Special | Finnland | Start-ups
Finnlands Start-up-Szene wird immer internationaler
Viele finnische Start-ups sind in der Hauptstadtregion angesiedelt. Internationale Investoren engagieren sich immer stärker in Finnlands Ökosystem.
12.01.2023
Von Niklas Becker | Helsinki
Rund 12.000 Besucher aus der weltweiten Start-up-Szene kamen im November 2022 im Messezentrum der finnischen Hauptstadt Helsinki zur alljährlichen Slush zusammen. Das Start-up-Event gilt als eines der weltweit bedeutendsten. Unter den Teilnehmenden tummelten sich nach Angaben der Veranstalter 4.600 Start-ups und 2.600 Investoren. Laut Eerika Savolainen, CEO von Slush, sei das Event damit das weltweit größte Treffen von Risikokapitalinvestoren. Zu den prominentesten Gästen der diesjährigen Slush zählte Finnlands Premierministerin Sanna Marin.
Im Rahmen der von der Deutsch-Finnischen Handelskammer (AHK Finnland) organisierten German Pitching Stage waren über 90 deutsche Start-ups auf der Messe vertreten. Hinter 60 dieser Jungunternehmen stand die Digital Hub Initiative. "Unsere Start-ups heben immer wieder die hohe Zahl der qualitativ guten Gesprächskontakte hervor", berichtet Philipp Kövener, der für die Internationalisierung der Initiative zuständig ist.
Helsinki ist Start-up-Hotspot
Zu den Besuchern der Slush gehörten auch zahlreiche finnische Start-ups. Insgesamt zählte das nordische Land nach Angaben der staatlichen Wirtschaftsförderung Business Finland im November 2022 rund 4.000 Jungunternehmen. Die Hauptstadtregion ist der unbestrittene Hotspot der Szene. Mehr als die Hälfte der Start-ups des Landes sind hier angesiedelt.
Zu den wichtigsten Sektoren der finnischen Start-ups gehört traditionell der Bereich der Spieleentwicklung. Besonders stark sind die Jungunternehmen zudem im Bereich E-Health sowie auf den Gebieten künstliche Intelligenz, Big Data und Datenanalytik. Die Firmen profitieren unter anderem von der sehr guten digitalen Infrastruktur und hoch qualifizierten Arbeitskräften. So belegte Finnland im Desi-Index der Europäischen Kommission 2022 den 1. Platz. Der Index misst den Digitalisierungsgrad der Mitgliedstaaten.
Eine entscheidende Rolle für die gute Entwicklung des finnischen Start-up-Ökosystems spielen auch die Universitäten und ihre Offenheit für eine Zusammenarbeit mit Unternehmen. Finnlands technologiebegeisterte Bevölkerung macht es den heimischen Start-ups zudem einfacher, neue Produkte und Dienstleistungen zu testen und einzuführen. Auch die von Business Finland bereitgestellten Fördermittel für Start-ups wirken sich positiv aus.
Ausländische Investoren engagieren sich immer mehr
Finnlands Start-ups konnten in der jüngeren Vergangenheit immer höhere Investitionen von internationalen Risikokapitalinvestoren (VC-Investoren) einsammeln. Das zeigen Zahlen des Finnischen Verbands für Risikokapital (Pääomasijoittajat). Seit 2018 ist ein stetiger Anstieg der Investitionssummen von internationalen Geldgebern in finnische Start-ups erkennbar. Die Zahl der Start-ups, die diese Mittel erhalten, ist jedoch sehr konstant. Stattdessen sind die Volumen einzelner Investitionen deutlich gestiegen.
Teilweise ist die gestiegene Investitionssumme jedoch auf einzelne Unternehmen zurückzuführen. So erhielten die finnischen Start-ups 2021 insgesamt 553 Millionen Euro von ausländischen VC-Investoren. 440 Millionen Euro davon entfielen alleine auf eine Finanzierungsrunde des Lieferdienstes Wolt zum Jahresbeginn 2021.
Im November 2021 wurde das finnische Start-up an den US-Lieferkonzern Doordash verkauft. Wolt beziffert den Deal mit 7 Milliarden Euro. Der finnische Lieferdienst ist eines der mittlerweile sieben finnischen Unicorns.
Name | Branche |
---|---|
Aiven | Softwareentwickler |
Oura Health | Gesundheit |
Relex Solutions | Softwareentwickler |
Wolt | Lieferdienst |
HMD Global | Smartphone Hersteller |
Rovio | Spieleentwickler |
Supercell | Spieleentwickler |
Finnlands Risikokapitalfonds investieren zunehmend im Ausland
Auch der Großteil der finnischen Risikokapitalinvestoren stammt aus der Hauptstadtregion: 124 der insgesamt 184 VC-Investoren des Landes sind hier zu Hause. Wie Zahlen von Pääomasijoittajat zeigen, werden Finnlands VC-Fonds immer internationaler. Im 1. Halbjahr 2022 investierten sie insgesamt rund 228 Millionen Euro in Start-ups. Etwa jeder dritte Euro davon floss in ausländische Start-ups.
In den kommenden Jahren könnten die Investitionen finnischer VC-Fonds in ausländische Jungunternehmen weiter zunehmen. Eine gute Grundlage hierfür legten die Fonds bereits in den ersten sechs Monaten 2022. Zwischen Januar und Juni 2022 haben sie 327 Millionen Euro neue Mittel für künftige Investitionen eingesammelt. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2021 waren es 268 Millionen Euro.
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
Energie und Umwelt | Kostenloser Inkubator für Start-ups, die saubere und nachhaltige Lösungen für moderne Städte entwickeln. | |
Technik | Gemeinnütziger Inkubator für Menschen, die ein Tech-Start-up gründen oder einem bereits bestehenden beitreten wollen; gehört zur selben Organisation wie Slush, Maria 01 und Junction. | |
Gesundheitswesen, Biowissenschaften | Größter Health Hub in Finnland; organisiert Terkko Health X-Acceleratorenprogramme für Early-Stage-Teams; finanziert vom Universitätsklinikum HUS, der Universität Helsinki und dem Helsinki-Institut für Biowissenschaften. | |
Raumfahrttechnologie | Technische und finanzielle Unterstützung junger Unternehmen; finanziert von der Aalto-Universität in Espoo, Business Finland und der Europäischen Raumfahrtagentur. | |
Computerspiele | Inkubator-Programm für Frühphasen-Start-ups im Gaming-Bereich. |
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
Branchenübergreifend | Start-up-Campus; beherbergt Start-ups, Acceleratoren, Investoren, Unternehmen und Organisationen. | |
Branchenübergreifend | Start-up-Community; beherbergt u.a. Acceleratoren wie die European Space Agency und das Aalto Startup Center. | |
Branchenübergreifend | Unternehmergesellschaft der Universität Helsinki; Co-Working Space, Mentoring, Workshops, Bootcamps, Beschleunigerprogramme, Gemeinschaftsveranstaltungen und Diskussionen. Zielgruppe sind Akademiker. | |
Branchenübergreifend | Start-up-Accelerator und Innovationszentrum; Knotenpunkt für Ökosystempartner in der Region Tampere. | |
branchenübergreifend | Längerfristige Unterstützung und One-to-One-Coaching für Start-ups im Frühstadium; Accelerator-Team mit langer Erfahrung. | |
Energie | Accelerator-Programm, das sich aus einer Innovationsplattform entwickelt hat; unterstützt Start-ups in der Wachstumsphase und bei der Etablierung in der Branche. | |
Schiffbauindustrie | Bringt innovative Start-ups und etablierte Unternehmen zusammen, um die Zusammenarbeit zu beschleunigen. |