Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Finnland | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Branchenstruktur

In der finnischen Pharmabranche stechen zwei Hersteller hervor. Mit Bayer kommt einer davon aus Deutschland. Der Sektor bietet deutschen Firmen viel Potenzial für Kooperation. 

Von Niklas Becker | Helsinki

Finnlands Arzneimittelherstellern kommt die gleiche Relevanz zu wie ihren deutschen Kollegen. So steuerte die finnische Branche 2022 und 2023 jeweils 0,7 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Landes bei. Bei den deutschen Kollegen waren es 0,8 Prozent im Jahr 2022. Für 2023 liegen noch keine Zahlen vor. 

Gemessen an der Zahl der Unternehmen ist der finnische Sektor jedoch deutlich kleiner. So zählt das finnische Statistikamt für 2023 insgesamt 43 finnische Hersteller von Pharmazeutika. Mit 29 hatte mehr als die Hälfte von ihnen weniger als 10 Angestellte. Fünf Hersteller hatten 10 bis 49 und sechs Firmen 50 bis 249 Beschäftigte. Ein Unternehmen hatte 665 Personen auf der Mitarbeiterliste, bei zwei waren es mehr als 1.000. 

Zwei Unternehmen dominieren die Branche

Die finnische Pharmaindustrie wird hauptsächlich von zwei Unternehmen dominiert: Dem finnischen Unternehmen Orion und dem deutschen Pharmaunternehmen Bayer. Im Jahr 2023 beschäftigten diese beiden Firmen zusammen etwa 3.100 Personen. Insgesamt waren in dem Jahr rund 4.600 Mitarbeiter in der Branche tätig. Bayer produziert an seinem Standort in Turku die Hormonspirale, die anschließend in 130 Länder exportiert wird.

Zudem übernehmen die finnischen Standorte von Bayer wichtige Forschungs- und Entwicklungsaufgaben für die globale Bayer-Gruppe. Beispielsweise steuern die Niederlassungen in Finnland die weltweiten klinischen Studien der Gruppe. Darüber hinaus sind in Finnland auch deutsche Großhändler für pharmazeutische Produkte vertreten. Beispielsweise das zum deutschen Phoenix-Konzern gehörende Unternehmen Tamro. 

Wichtige Branchenunternehmen in FinnlandUmsatz in Millionen Euro

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2023

OrionHerstellung von Arzneimitteln und pharmazeutischen Produkten

1.190

BayerHerstellung von Arzneimitteln und pharmazeutischen Produkten

902

Santen Herstellung von Arzneimitteln und pharmazeutischen Produkten

150

FinVector Herstellung von Arzneimitteln und pharmazeutischen Produkten

46

Quelle: Jahresabschlüsse der Unternehmen, Zeitschriften Talouselämä und Kauppalehti

Nach Einschätzung des finnischen Pharmaverbandes (PIF) ist die Pharmaproduktion in Finnland derzeit eher gering. Die größten Produktionsanlagen seien die von Bayer in Turku, von Orion in Espoo, von Santen in Tampere und von FinVector in Kuopio. Darüber hinaus gibt es in Finnland Unternehmen, die in kleinerem Umfang rezeptfreie Medikamente produzieren sowie Vertragshersteller für Arzneimittel. Laut Verband gebe es in dem nordischen Land unter anderem aufgrund der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitnehmern Potenzial für einen bedeutenden Ausbau der heimischen Produktion.

Finnischer Biotechmarkt sucht neue Kooperationen

Ein aus deutscher Sicht spannender Bereich ist der finnische biopharmazeutische Markt. "Die Branche ist keine junge Branche mehr, wir waren in der Vergangenheit allerdings nicht erfolgreich darin zu wachsen. Die Unternehmen sind nach wie vor klein", sagt Alexandra Peth, Managing Director beim finnischen Verband der Bioindustrien (Suomen Bioteollisuus). "Ein Grund dafür sind fehlende Investitionen." Finnland habe laut der Expertin zwar eine qualitativ sehr gute Forschung, habe allerdings seine Probleme mit der Kommerzialisierung. In Zukunft möchte man das gemeinsam mit der öffentlichen Hand angehen und dabei besonders die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Ausland ausbauen. 

Der Umfang der internationalen Kooperation ist ausbaufähig. "Die Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen könnte für uns sehr interessant sein", sagt Peth. Zum Branchenverband gehören neben Produzenten auch Dienstleister des Biotechmarktes. Die Mitglieder stammen dabei aus allen Bereichen des Sektors, der Gesundheitsbereich ist allerdings am stärksten vertreten. Eine Übersicht aller in Finnland tätigen Biotechnologieunternehmen will der Verband Ende Januar 2025 auf seiner Internetseite veröffentlichen. Auch der finnische Forstindustriegigant UPM stößt in den Markt vor. Das Unternehmen hat unter anderem einen Wundverband aus Nanocellulose entwickelt. 

Ein Datenparadies für Pharmaforscher

Finnland gilt als interessanter Markt für die pharmazeutische Forschung und Entwicklung. "Eine lange Tradition in der Spitzenforschung, ein hohes Bildungsniveau sowie optimale Voraussetzungen für die akademische und wissenschaftliche Zusammenarbeit sind die großen Pluspunkte des finnischen Pharmamarktes", sagt Christiane Temminghoff, Geschäftsführerin von Bayer in Finnland. 

Interessant für die deutsche Pharmabranche sind die finnischen Gesundheitsdaten. Das nordische Land hat bereits in den 1990er-Jahren mit der Einführung der digitalen Patientenakte begonnen. Mittlerweile liegen 100 Prozent der medizinischen Daten der Bürger elektronisch vor. Zusammen mit den Sozialdaten werden diese anonymisiert gesammelt. Dank des sogenannten Gesetzes über die sekundäre Nutzung von Gesundheits- und Sozialdaten können Firmen für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten Zugang zu den Daten erwerben. "Dank der Daten ist eine gezieltere Forschung möglich", berichtet Temminghoff. Finnische Firmen haben Erfahrung in der Arbeit mit diesen Daten. Das bietet Möglichkeiten für Kooperation. 

Möglichkeiten zur Finanzierung internationaler Kooperationsprojekte bietet das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM). 2025 wird es erstmals seit 2021 wieder eine Ausschreibung für deutsch-finnische Forschungs- und Entwicklungsprojekte geben. 

Die Großen machen es vor

Wie eine deutsch-finnische Zusammenarbeit im Pharmabereich aussehen kann, macht Bayer vor. Das Unternehmen arbeitet unter anderem eng mit dem finnischen Kollegen Orion zusammen. Im Oktober 2024 reichte Bayer einen Antrag bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ein, um die Zulassung für eine dritte Indikation von Darolutamid, einem Krebsmedikament, zu erhalten. Dieses Produkt haben Bayer und Orion gemeinsam entwickelt. Das deutsche Pharmaunternehmen hat darüber hinaus zum Jahresende 2024 die Zusammenarbeit mit der finnischen Gen- und Gesundheitsdatenbank FinnGen aufgenommen. Letztere ist laut Bayer eines der größten Genforschungsprojekte der Welt. 

Finnland ist bereits ein guter Absatzmarkt für deutsche Pharmaunternehmen

Finnlands Pharmamarkt ist aber nicht nur interessant für an Forschung und Entwicklung interessierte Firmen. Auch als Absatzmarkt bietet das Land Möglichkeiten für deutsche Unternehmen. Das wird beim Blick auf die Liste der erstattungsfähigen Medikamente in Finnland deutlich (Information, wie Ihre Produkte auf die Liste kommen, erhalten Sie im Abschnitt Rahmenbedingungen). Sie enthält eine Reihe von Arzneimitteln deutscher Hersteller.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.