Maßnahmen in der Regel zu einer Beendigung führen.

    • Bei eingetretenen oder drohenden Verletzungen im Geschäftsbereich des unmittelbaren Zulieferers ist ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung zu erstellen, das einen konkreten Zeitplan enthält. Dabei kann auch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmern in Rahmen von Brancheninitiativen hilfreich sein. Zudem sollte ein Aussetzen der geschäftlichen Beziehungen während der Bemühungen zur Risikominimierung in Betracht gezogen werden.
    • Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist nur als letztes Mittel geboten, wenn der Verstoß oder die Verletzung sehr schwerwiegend ist, die Versuche zur Minimierung gescheitert sind, kein milderes Mittel zur Verfügung steht und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint.
    Unterstützungsangebote von Organisationen

    Für die Erstellung der LkSG-Umsetzungshilfen Risikoanalyse wurden unter anderem folgende Informationsquellen genutzt: Studien und Rankings internationaler Organisationen (ILO, UNDP,  UN Comtrade, Internationaler Gewerkschaftsbund etc.), nationale Statistikämter,  Arbeitsministerien, Gewerkschaften, nationale Gesetzestexte, Statistisches Bundesamt, Bundesbank, US-amerikanische Behörden, CSR Risiko-Check und Pressemeldungen. Darüber hinaus beruhen die Risikoeinschätzungen auf Interviews mit lokal tätigen Stakeholdern, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden sowie mit lokalen Branchenexperten und Consultants.

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