Wirtschaftsausblick | Frankreich
Konjunktur auf wackligen Füßen
Eine instabile Regierung, Sparzwänge und eine schwache Nachfrage aus dem Ausland belasten französische Unternehmen. Der Aufschwung verschiebt sich auf 2026.
28.11.2024
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Top-Thema: Frankreich stemmt sich gegen Mercosur
In seltener Einigkeit versucht nicht nur Präsident Macron, sondern das gesamte politische Spektrum des Landes, die anstehende Unterzeichnung des Mercosur-Freihandelsabkommens zu verhindern. Die politische Führung hat Sorge, dass es landesweit zu heftigen Protesten kommt, wenn das Abkommen durchgesetzt wird. Dabei dürften weite Bereiche der französischen Wirtschaft wie die Käse-, Wein und Spirituosen-, Pharma- und Luxusindustrie, aber auch die starke Luft- und Raumfahrtindustrie von Mercosur profitieren.
Sollte Frankreich das Mercosur-Abkommen, wie es zu erwarten ist, nicht stoppen können, steht zu befürchten, dass die Legitimation der EU in den Augen weiter Bereiche der Bevölkerung leidet. Auch das Ansehen Deutschlands, das in Frankreich als wichtigster Befürworter des Abkommens gilt, könnte Schaden nehmen.
Wirtschaftsentwicklung: Schwache Nachfrage bremst den Aufschwung
Frankreich erzielte im 3. Quartal 2024 auch in Folge der Olympischen Spiele ein Wirtschaftswachstum von real 0,4 Prozent. Für das 4. Quartal 2024 sehen die Aussichten jedoch gedämpfter aus. Eine schwache internationale Nachfrage und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher drücken die wirtschaftliche Entwicklung. Die Europäische Kommission erwartet daher für das Jahr 2025 eine nur geringe Steigerung der Wirtschaftsleistung von real 0,8 Prozent.
Insgesamt ist die Geschäftsstimmung in Frankreich schlecht. Im Oktober 2024 lag der Purchasing Managers' Index von S&P Global mit 44,5 Punkten den 21. Monat in Folge im Bereich der Kontraktion. Die instabile innenpolitische Lage sowie der massive Sparzwang, unter dem Frankreich steht, führt bei in- und ausländischen Unternehmen zu Verunsicherung. Unternehmen befürchten Steuererhöhungen oder die Absenkung von Förderungen. Rund 60 Milliarden Euro muss die Minderheitsregierung unter Premierminister Barnier allein 2025 einsparen. Bei ihren Sparversuchen aber trifft sie auf heftigen Widerstand.
Das Abflachen des Preisauftriebs sorgt trotz des schwierigen Wirtschaftsumfelds für leichte Entspannung. Der Zentralbank zufolge ist die Inflation von 5,7 Prozent im Jahr 2023 auf 2,5 Prozent in 2024 zurückgegangen. Für 2025 rechnet die Zentralbank mit 2,3 Prozent Inflation, was mittelfristig auf die Zinsen und damit die Finanzierungskosten durchschlagen wird.
Fabrikschließungen nehmen zu
Unternehmensinvestitionen werden nach Prognosen der Zentralbank 2024 um 0,7 Prozent einbrechen. Erst für das Jahr 2025 erwartet die Staatsbank wieder ein Anziehen der Investitionsquote. Unsichere Konjunkturaussichten und hohe Finanzierungskosten dämpfen die Investitionsbereitschaft von Unternehmen. Auch finanziell geraten Unternehmen an ihre Grenzen. Seit September 2024 nehmen Fabrikschließungen und Personalabbau landesweit zu. Vor allem die Automobilzulieferindustrie ist betroffen.
Diejenigen Firmen, die noch finanziellen Spielraum haben, investieren hingegen verstärkt in Energieeffizienz, Digitalisierung und in die Dekarbonisierung der Produktion. Dabei werden sie - noch - durch ein ehrgeiziges staatliches Reindustrialisierungs- und Dekarbonisierungsprogramm unterstützt. Zudem werden mit dem Konjunkturpaket France 2030 Investitionen in innovative oder für die Klimawende erforderliche Technologien angeschoben. Unternehmen fordern indes weitergehende Hilfsmaßnahmen, um gegenüber Produzenten in Asien oder den USA bestehen zu können. Angesichts der massiven Staatsverschuldung in Höhe von 112 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 2024 aber ist nicht einmal sicher, ob die bisherige Förderung beibehalten werden kann.
Verbraucher schieben Großanschaffungen auf
Die Konsumausgaben werden Prognosen der Banque de France zufolge 2024 mit real 0,6 Prozent nur verhalten steigen. Die abflauende Inflation und ein hoher Sparüberhang laut INSEE von 18 Prozent des verfügbaren Bruttoeinkommens aber legen den Grundstein für ein für 2025 erwartetes leichtes Anziehen des Konsums.
Die Privatinvestitionen hingegen gehen drastisch zurück. Für 2024 erwartet die Staatsbank hier einen Einbruch um 6,2 Prozent, für 2025 einen weiteren Rückgang von 1,2 Prozent. Erst für 2026 stellt sie Investitionszuwächse in Aussicht. Hohe Finanzierungskosten, vor allem aber die herrschende politische, wirtschaftliche und finanzielle Unsicherheit führen dazu, dass Verbraucher Großinvestitionen zurückstellen.
Der Außenhandel verzeichnet in den ersten drei Quartalen 2024 ebenfalls Rückgänge. Zwar sank Frankreichs Handelsdefizit in diesem Zeitraum um gut 21 Prozent auf 77 Milliarden Euro, getragen insbesondere durch den Rückgang der Einfuhren. Aber auch die Ausfuhren gehen um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Zwar ziehen die Exporte der Luftfahrtindustrie sowie von Parfüm und Kosmetika weiter an, jedoch schwächeln die Ausfuhren von Maschinen und Anlagen, landwirtschaftlichen und chemischen Produkten.
Deutsche Perspektive: Deutsche Technik muss sich lohnen
Für Frankreich ist Deutschland Handelspartner Nummer 1. Maschinen und Anlagen sowie chemische Erzeugnisse dominieren die deutschen Ausfuhren. Im Jahr 2023 lieferte Deutschland laut Destatis Waren im Wert von gut 120 Milliarden Euro nach Frankreich, 23 Prozent mehr als nach China. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 aber gingen deutsche Exporte nach Frankreich wertmäßig um 1,8 Prozent zurück. Dennoch belief sich der deutsche Handelsüberschuss in diesem Zeitraum auf 39 Milliarden Euro.
Die Bundesrepublik ist nach den USA der wichtigste Investor im Land. Deutsche Technologie und Anlagen sind in Frankreich hochgeschätzt. Gerade in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umwelttechnik können deutsche Unternehmen mit ihrem Know-how und hohen Qualitätsstandards punkten. Gegen günstigere Technologien setzen sich deutsche Anlagen und Ausrüstungen vor allem dann durch, wenn sie zu Kosteneinsparungen bei Produktion und Betrieb führen.
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