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Frankreich ruft zur KI-Aufholjagd auf
Frankreich treibt den Aufbruch in ein europäisches Zeitalter künstlicher Intelligenz (KI) voran. In den kommenden Jahren sollen 109 Milliarden Euro in die KI-Infrastruktur fließen.
14.03.2025
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Frankreich ist trotz härtester Konkurrenz aus den USA und China auf der KI-Weltkarte noch nicht abgeschrieben. Dies zeigen die Investitionsankündigungen, die Staatspräsident Emmanuel Macron im Februar 2025 auf dem KI-Gipfel in Paris vorstellte: Vor allem internationale Akteure wollen 109 Milliarden Euro in Frankreich in den Aufbau neuer Rechenzentren und die KI-Infrastruktur investieren.
Für genug Platz und auch Energie ist gesorgt. Landesweit stehen 35 schlüsselfertige Industrieflächen mit einer Größe zwischen 18 und 150 Hektar und Anschluss an die Energienetze laut Regierung bereit.
Die angekündigten Investitionen sollen in den Auf- und Ausbau der gesamten KI-Wertschöpfungskette fließen. Die Regierung plant, nicht nur bei Rechenzentren, sondern auch bei der Herstellung von Halbleitern und Chips und der Entwicklung von Super- und Quantenkalkulatoren zu amerikanischen und chinesischen Konkurrenten aufzuschließen.
Projektbezeichnung | Leistung | Unternehmen | Status | Investitionsvolumen |
---|---|---|---|---|
Rechenzentrum und KI-Forschungs- und Ausbildungszentrum | 1.000 MW | Vereinigte Arabische Emirate / MGX (Abu Dhabi) | Rahmenvereinbarung Februar 2025 | 30 - 50 |
Rechenzentren | 500 MW | Data4 / Brookfields (Kanada) | Projektankündigung Februar 2025 | 15 |
Dekarbonisierter KI-Supercomputer | 1.000 MW | Fluidstack (Vereinigtes Königreich) | Projektankündigung Februar 2025, Inbetriebnahme geplant 2026 | 10 |
Rechenzentren und KI-Infrastruktur | - | Amazon (US) | Projektankündigung Mai 2024; Investitionen laufend bis 2031 | 6 |
Ausbau KI-Infrastruktur (Datentransfer, Halbleiterspeicher, Energieerzeugung) | - | Data4 / Brookfields (Kanada) | Projektankündigung Februar 2025 | 5 |
Ausbau KI-Energieinfrastruktur | - | Apollo Global Management | Projektankündigung Februar 2025 | 5 |
KI-Fabrik / Rechenzentrum | 96 MW | Evroc (Schweden) | Projektankündigung Februar 2025; Inbetriebnahme 1. Phase geplant 2025 | 4 |
Rechenzentren und Rechenleistung |
| Iliad (Frankreich) | Projektankündigung Februar 2025 | 3 |
Modernste Umwelttechnologien für mehr Effizienz von Rechenzentren
Die angekündigten Investitionen in neue Rechenzentren sollen, fordert die staatliche Agentur für die ökologische Transformation ADEME, umweltverträglich erfolgen. Investoren in Rechenzentren werden Wege finden müssen, um den massiven Energie-, Wasser- und Ressourcenverbrauch der Großzentren einzuschränken. Dies erfordert von den Betreibern den Einsatz technologischer Lösungen in Bereichen wie Energie- und Wassereffizienz, Abwärmenutzung oder Recycling.
Frankreichs Forschungs- und Unternehmensszene für KI gut aufgestellt
Dass internationale Investoren sich in Richtung Frankreich orientieren, hat einen guten Grund. Mit neun forschungsstarken KI-Clustern und einer lebendigen Unternehmens- und Start-up-Szene bietet Frankreich für die internationale KI-Branche gute Entwicklungsmöglichkeiten.
Führend und international renommiert ist das Forschungscluster Paris-Saclay, das "französische Silicon Valley". In Paris-Saclay arbeiten Forscher von Weltrang, die Kooperation mit internationalen Branchengrößen wie Amazon oder Microsoft ist eng. Das World Economic Forum hat Paris-Saclay Ende Februar 2025 zum Standort des neuen "European Centre for AI Excellence (CAIE)" ernannt.
Der Großraum Grenoble hingegen ist Großcluster für die Halbleiter- und Chipindustrie. Die Region verfügt mit dem CEA-Leti nicht nur über ein Halbleiterforschungszentrum von Weltrang. Auch die Halbleiterkonzerne STMicroelectronics und Soitec haben ihre Produktionsstätten in der Region.
Mehr als 600 Start-ups konzentrieren sich auf KI-Entwicklungen
Institutionen wie French Tech unterstützen eine lebhafte KI-Szene an. Mehr als 600 Start-ups in Frankreich konzentrieren sich auf KI-Entwicklungen. Vor allem das Unternehmen Mistral AI sticht heraus: Das französische Scale-Up hat mit der Anwendung ChatPro eine französische Konkurrenz zu ChatGPT geschaffen und bringt diese auf den Markt. Seit Februar 2025 können Smartphonenutzer, die Mobilfunkverträge beim Telekomanbieter Free haben, ChatPro kostenlos auf ihren Smartphones nutzen.
Großkonzerne, insbesondere die in Frankreich starke Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungsindustrie, fördern die KI-Szene. Durch Kooperationen und finanzielle Förderung unterstützen sie Start-ups bei der Überführung von Ideen in die industrielle Nutzung. So investiert Airbus über seinen Fonds AirbusVentures in KI-Unternehmen wie Bifrost. Thales Alenia Space treibt über sein 2014 gegründetes Innovation Cluster die Kooperation mit Start-ups voran.
Frankreich und Europa mobilisieren Fördermittel
Frankreich unterstützt die Entwicklung der KI-Branche trotz einer angespannten finanziellen Haushaltslage strategisch und finanziell. Im Rahmen des Innovationsplans France 2030 stellt die Regierung bis 2030 knapp 2,5 Milliarden Euro an Anschubförderung für innovative Lösungen bereit.
Die Nationale Strategie zu künstlicher Intelligenz legt die Rahmenbedingungen und konkrete Förderziele fest. Die 2025 angekündigte dritte Etappe der Strategie sieht vor, KI in die Wirtschaft zu integrieren. Bislang hat KI in den französischen Unternehmen, vor allem in der industriellen Produktion, noch nicht Fuß gefasst. Laut Eurostat setzten in Frankreich im Jahr 2024 nur knapp 10 Prozent aller Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten überhaupt eine Form von KI im Geschäftsbetrieb ein, gegenüber knapp 20 Prozent in Deutschland und 13,5 Prozent im gesamten EU-Raum.
Die EU treibt die Entwicklung der europäischen KI-Szene ebenfalls voran. Im Februar 2025 hat die Europäische Kommission angekündigt, im Rahmen des Public-Private-Partnership "InvestAI" Investitionen in KI in Höhe von 200 Milliarden Euro zu mobilisieren. Insgesamt 150 Milliarden Euro werden durch einen Verbund von 70 europäischen Großunternehmen, die "EU AI Champions Initiative“, getragen. Industriegruppen wie Siemens, Airbus, L’Oreal oder Air Liquide, aber auch Unicorns wie Mistral AI oder Spotify haben sich dem Verbund angeschlossen. Die restlichen 50 Milliarden steuert die EU bei.