Branche kompakt | Bulgarien | Pharmaindustrie, Biotechnologie
Branchenstruktur
Apotheken und Krankenhäuser beschaffen die meisten ihrer Medikamente aus dem Ausland. Der größte Anteil kommt aus Deutschland.
08.04.2025
Von Dominik Vorhölter | Sofia
Der Pharmamarkt gehört zu den am stärksten konsolidierten Märkten in Bulgarien. Im Land sind 4.197 Apotheken registriert. Die führende Einzelhandelskette Apteka Mareshki betreibt mehr als 300 Apotheken und Drogerien in 120 Städten und Gemeinden. Außerdem sind 14 weitere Einzelhandelsketten aktiv, DM, Pharma und Betty. Der in Bulgarien ansässige Pharmahändler Sopharma Trading gehört zu den Marktführern. Das Unternehmen betreibt rund 200 Apotheken in 40 Städten.
Angewiesen auf Importe
Der bulgarische Pharmamarkt ist im Wesentlichen ein Absatzmarkt. Den Bedarf, insbesondere innovativer und patentierter Medikamente, importieren Großhändler. Hier sind Apotheken und vorwiegend die Krankenhausapotheken die größten Treiber der Nachfrage. Deutsche Unternehmen zählen zu den größten Lieferanten von pharmazeutischen Produkten. Ihr Anteil an den gesamten bulgarischen Importen pharmazeutischer Erzeugnisse beträgt 21 Prozent.
Zu den größten Herstellern, die auf dem Markt ihre Produkte vertreiben, gehören unter anderem die Stada, Teva, Bayer, Novartis, AbbVie, Amgen, Eli Lilly, Janssen, Roche, Merck und Pfizer.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2023 |
---|---|---|
Sopharma Trading | Groß- und Einzelhandel | 656 |
Phoenix Pharmahandel GmbH | Groß- und Einzelhandel | 633 |
Sting | Großhandel | 514 |
Pharmnet | Großhandel | 439 |
Huvepharma | Produktion | 377 |
Einheimische Produktion hauptsächlich von Generika
Bulgariens eigene Pharmaindustrie dagegen ist überschaubar. Sie konzentriert sich auf den landeseigenen Branchenriesen Sopharma und Teva, die hauptsächlich Generika herstellen. Die heimische Industrie erzeugt dabei rund ein Viertel des gesamten landesweiten Verbrauchs an Arzneimitteln. Nach Angaben von IQVIA werden in Bulgarien 10 Milliarden Tabletten und 164 Millionen flüssige Arzneimittel im Wert von 343 Millionen Euro hergestellt.
Bulgarien exportiert Pharmaprodukte im Wert von gut 1,3 Milliarden Euro. Der Export erreicht dieses Volumen auch, weil Großhändler sich am Parallelhandel beteiligen. Arzneimittel mit EU-weiter Zulassung können Großhändler entsprechend weiter auf dem EU-Binnenmarkt verkaufen.
Beim Export ist Russland der größte Handelspartner mit einem Anteil von gut einem Fünftel an den Gesamtausfuhren bulgarischer pharmazeutischer Produkte (SITC 54). Gefolgt von Deutschland mit einem Anteil von 12 Prozent, Rumänien (8 Prozent), den Niederlanden (4,2 Prozent) und Frankreich (3,4 Prozent). Der EU-Handel mit Russland unterliegt allerdings strengen Sanktionen. Lieferungen von pharmazeutischen Erzeugnissen sind davon jedoch ausgeschlossen.
Apotheken setzen auf Digitalisierung
Ein Entwicklungsschwerpunkt in der Branche ist außerdem die Digitalisierung. "Wir planen gerade, die Medikamentenausgabe in unseren Apotheken zu automatisieren und sind auf der Suche nach Anbietern von Systemen und Software", verrät Ventislav Marinov, Geschäftsführer von Sopharma Trading im Gespräch mit Germany Trade & Invest.
Apotheken verkaufen ausschließlich die Arzneimittel, die Ärzte verschreiben. Zusätzlich vertreiben Drogerien oder Online-Apotheken OTC-Produkte. Hier hängt es vom Produkt ab, auf welche Weise Apotheker Margen verdienen. Verkaufen sie etwa verschreibungspflichtige Medikamente, die zu 100 Prozent durch die öffentliche Krankenkasse erstattet werden, erhalten sie nur eine pauschale Marge in Höhe von 5 Lewa (ca. 2,56 Euro) pro Rezept. Bei Medikamenten mit privaten Zuzahlungen durch den Patienten bestimmen die Apotheken die Margen im Rahmen des gegebenen Marktpreises die Höhe der Margen selbst. "Der Gesundheitsfonds bietet eine gute Erstattung für innovative Therapien", weiß Ventislav Marinov.
Es gibt kaum private Krankenversicherungen
Bulgariens Bevölkerung ist in der Regel gesetzlich versichert bei der Nationalen Krankenkasse, die Kosten für Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und Medikamente übernimmt. Dafür steht der nationalen Krankenkasse für das Jahr 2025 ein jährliches Budget in Höhe von 4,8 Milliarden Euro aus Beiträgen und Mitteln aus dem Staatshaushalt bereit. Von diesem Budget wird Bulgarien rund 65 Prozent der anfallenden Gesundheitskosten decken können. Dabei legt der Rat für Preisgestaltung (NCPR) und Kostenerstattung die Preisobergrenzen für Versicherungsleistungen fest. Den Rest der Kosten tragen die Patienten als Eigenanteil. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostiziert Gesundheitskosten von 8,8 Milliarden Euro für das Jahr 2025.
Entsprechend dieser Prognose dürfte die Eigenleistung der Bulgaren voraussichtlich auf rund 3 Milliarden Euro ansteigen. Der Anteil der privaten Zuzahlungen entfällt dabei auf Medikamente mit 68 Prozent. Demnach dürften die privaten Zuzahlungen im Jahr 2025 voraussichtlich bis zu 2 Milliarden Euro betragen, was landesweit etwa 300 Euro pro Kopf entspricht. Grundsätzlich gibt es keine Preisobergrenzen für Medikamente auf dem bulgarischen Markt. Private Krankenversicherungen sind wenig verbreitet. Das bedeutet, dass kostspielige Behandlungen und Medikamente von den Patienten selbstständig finanziert werden.
Der Rat für Preisgestaltung NCPR ist dem Gesundheitsministerium unterstellt und setzt spezifische Preise fest für bestimmte Arzneimittel, insbesondere für solche, die von der Nationalen Krankenversicherungskasse erstattet werden. Der NCPR erstellt außerdem die Positivliste der Arzneimittel (PDL), eine Liste von Arzneimitteln, die von der Nationalen Krankenversicherungskasse erstattet werden. Auch die Höhe der Erstattung wird vom NCPR festgelegt.