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Dänemarks Landwirte arbeiten immer präziser
Während die letzten Jahre wenig Euphorie im Agrarsektor herrschte, hat sich die Situation etwas stabilisiert. Insbesondere Precision Farming bestimmt die dänische Landwirtschaft.
14.11.2023
Von Judith Illerhaus | Stockholm
Markttrends
Was für viele andere Branchen gilt, trifft auch auf die Landwirtschaft zu: Ohne digitale Unterstützung kann auch die ursprünglichste aller Branchen nicht mehr mithalten. Dänemarks Agrarindustrie ist bereits durch einen hohen Digitalisierungsgrad gekennzeichnet. Auch die Regierung bekräftigt den Ansatz. In ihrer nationalen Strategie für künstliche Intelligenz listet sie die Landwirtschaft als eine der vier priorisierten Branchen, die sich verstärkt neuer Technologien bedienen sollen. Darüber hinaus lässt sich seit einigen Jahren der anhaltende Trend sinkender Einzelbetriebe bei steigenden Agrarnutzflächen beobachten. In den Jahren 2022/2023 gab es 1.576 weniger Betriebe bei einer um 6.341 Hektar größeren bewirtschafteten Gesamtfläche.
Erholung der Branche in Sicht
Die landwirtschaftlichen Bruttoinvestitionen gingen nach Abzug der Inflation 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 8 Millionen Euro auf etwa 1 Milliarde Euro zurück. Das entspricht einem Rückgang von 0,7 Prozent. Da der Rückgang hauptsächlich auf geringere Investitionen in Gebäude zurückzuführen ist, bleibt Hoffnung für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte. In diesem Bereich wurde 2022 im Vergleich zu 2021 rund 19 Prozent mehr investiert. Auffällig ist jedoch, dass die Anzahl der im Land verfügbaren Traktoren kontinuierlich sinkt.
Laut dem Konjunkturbarometer des Branchenverbandes Landbrug & Fødevarer ist der Gesamtindikator für das Geschäftsklima unter den agrarindustriellen Unternehmen wieder über Null gestiegen, nachdem er seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine negativ war. Aktuell liegt der Indikator sogar über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
Nach schwachen zwei Jahren schauen die Landwirte nun also wieder etwas positiver auf 2023 zurück und hoffnungsvoll auf das Jahr 2024.
Präzisionstechnologien kommen gezielt zum Einsatz
Laut dänischem Statistikamt wurden im Jahr 2023 bereits 78 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit Präzisionstechnologien bewirtschaftet. Im Vergleich zu 2018 hat sich der Anteil um 21 Prozent erhöht – wobei der Anteil 2022 bereits bei 76 Prozent lag. Es ist also mit einem langsameren Wachstum für die nächste Zeit zu rechnen.
Am stärksten wuchs der Bereich für Software, die sich der Planung des Stickstoffbedarfs widmet, und zwar um 11 Prozent. Nicht zuletzt aufgrund globaler Entwicklungen und Initiativen dürften sich auch weitere Marktchancen im Bereich von Satellitendaten beziehungsweise -anwendungen ergeben, ein Bereich, der im letzten Jahr ebenfalls um 4 Prozent gewachsen ist.
Die besten Chancen ihre Produkte zu vermarkten haben laut dänischem Statistikamt Technologieanbieter bei jungen, gut ausgebildeten Landwirten, die einen großen Betrieb für wahlweise Saatgut, Kartoffeln oder Zuckerrüben verwalten.
Der Nachhaltigkeitsaspekt tangiert viele Bereiche der Branche
Die Verfolgung nachhaltiger Ziele ist gesellschaftlicher Konsens in Dänemark und lässt sich ebenfalls auf die Agrarindustrie übertragen. Durch die zuletzt stark gestiegenen Lebensmittelpreise haben auch die Themen Lebensmittelverschwendung und Konsum einen zusätzlichen Push erhalten, aus dem sich ein Megatrend entwickelt hat. Aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Branchenverbands geht hervor, dass 75 Prozent der Bevölkerung versuchen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, 52 Prozent streben danach, so viel wie möglich zu recyceln, rund die Hälfte gibt an, besorgt über Plastik in der Umwelt und den Klimawandel zu sein. 26 Prozent versuchen aktiv, weniger Fleisch zu essen.
Dies könnte auch erklären, warum der Rinderbestand in Dänemark auf einem Rekordtief liegt. Am 30. Juni 2023 betrug der gesamte Bestand noch 1.443.500 Rinder, was einem Rückgang von 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Auch bei der Schweinehaltung gibt es in diesem Jahr eine Besonderheit: Zum ersten Mal wurden mehr lebende Schweine exportiert als geschlachtet. Deutschland ist neben Polen größter Importeur dänischer Ferkel.
Auch die großen Unternehmen sind sich den Herausforderungen bewusst. Beispielsweise hat Arla ein vierjähriges Pilotprogramm ins Leben gerufen, das sich der Erforschung regenerativer Landwirtschaftsmethoden widmet. Arla arbeitet hierzu mit dem agrarwirtschaftlichen Beratungsunternehmen FAI Farms zusammen und führt Pilotprogramme mit landwirtschaftlichen Betrieben in vier europäischen Ländern durch, unter anderem in Deutschland. Ziel ist die Etablierung nachhaltiger Milchwirtschaft.
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die Landwirtschaft genießt in Dänemark einen wichtigen Stellenwert. Laut Dänischem Rat für Landwirtschaft und Ernährung gehen etwa 22 Prozent der Gesamtexporte auf den Agrarsektor zurück. Rund 61 Prozent der Landesfläche werden kultiviert, wovon wiederum 12 Prozent biologisch betrieben werden. Die Branche kennzeichnet sich durch überwiegend große Betriebe mit einer durchschnittlichen Fläche je Betrieb von 75 Hektar, so die Europäische Union. Zum Vergleich: In Deutschland lag dieser Wert zuletzt bei etwa 62 Hektar.
Kennziffer | 2022 |
---|---|
Einwohner (in Millionen) 1) | 5,9 |
Ackerfläche (in Millionen Hektar) | 2,6 |
Anteil der Landwirtschaft 2) an der Entstehung des BIP (in Prozent) | 1,3 |
Exporte Agrargüter (in Milliarden Euro; SITC 0) | 18,9 |
IMD World Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern) | 1 |
Der politische Wille ist groß
Die dänische Agrarindustrie profitiert ebenfalls von einem starken politischen Engagement und großen Ambitionen. Bis 2050 soll die dänische Lebensmittelindustrie klimaneutral sein, so der nationale Rat. Und auch bei Betrachtung der avisierten Projekte, die allesamt von der nationalen Landwirtschaftsagentur finanziert werden, wird deutlich, wo die Reise hingehen soll. Im Fokus stehen die Weiterentwicklung und Anwendung digitaler Technologien und weitere Maßnahmen, die den Nachhaltigkeitsgedanken stützen. Vom großen Fortschritt in puncto Digitalisierung zeugt auch die erstmalige Belegung des 1. Platzes im Rahmen des World Digital Competitiveness Ranking.
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