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Eritreas Häfen hoffen auf politisches Tauwetter in der Region

Eritreas Seehäfen setzen bei Beschaffungen auf westliche Technik. Sie waren früher Äthiopiens Tor zur Welt, heute ist es Dschibuti. Nun sucht der große Nachbar nach Alternativen. 

Von Ulrich Binkert | Asmara

Nach der Beschaffung eines STS-Krans (ship-to-shore) einer deutschen Marke liegt Dawit Menghesteab ein Angebot desselben Lieferanten für einen fahrbaren Kran vor. Insgesamt stehe am Hafen Massawa die Beschaffung dreier solcher gummibereifter Stapelkrane (RTG) für zusammen gut 7 Millionen Euro zur Disposition, sagt der Hafenchef im Gespräch mit Germany Trade & Invest.

Unklar ist noch der Technikbedarf für eine geplante Erweiterung des Hafens. Aktuell laufen Aufschüttungen am südöstlich angrenzenden Meeresteil, um später Kali aus der Mine Colluli verschiffen zu können. Der Bau dieser chinesisch investierten Mine könnte 2025 starten. Nach jetzigem Plan soll das Kali zunächst von Colluli per Lkw an die dortige Küste (Anfile Bay Port) und dann mit Zubringerschiffen nach Massawa zur Exportverschiffung gebracht werden. In Anfile Bay Port selbst würde man eine Anlegestelle bauen, aber erst später. Frühere Berichte gingen vom Bau eines ganzen Hafens an dieser Stelle aus. 

Hafenbehörde setzt auf europäische Technik

Bei seinen Technikbeschaffungen achtet Dawit Menghesteab nach eigener Aussage auf hohe Qualität und vor allem eine gute Ersatzteilversorgung. Der Hafenchef, der auch der eritreischen Hafenbehörde vorsteht, sieht chinesische Marken deshalb kritisch. Auch Eritreas größter Hafen Assab habe vor etwa fünf Jahren zwei Kräne des deutschen Anbieters beschafft. 

In Massawa stehen neben dem neuen STS-Kran, der den Angaben zufolge über 4 Millionen US-Dollar gekostet hatte und 124 Tonnen heben kann, drei ältere Modelle der niederländischen Marke Figee. Ein Stück weiter befindet sich ein Kran der Düsseldorfer Firma Gottwald, die inzwischen zum finnischen Kone-Konzern gehört. Die Hafenschlepper stammen vom ebenfalls niederländischen Unternehmen Damen. 

Eritreas Häfen mit Fokus auf Bergbau-Exporten

Bergbauerzeugnisse sind das mit Abstand wichtigste Umschlagsgut von Massawa. Die eritreisch-chinesische Mine Bisha exportiert über den Hafen aktuell pro Monat 30.000 Tonnen Kupfer- und Zinkerze oder -konzentrate. Aus dem neuen Bergwerk Asmara Mining erwartet man ab dem für Ende Mai 2024 geplanten Verschiffungsstart etwa 20.000 Tonnen pro Monat. 

Beide Minengesellschaften organisieren die Verladung ihrer Erzeugnisse über eine eigene Infrastruktur. Sie erfolgt über "Rotainer"-Behälter, die sich auf Lkws zwischen Mine und Hafen bewegen. Auf dem Verladekran von Bisha stehen die einzigen chinesischen Schriftzeichen, die bei einem Hafenrundgang im April 2024 auf Großgerät zu finden sind. 

Der Hafen Massawa hat sechs Anlegestellen mit Molen von insgesamt 1.100 Meter Länge und kann mit einer Tiefe von bis zu zwölf Metern (bei Ebbe) Schiffe bis 220 Meter Länge aufnehmen, so Angaben der Hafenbehörde. Der Hafen sei damit kleiner als sein Pendant in Assab mit elf Anlegestellen. Die Frage nach den aktuellen Umschlagszahlen in Massawa beantwortet der Hafenchef mit "nicht sehr beschäftigt". Das letzte Schiff sei vor zwei Wochen gekommen. Im Hafen Assab laufe aktuell kein kommerzieller Betrieb. 

Die Anbindung der beiden Häfen ans Hinterland gilt als brauchbar. Die alte Bahnlinie von Massawa in Richtung Hochland ist zwar nicht mehr zu benutzen, per Straße sind laut Hafenbehörde aber Massawa wie auch Assab gut mit Äthiopien beziehungsweise Sudan verbunden. Dass diese Anbindung in die Nachbarländer nicht genutzt wird, hat viel mit der Politik zu tun. 

Äthiopiens Somaliland-Deal bringt Bewegung

Internationales Interesse für die Häfen in Eritrea und am gesamten Horn von Afrika schuf Anfang Januar 2024 eine Übereinkunft zwischen Äthiopien und Somaliland, dem de facto unabhängigen nördlichen Teil von Somalia. In der Absichtserklärung, die im Detail nicht bekannt ist, verleast Somaliland ein Stück Küste an das große Nachbarland, das dort eine Marinebasis bauen kann. Nach Angaben des somaliländischen Präsidenten im Januar legt das Abkommen auch fest, dass Äthiopien für Im- und Exporte den modernen, leistungsfähigen somaliländischen Hafen Berbera nutzt.

Der von DP World aus Dubai 2021 fertiggestellte und betriebene Hafen in Berbera ist klar auf Äthiopien ausgerichtet. Er verfügt nach dem Ausbau einer Straßenverbindung auch über einen brauchbaren Anschluss an das Nachbarland. Transporte sind bisher trotzdem nicht recht in Gang gekommen. Als einen Grund dafür hatte Berberas Hafenchef Supachai Wattanaveerachai in einem Interview Ende 2022 das Fehlen eines zwischenstaatlichen Transitabkommens mit Äthiopien genannt.

Die Absichtserklärung ist politisch hoch umstritten. Somalias Zentralregierung in Mogadischu fasste sie, ebenso wie die Regierung von Somaliland, als Vorstufe für die Anerkennung des abtrünnigen Landesteils auf. Bislang wird Somaliland international nur von Taiwan als Staat anerkannt. Zusätzliche Irritation schaffen in Mogadischu Äthiopiens Beziehungen mit Puntland, wo es ebenfalls Absetzbewegungen von Somalias Zentralstaat gibt.

Alternativen zum Hafen Dschibuti gesucht

Äthiopien transferierte bis zur Loslösung von Eritrea 1993 den größten Teil seines seegebundenen Außenhandels über die dortigen Häfen. Allein Assab, das relativ nahe an Äthiopiens Kernland liegt, soll bis zu 70 Prozent abgewickelt haben. Noch 1996/97 schlug Assab 3 Millionen Tonnen um, davon 96 Prozent für Äthiopien, sagt Dawit Menghesteab, der 18 Jahre lang in Assab gearbeitet hatte. Der große Einbruch kam mit dem äthiopisch-eritreischen Krieg vor der Jahrtausendwende. Nach kurzem Tauwetter 2018 sind die Grenzen zwischen den beiden Staaten seit 2019 wieder geschlossen und gibt es keinen Handel mehr.

Heute gehen geschätzt 95 Prozent der jährlich rund 20 Millionen Tonnen Fracht aus und nach Äthiopien über den Hafen des kleinen Dschibuti. Angesichts dieser Anhängigkeit fordern manche Kreise in Äthiopien vehement einen "Zugang zum Meer". Das Thema taucht zumindest in der Rhetorik der Regierung immer wieder auf. Dahinter sehen manche Beobachter auch ein innenpolitisches Kalkül. 

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