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Frankreichs Pharmaindustrie fällt zurück

Der französische Pharmamarkt zählt zu den weltweit größten. Eine strikte Preispolitik und komplexe Regulierungen aber machen Unternehmen das Leben schwer. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Markttrends

Im November 2023 hat der dänische Konzern Novo Nordisk angekündigt, 2,1 Milliarden Euro in seine Produktion in Chartres zu investieren. Der Konzern will in Zukunft die weltweit erfolgreichen Diabetes- und Abnehmmittel Ozempic und Wegovy auch in Frankreich herstellen. Der amerikanische Konkurrent von Novo Nordisk, Eli Lilly, baut sein Werk im Elsass für 160 Millionen Euro aus. Glaxo Smith Kline und Pfizer investieren in Forschungs- und Entwicklunsgvorhaben oder die Kapazitätserweiterung der Produktion. Auch Relokalisierungsprojekte unterschiedlichster Unternehmen sind in der Vorbereitung.

Die französische Regierung ist zufrieden. So hatte sie doch erst im Sommer 2023 eine Strategie zur Relokalisierung der Pharmaproduktion vorgestellt. Die Produktion der 50 gebräuchlichsten Medikamente will die Regierung ins Land zurückholen. Auch fördert Frankreich Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Pharmabereich im Rahmen des Innovationsplans France 2030 mit 7,5 Milliarden Euro. Die bereits sehr lebendige Start-up-Szene schiebt die Regierung ebenfalls weiter an. Ziel ist, Frankreich zur führenden Pharmanation Europas zu machen und die französische Souveränität im Arzneimittelbereich zu sichern.

Im Bereich Produktion ist Frankreich Mittelmaß

Im Bereich Produktion von Medikamenten aber liegt Frankreich nur im europäischen Mittelmaß. Laut Branchenverband Leem erreicht das Land bei der Herstellung von chemischen Wirkstoffen im Jahr 2022 zwar noch Rang 4 in Europa, liegt bei der Produktion von Generika aber auf Rang 7 und bei Biosimilars lediglich auf Rang 10. 

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Rexecode warnt, dass Frankreich noch weiter zurückfallen könnte. Seit 2000 verliert Frankreichs Pharmaindustrie innerhalb Europas und auf dem Weltmarkt kontinuierlich Marktanteile bei Exporten, Umsätzen und Wertschöpfung. 

Doch die Unternehmen der Branche sind investitionsmüde. Laut einer Umfrage des Branchenverbands Leem vom Juni 2023 halten es 77 Prozent der befragten Unternehmen für unwahrscheinlich, ihr Engagement in Forschung, Entwicklung und Produktion in den kommenden drei Jahren zu erhöhen. Grund dafür ist das schwierige Marktumfeld.

Pharmamarkt hat Entwicklungspotenzial

Frankreich ist nach Deutschland das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union und einer der größten Pharmamärkte der Welt. Eine alternde Bevölkerung benötigt zunehmend medizinische Unterstützung. Zivilisationskrankheiten wie Krebs-, Herz- und Kreislauferkrankungen oder Diabetes sind auf dem Vormarsch und lassen die Nachfrage nach Medikamenten steigen. 

Die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente werden zum überwiegenden Teil durch die allgemeine Krankenversicherung, einschließlich die für Angestellte verpflichtende Zusatzversicherung, übernommen. Eine private, staatliche und universitäre Forschungslandschaft auf Weltklasseniveau und bestens ausgebildete Arbeitskräfte bilden einen starken Unterbau für Forschung und Entwicklung. Die Regierung fördert Forschungsaktivitäten durch großzügige Steueranreize. 

Preispolitik und Überregulierung bremst Unternehmen

Prognosen von Marktforscher BMI Fitch Solutions zufolge werden die Pharmaumsätze bis 2027 lediglich ein aggregiertes jährliches Wachstum von 1 Prozent erreichen. Pharmaunternehmen beschreiben das wirtschaftliche Umfeld in Frankreich als schwer und zunehmend unattraktiv. 

Pharmahersteller leiden vor allem unter der strikten Preispolitik der Regierung. Die durch die Sozialversicherung gedeckelte Vergütung für Medikamente hält die Preise weit unter europäischem Durchschnitt und schränkt die Margen von Pharmaunternehmen drastisch ein. Deutsche Unternehmen berichten, dass sich ihre Fabriken in Frankreich im Wesentlichen nur deswegen tragen, weil ein Großteil der Produktion in den Export geht. 

Eine überlange Genehmigungsdauer für Medikamente in Frankreich belastet Entwickler innovativer Arzneimittel und Patienten. So vergehen laut dem EFPIA Patient Wait Indicator zwischen der EU-Erstzulassung und der Verfügbarkeit eines Medikaments in Frankreich 508 Tage, gegenüber 128 Tagen in Deutschland. Im Bereich Forschung und Entwicklung behindern, so der Leem, komplexe Regularien die Durchführung klinischer Studien.

Regierung will Forschung und Entwicklung stärken

Um die Entwicklung hochmoderner Medizin attraktiver zu machen, hat die Regierung angekündigt, die notorisch langsamen Zulassungsverfahren zu beschleunigen und die Preise für hochwertige innovative Medikamente anzuheben. Inwieweit hierfür aber angesichts stark angespannter Staatsfinanzen finanzielle Spielräume bestehen, bleibt abzuwarten. Umfang und Zahl der angekündigten Neuinvestitionen zeigen jedoch, dass französische und internationale Unternehmen Frankreich als Standort noch lange nicht verloren geben.  

 

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Pharmaindustrie in Frankreich
Akteur/Projekt

Investitionssumme (in  Mio. Euro)

ProjektstandAnmerkungen
Novo Nordisk

2.100 

Projektankündigung November 2023Ausbau der bestehenden Produktion in Chartres; Produktionslinien u.a. für Ozempic und Wegovy
Pfizer

500 

Ankündigung Mai 2023Investition in Grundlagenforschung und klinische Studien
GlaxoSmithKline

350  

Projektankündigung Oktober 2023; Fertigstellung geplant 2025Aufbau drei neuer Produktionsreihen im bestehenden Werk Evreux; Investitionen in Dekarbonisierung von Produktion und Produkten 
Eli Lilly

160

Projektankündigung Oktober 2023; Baubeginn Januar 2024Ausbau des bestehenden Werks in Fegersheim (Alsace); Verstärkung der Bioproduktion von Diabetesmedikamenten und Aufbau einer Produktionslinie für Mounjaro  (Diabetes/Adipositas) 
Sanofi

70

Projektankündigung Oktober 2023; Fertigstellung geplant 2026Dekarbonisierung der französischen Produktionsplattformen für chemische Wirkstoffe
EuroAPI

70

Projektankündigung Juni 2023Ausbau der Produktionskapazitäten für morphinhaltige Schmerzmittel
LFB Biomanufacturing

20

Projektankündigung Oktober 2023; Fertigstellung geplant 2026Ausbau der Produktionskapazitäten für therapeutische Proteine 
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Frankreich ist trotz aller Schwierigkeiten einer der größten Pharmaproduzenten der Welt und ein international bedeutender Forschungsstandort. Die rund 250 Pharmaunternehmen und 520 Biotech-Firmen beschäftigen 2023 knapp 100.000 Mitarbeiter. Wichtigstes französisches Unternehmen ist Sanofi. Der Konzern befindet sich in der Umstrukturierung will sich zukünftig auf die Entwicklung von Spezialmedikamenten und Impfstoffen konzentrieren. Auch deutsche Unternehmen sind in Frankreich stark vertreten. Bayer, Merck und Fresenius sind mit eigenen Werken im Land und produzieren für den heimischen Markt, vor allem aber für den Export.

Zudem entwickelt sich eine starke Start-up Szene, die von der Regierung durch die French Tech-Initiative gefördert wird. So will beispielsweise das Pariser Start-up Iktos mit seiner auf künstlicher Intelligenz basierenden Plattform die Entwicklung neuer Wirkstoffe beschleunigen und kooperiert hierfür mit Unternehmen wie Pfizer oder Merck.  

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