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Branchen | Frankreich | Wasserwirtschaft

Wasser wird zum knappen Gut

Frankreich droht ein Wasserproblem. Industrie und Landwirtschaft müssen Wasser sparen. Die Wiederverwendung von Nutzwasser steht noch in den Anfängen.  

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Frankreich leidet in immer regelmäßigeren Abständen unter andauernden Trockenperioden. Nach einem heißen und trockenen Sommer 2022 folgte zum Jahresbeginn 2023 eine bislang in ihren Ausmaßen noch nicht erlebte Winterdürre. Anfang März 2023 lagen 80 Prozent der Grundwasserstände des Landes der Wasserspiegel auf niedrigem bis sehr niedrigem Niveau. Damit ist bereits zu Jahresbeginn die sommerliche Wasserversorgung unsicher. 

In Zukunft muss sich das Land auf häufigere und länger andauernde Dürreperioden einrichten. Die Studie "Explore 70" des Umweltministeriums prognostiziert, dass die Niederschläge bis 2050 um 16 bis 23 Prozent zurückgehen und sich Niedrigwasserperioden um 30 bis 50 Prozent verschärfen. Zudem steigt die Gefahr von Unwettern mit Starkniederschlägen. Wasserknappheit und Unwetter dürften, so eine Analyse der Union Nationale des Industries et Entreprises de l'Eau (UIE) zwischen 2022 und 2050 zu jährlichen Kosten in Höhe von 3,1 Milliarden Euro für die Bewältigung von Dürre- und Unwetterschäden führen. 

Staatspräsident Emmanuel Macron hat den Erlass eines Wasserplans angekündigt und zu Wassereinsparungen aufgerufen. Der Wasserverbrauch von Landwirtschaft, Industrie und Bevölkerung soll dauerhaft und langfristig sinken. Aber auch die bislang in Frankreich kaum angewandte Wiederverwertung von Gebrauchtwasser soll stärkeres Gewicht bei der Wassernutzung bekommen. Zudem muss Frankreich gegen Wasserverluste aufgrund von Undichtigkeiten im Leitungsnetz vorgehen. 

Landwirtschaft stellt sich auf Dürreperioden ein

Die Landwirtschaft ist als wichtigster Wassernutzer am intensivsten von einem sich ändernden klimatischen Umfeld betroffen. Private und öffentliche Akteure aus dem landwirtschaftlichen Bereich haben 2022 vereinbart, die Landwirtschaft klima- und wasserfreundlicher umzubauen. Wasserverluste müssen eingedämmt und Wasser effizienter genutzt werden. Die Milchwirtschaft sowie der Wein- und Lavendelanbau sollen den Anfang bei der Entwicklung und Nutzung innovativer Lösungen machen. 

Die technischen Möglichkeiten für eine wassersparende Bewirtschaftung sind vielfältig. Digitale Anwendungen können in Verbindung mit Sensorik und vernetztem landwirtschaftlichen Gerät in Zukunft ein optimiertes Bewässerungsmanagement ermöglichen. Gerade im Weinbau werden vermehrt Drohnen zur Überwachung des Bewässerungsstatus der Bepflanzungen eingesetzt. Um die landwirtschaftlichen Betriebe beim wasserfreundlichen Umbau zu unterstützen, sieht der Investitions- und Innovationsplan France 2030 Förderungen in Höhe von 100 Millionen Euro vor. Auch für die Digitalisierung  sowie den klimafreundlichen Umbau der Landwirtschaft stellt der Plan Fördermittel zur Verfügung. 

Wasserintensive Industrien passen ihre Strategie an

Wasserintensive Industrien Unternehmen wie die Chemie-, Papier- oder Nahrungsmittelindustrie müssen sich ebenfalls auf verlängerte Trockenphasen einstellen. Großkonzerne wie der Wasserproduzent Volvic (Danone), der Chiphersteller STMicroelectronics oder l'Oreal haben Wassereinsparung und effizientere Wasserverwendung in ihr Geschäftsmodell integriert. Gerade bei kleineren Unternehmen aber findet das Problem erst langsam Eingang in Unternehmensstrategien. Mittelfristig sollen verbrauchsärmere Produktionsanlagen oder technische Lösungen für die Wiederverwertung von Nutzwassers den Gesamtwasserverbrauch absenken. Auch der Aufbau geschlossener Wasserkreisläufe für Kühlwasser kann den Bedarf an Frischwasser verringern. 

Wiederverwendung von Gebrauchtwasser steht noch in den Anfängen

Die Wiederverwendung von Gebrauchtwasser könnte dazu beitragen, den Druck auf die Wasserversorgung zu mildern. Bislang nutzt Frankreich lediglich 0,6 Prozent des Gebrauchtwassers. Italien hingegen hat eine Wiederverwendungsquote von 8 Prozent, Spanien von 14 Prozent. Schätzungen der Federation professionelles des entreprises de l'eau (FP2E) zufolge könnten bei zügigem Kapazitätsaufbau innerhalb von fünf Jahren 10 Prozent aller Nutzwasser für die Wiederverwendung aufbereitet werden. Damit stünden 500 Millionen Kubikmeter Wasser zur Verfügung, genug um theoretisch 15 bis 20 Prozent des Bedarfs der Landwirtschaft abzudecken.

Noch aber sind die Investitionskosten hoch und das regulative Umfeld komplex. Als Schutz vor Gesundheits- und Umweltschädigungen schränkt der französische Gesetzgeber die Wiederverwendung von aufbereitetem Wasser stark ein. Auch die Endverbraucher bleiben dem Einsatz von Gebrauchtwassern gegenüber misstrauisch. Dennoch bereiten sich Wassergroßkonzerne wie Veolia, Suez oder Saur auf eine steigende Nachfrage nach aufbereitetem Wasser gerade in der Industrie vor. 

Leitungsnetz muss repariert werden

Jeder fünfte ins französische Leitungsnetz eingespeiste Liter Trinkwasser versickert im Erdboden. Die Kontrolle und Instandhaltung des 956.000 km langen Netzes an Wasserleitungen aber ist schwierig und teuer. Die Union des Industries et Entreprises de l'Eau sieht einen jährlichen Investitionsbedarf in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Private und öffentliche Wasserunternehmen sind auf der Suche nach technologischen Möglichkeiten, die Instandhaltung und Reparatur der Leitungsnetze effizienter zu gestalten. Digitale Lösungen, Drohnen und innovative technische Prozesse sollen dabei helfen, den Arbeitsaufwand gering zu halten.          

Französische Konzerne beherrschen den Markt

Die Wasserbranche umfasst rund 5.000 Unternehmen und hat 2017 in Frankreich einen Jahresumsatz in Höhe von 5,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die international aufgestellten Wasserkonzerne Veolia, Suez und Saur beherrschen den Markt. Laut FP2E hatten die drei Branchengrößen 2017 in der Frischwasseraufbereitung zusammen einen Marktanteil von knapp 64 Prozent, im Bereich Abwasseraufbereitung waren es 53 Prozent. Ansonsten spielen private Akteure eine untergeordnete Rolle, gerade gegenüber Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft. Diese halten einen Marktanteil von 35 Prozent bei der Trinkwasseraufbereitung und 46 Prozent bei Abwässern.   


Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkung

Ministère de la Transition écologique

Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Energie

Union Nationale des Industries et Entreprises de l'Eau (UIE)

Verband der Wasserunternehmen

France Eau Publique

Verband für öffentliche Wasserunternehmen

Fédération professionelle des entreprises de l'eau (FP2E)

Verband für Wasserwirtschaftsunternehmen

Pollutec

Messe für Kreislaufwirtschaft und Umwelttechnologien, 10. - 23.10.2023, Lyon



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