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Special | China | Halbleiter

Strategien und Ziele: Autarkie bleibt Wunschdenken

Chinas Bemühungen zum Ausbau der Chipindustrie stoßen trotz Fortschritten an Grenzen und verschwenden große Geldmengen. Die Abhängigkeit von ausländischer Technologie bleibt hoch.

Von Roland Rohde | Hongkong

China versucht bereits seit Jahren, die hohe Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen im Halbleiterbereich zu reduzieren. Bereits 2014 wurde der China National Integrated Circuit Investment Fund aufgelegt. Er stellte in zwei Finanzierungsrunden Kapital im Umfang von gut 50 Milliarden US-Dollar (US$) zur Verfügung, von denen nach Angaben des US-Verbands Semiconductor Industry Association (SIA) bis Mitte 2020 drei Viertel investiert wurden. Hinzu kommen Finanzmittel der lokalen Regierungen, die sich noch einmal auf die annähernd gleiche Summe belaufen.

Öffentliche Finanzierung für die Halbleiterindustrie in China (Kapitalfonds ab 2014, in Milliarden US$)

Region

Wert

National

53,0

Provinzen, davon

46,4

  Chongqing*

7,7

  Fujian

7,7

  Shanghai*

7,7

  Beijing*

4,9

  Anhui

4,6

  Hubei

4,6

  Shaanxi

4,6

  Jiangsu

3,1

Gesamt

99,6

*) Beijing, Chongqing und Shanghai haben als regierungsunmittelbare Städte ProvinzstatusQuelle: Eastmoney Securities; South China Morning Post

Subventionen bei etwa 170 Milliarden US$

Außerdem gibt es noch staatliche Kredite und direkte öffentliche Beteiligungen, die sich gemäß SIA auf etwa 50 Milliarden US$ summieren. Zu nennen sind des Weiteren fiskalische Vorteile wie die Ende 2020 beschlossene Steuerbefreiung für bis zu zehn Jahre im Umfang von 20 Milliarden US$. Zusammengerechnet ergeben sich damit Unterstützungen in Höhe von 170 Milliarden US$, verteilt auf knapp zehn Jahre.

Verschiedene nationale Pläne griffen das Halbleiterthema auf. Im Rahmen der "Made in China 2025"-Initiative wurden konkrete Zielvorgaben gemacht. So sollte bei integrierten Schaltungen bis zur Mitte dieses Jahrzehnts eine Selbstversorgungsquote von 70 Prozent erzielt werden. Selbst Optimisten sehen inzwischen ein, dass sich diese Marke noch nicht einmal annähernd erreichen lässt. Das Marktforschungsunternehmen IC Insights prognostiziert für 2025 eine Rate von 21 Prozent und damit ein Plus von lediglich 3 Prozentpunkten gegenüber 2020.

Die ehrgeizige Technologiestrategie hat das Ausland aufgeschreckt und wird daher seit geraumer Zeit von chinesischen Medien nicht mehr erwähnt. Doch im 14. Fünfjahresplan 2021 bis 2025, der einen Blick auf den Zeitraum bis 2035 wirft, wird die Halbleiterbranche als wichtige strategische Branche aufgeführt. Dabei soll nicht nur die Entwicklung von integrierten Schaltungen, sondern auch von Ausrüstungen zur Halbleiterproduktion gefördert werden. Konkrete Zielvorgaben finden sich dieses Mal jedoch nicht.

Undurchsichtiges Geflecht an Förderplänen

Für die Halbleiterbranche sind zudem die regionalen 14. Fünfjahrespläne von Bedeutung, insbesondere von den fortschrittlichen Metropolen und Provinzen Beijing, Shanghai, Jiangsu, Zhejiang oder Shenzhen. Daraus ergibt sich ein Geflecht von sich überlagernden Plänen und Verantwortungen. Für ausländische Unternehmen, die nicht selber vor Ort investieren, spielt eher die generelle Marschrichtung eine Rolle: China wird die Fertigungskapazitäten im Halbleitersektor in den nächsten Jahren weiter ausbauen sowie in die Entwicklung von Chips investieren.

Dabei stößt das Reich der Mitte unter anderem an finanzielle Grenzen, da die Regierung zeitgleich in zahlreichen anderen Industriebereichen technologisch aufholen und zudem die Infrastruktur kräftig ausbauen will. Darüber hinaus muss das Rentensystem stabilisiert werden. Auch kostspielige Projekte der Neuen Seidenstraße laufen weiter.

Der Halbleitersektor erfordert jedoch riesige Investitionssummen. Alleine der taiwanische Konzern TSMC will eigenen Angaben zufolge zwischen 2021 und 2023 rund 100 Milliarden US$ investieren. Der führende Halbleiterkonzern Chinas, Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC), plant für 2021 mit Kapitalaufwendungen in seine physische Infrastruktur in Höhe von lediglich 4,3 Milliarden US$. Chinas Gesamtbranche kommt laut SIA auf nur 12,3 Milliarden US$.

Notwendige Konsolidierung bleibt aus

Zudem führen die Programme und Fördermittel zu erheblichen Fehlallokationen. Jede Provinzregierung prescht vor und will eigene Integrated-Circuit-Cluster aufbauen. Dies verhindert aber die notwendige Konsolidierung der Branche. Selbst der chinesische Branchenprimus SMIC ist im globalen Maßstab eher klein. Zudem haben die Gelder schwarze Schafe angezogen. Laut South China Morning Post und SIA gingen in jüngster Vergangenheit rund ein Dutzend Halbleiterprojekte pleite, trotz eines stark wachsenden Marktes.

Nachlassendes Interesse an internationalen Experten

Investitionen in den Halbleiterbereich erfordern zudem eine effiziente Infrastruktur für Forschung und Entwicklung. Doch in der Volksrepublik gibt es wenig Fehlertoleranz und gleichzeitig viel Druck, konkrete Ergebnisse vorzuweisen. Darunter leidet vor allem die Grundlagenforschung. Zudem hat das Land scheinbar kein Interesse daran, internationale Experten anzulocken. Nach übereinstimmenden Aussagen von in China vertretenen Unternehmen ist es für Ausländer schwieriger geworden, Arbeitsvisa zu erhalten. Steuervorteile für Expatriates sollen ab 2022 wegfallen.

Hinzu kommt der enorme technologische Vorsprung, insbesondere der USA und Taiwans. Daher versucht China, sich stattdessen auf Gebiete zu spezialisieren, wo der Vorsprung nicht allzu groß ist. Bei künstlicher Intelligenz etwa schwimmt das Reich der Mitte ganz weit vorne mit. Die Hoffnung beruht daher auf der Entwicklung von entsprechenden Chips. Auch in der hochinnovativen Quantentechnologie besteht Potenzial.

Doch die Rahmenbedingungen für Innovationen verschlechtern sich zusehends. China setzt einerseits auf Autarkie und Abschottung. Andererseits mischt sich die Regierung immer mehr in die Belange der Privatwirtschaft ein und fährt einen zunehmend unternehmerfeindlichen Kurs, insbesondere gegen große Hightechfirmen. Unter diesen Bedingungen gestaltet sich der Aufholprozess als schwierig.

Absatzchancen für ausländische Firmen

Insgesamt ergeben sich für internationale Unternehmen umfangreiche Absatzchancen. So wird China in den nächsten Jahren weiter in großem Umfang Maschinen zur Halbleiterproduktion importieren, wovon auch deutsche Spezialanbieter profitieren. Zugleich bleibt der Importbedarf bei integrierten Schaltungen enorm hoch. Hier können vor allem deutsche Hersteller punkten, die sich auf die Automobilindustrie spezialisiert haben. Dort müssen die Chips nicht besonders klein sein, aber spezielle Funktionen erfüllen.

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