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Georgiens Energiesektor steht unter Strom

Georgien will seine Elektrizitätserzeugung bis 2033 verdoppeln und die Stromnetze länderübergreifend ausbauen. Wichtigste Energiequelle ist Wasserkraft.

Von Katrin Kossorz, Uwe Strohbach | Bonn, Tiflis

Das kleine Südkaukasusland Georgien deckt bereits heute drei Viertel seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien. Um das enorme Potenzial zur Stromerzeugung, vor allem aus Wasserkraft, weiter zu heben, will das Land bis 2026 bis zu 3 Milliarden US-Dollar (US$) in den Ausbau seiner Kapazitäten investieren. 

Als Voraussetzung für eine landesweite Übertragung sowie für den Stromhandel mit Nachbarstaaten saniert und erweitert Georgien seine Hochspannungssysteme. Bis 2030 steckt das Land 800 Millionen Euro in seine Übertragungsnetze. 

Das Großprojekt "Unterseekabel durch das Schwarze Meer" soll Georgiens Stromnetz an das europäische binden. Gleichzeitig birgt das Vorhaben Potenzial, den georgischen Strommarkt weiter mit dem europäischen zu harmonisieren.   

  • Georgien will Stromerzeugung bis 2033 verdoppeln

    Das Südkaukasusland passt seine Stromgesetzgebung an EU-Richtlinien an. Am 1. Juli 2024 soll die Strombörse Genex starten.

    Georgiens Pläne sind ehrgeizig, zumal der Ausbau der Branche lange Zeit stockte. Sie war sehr stark reguliert und die Energiegesetzgebung wenig ausgereift. Zudem bremsten unzureichende Absprachen mit potenziellen Investoren und offene Umweltfragen.

    Massiver Ausbau der Stromerzeugung geplant

    Bis 2033 soll es in Georgien technisch möglich werden, 9.458 Megawatt Strom zu produzieren, so der Entwicklungsplan der Regierung und der staatlichen Stromübertragungsgesellschaft JSC Georgian State Electrosystem (GSE). Das wäre fast eine Verdoppelung. Die aktuellen Kapazitäten zur Energieerzeugung belaufen sich auf 4.586 Megawatt. 

    Im Zieljahr 2033 will Georgien dann 33,7 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen. Rund 14,2 Milliarden Kilowattstunden waren es noch im Jahr 2022. Strom wird in dem bergigen, wasserreichen Land im Südkaukasus hauptsächlich aus Wasserkraft produziert. Die gibt es reichlich, sodass, abgesehen von den Trockenmonaten, Georgien Energie sogar in seine Anrainerstaaten exportieren kann.

    Entwicklung der Energiebilanz Georgiens in Millionen Kilowattstunden
     

    2020

    2021

    2022

    2023 1)

    Stromerzeugung

    11.160

    12.645

    14.247

    7.060

     Wasserkraftwerke

    8.248

    10.182

    10.771

    5.337

      saisonale Wasserkraftwerke 2)

    4.169

    4.864

    5.113

    3.040

     Wärmekraftwerke (vorwiegend zur Stromversorgung im Winter)

    2.821

    2.380

    3.388

    1.680

     Windkraftwerk Kartli (21 MW)

    91

    83

    88

    43

    Nettoimporte (Bezugsländer: Armenien, Aserbaidschan, Russland, Türkei)

    1.456

    1.615

    562

    -156

    Transit

    102

    1.184

    3.160

    1.498

    Verluste/Eigenverbrauch (Erzeugung), Übertragungsverluste

    238

    237

    642

    146

    Übertragungsverluste

    242

    293

    367

    190

    Nettoverbrauch

    12.136

    13.730

    14.167

    6.568

    Gesamtverbrauch

    12.616

    14.260

    14.809

    6.904

    1 1. Halbjahr; 2 zur Deckung von Stromdefiziten in den Monaten Januar bis April und September bis DezemberQuelle: Strommarktbetreiber ESCO 2023

     

    Bis zum Jahr 2028 sollen Georgiens Energieexporte auf fast 10 Milliarden Kilowattstunden emporschnellen. Ein weiterer Anstieg um 3 Milliarden Kilowattstunden ist darüber hinaus in den fünf Folgejahren geplant.

    Zuständig für die Erschließung neuer Energiekapazitäten und Suche potenzieller Investoren ist der Georgische Energieentwicklungsfonds, der dem Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung untersteht. 

    Georgiens Stromwirtschaft - Ausbauziele bis 2033
    • Georgiens Strombedarf wird in den nächsten zehn Jahren um schätzungsweise gut zwei Fünftel anwachsen.
    • Auch wenn das Land saisonweise Strom exportiert, ist es im Winter auf Importe angewiesen. 2017 bis 2021 war Georgien Netto-Stromimporteur. Der Druck wird größer, die Abhängigkeit von Stromlieferungen aus dem Ausland zu mindern. 
    • Georgien strebt an, weitaus mehr Strom zu exportieren, darunter auch in EU-Länder.
    • Das Südkaukasusland ringt darum, sich als regionaler und internationaler Strom- und Stromtransit-Hub zu etablieren. 
    • Die Rahmenbedingungen für Investitionen in die Energiewirtschaft haben sich in Georgien deutlich verbessert und sollen weiter optimiert werden.
    Quelle: Entwicklungsplan der Regierung und der staatlichen Stromübertragungsgesellschaft JSC Georgian State Electrosystem (GSE)

    Georgien harmonisiert Strommarkt weiter mit EU-Gesetzgebung

    Das kleine Land im Südkaukasus mit etwa 3,7 Millionen Einwohnern leitete Schritte für die Liberalisierung und Deregulierung seines Strommarktes ein. Die Abschaffung der Anschlussgebühren an das Übertragungsnetz, die Aufhebung der Exportgenehmigungspflicht und weitreichende Mehrwertsteuerbefreiungen stärken den Sektor. So konnten viele Modernisierungs- und Ausbauprojekte auf den Weg gebracht werden.

    Inzwischen hat Georgien seinen Strommarkt in vielen Bereichen an die EU-Energiegesetzgebung angepasst.

    Dem voraus gegangen waren:

    • Georgiens Beitritt zur Europäischen Energiegemeinschaft als vollwertiges Mitglied im Juli 2017,
    • ein 2019 in Kraft getretenes neues Energiegesetz,
    • die Resolution Nr. 403 vom 2. Juli 2020 zur Förderung Erneuerbarer; die Zahlung einer Marktprämie für erneuerbare Energieanlagen (Wasser-, Wind- und Solarenergie) mit einer installierten Leistung von mehr als 5 Megawatt, 
    • ein Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien und
    • ein Konzept für den Strommarkt.

    Georgien zielt auf einen Strommarkt, der auf Markt- und Wettbewerbsprinzipien basiert und an das EU-Regelwerk angepasst ist.

    Nächste Etappen für den Übergang sind:

    • die weitere schrittweise Öffnung des Strommarktes für verschiedene Verbrauchergruppen,
    • marktkonforme Groß- und Einzelhandelspreise für Strom und
    • die Implementierung der REMIT-Regelungen der EU (Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandels) in die nationale Gesetzgebung.

    Organisierter Strommarkt soll Anfang Juli 2024 starten

    Aktuell werden die Strompreise noch staatlich geregelt. Die Vorbereitungen für einen organisierten Strommarkt sind aber getroffen: Am 1. Juli 2024 soll der Startschuss für die georgische Strombörse Genex erfolgen. Dort sollen tägliche Strom-Auktionen (Day-Ahead-Markt und Intraday-Markt) erfolgen und bilaterale Stromgeschäfte über einen außerbörslichen OTC-Handel abgewickelt werden.

    Allerdings wurde die Einführung des organisierten Stromhandels schon mehrere Male verschoben. Georgien befürchtete, dass sich globale Strompreisunsicherheiten negativ auf den nationalen Markt auswirken könnten. Zudem verzögerten sich die Vorbereitungen.

    Erste Ausschreibung für Ökostrom mit 26 Gewinnern

    Anfang Juli 2023 gab die georgische Regierung die 26 Gewinner der ersten Auktion für Ökostromprojekte bekannt. Der Projektwert beträgt circa 2 Milliarden US-Dollar (US$). Die ausgeschriebene Gesamtkapazität in Höhe von 300 Megawatt wurde mit 78 Geboten über 900 Megawatt mehrfach überzeichnet. Die durchschnittlichen Bieterpreise erreichten 5 bis 6 Cent/Kilowattstunde. Weitere Ausschreibungen über insgesamt 1.200 Megawatt sind in naher Zukunft geplant.

     

    Ergebnisse der Ökostromauktion von Anfang Juli 2023
    Kennziffer

    Projekte, insgesamt

    Wasserkraft

    Fotovoltaik

    Windkraft

    Anzahl der Projekte

    26

    14

    10

    2

    Gesamtkapazität (in MW) 

    296

    149

    70

    77

    Maximaler Tarif (Cent/kWh)

    6,85

    6,90

    5,85

    6,00

    Minimaler Tarif (Cent/kWh)

    5,30

    5,90

    5,30

    5,80

    Quelle: Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens 2023
     

    Anteil der Erneuerbaren am Strommix gehört zur Weltspitze

    Die Entwicklung von Projekten für erneuerbare Energien in Georgien basiert auf dem Gesetz über öffentlich-private Partnerschaften (PPP) und der Resolution Nr. 515 der georgischen Regierung (Oktober 2018).

    Georgiens Anteil erneuerbarer Energien an der Energieproduktion gehört heute zu den höchsten der Welt. Er erreicht aufgrund des großen Wasserkraftpotenzials mehr als drei Viertel. Fast die gesamte georgische Ökostromproduktion entfällt auf die Wasserkraft. Die verbleibende Stromerzeugung stammt aus Wärmekraftwerken und einem kleinem Windkraftwerk.

    Von Uwe Strohbach, Katrin Kossorz | Tiflis, Bonn

  • Große Wasserkraftprojekte Khudoni und Namakhvani wiederbelebt

    Georgien will bis 2026 bis zu 3 Milliarden US-Dollar in neue Stromkapazitäten stecken, vorwiegend in Wasserkraft und bisher brachliegendes Potenzial anderer Erneuerbarer.

    Das Südkaukasusland will seine Kapazitäten zur Stromerzeugung bis 2033 verdoppelten. Schon heute machen Erneuerbare etwas mehr als drei Viertel seiner Energieproduktion aus. Wasserkraft ist nahezu die alleinige Quelle.

    Fokus auf Wasserkraft und anderen Erneuerbaren

    Auch künftig setzt das Land auf Hydroenergie und wiederbelebt ins Stocken geratene Großprojekte. Darunter sind die Kraftwerke Khudoni/702 Megawatt und Namakhvani/433 Megawatt. Zahlreiche neue Projekte befinden sich in unterschiedlichen Phasen: Erstellung vorläufiger oder finaler Gutachten, Vorprojektstudien, Planung, Design oder Projektierung. Massive Unterstützung kommt von internationalen Gebern, darunter von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

    Geplanter Ausbau der Stromerzeugung in Georgien bis 2033 (in Megawatt)


     

    2023 *)

    2033

    Geplanter Zuwachs 

    Kapazitäten, insgesamt

    4.586

    9.848

    5.262

     Wasserkraftwerke 

    3.376 (111)

    7.235

    3.859

     Kombi-und Kohlekraftwerke 

    1.079 (6)

    1.479

    400

     Gasturbinenkraftwerk

    110 (1)

    110

    0

     Windpark

    21 (1)

    850

    829

     Fotovoltaikparks

    0

    174

    174

    * Angabe in Klammern: Anzahl der Kraftwerke Quelle: georgische Regierung, Georgian State Electrosystem 2023

    In Georgien winken rund 170 aussichtsreiche und potenzielle Projekte neuer Wasserkraftwerke, so die Stromübertragungsgesellschaft Georgian State Electrosystem (GSE). Diese versprechen eine installierte Kapazität von rund 3.860 Megawatt und eine jahresdurchschnittliche Stromerzeugung von 15,6 Milliarden Kilowattstunden Strom. Unter den Vorhaben sind sechs große Wasserkraftwerke mit einer installierten Kapazität von jeweils mehr als 100 Megawatt.

    Das kleine Land im Südkaukasusland verfügt über große Wasserkraftressourcen. Auf deren Grundlage entstanden im Zeitraum 2013 bis 2022 für 1,4 Milliarden US-Dollar (US$) 50 neue Wasserkraftwerke. Diese verfügen über eine installierte Gesamtkapazität von 723 Megawatt, weit weniger als ursprünglich geplant.

    Bedeutendste Wasserkraftwerke in Georgien (Stand: 1. Januar 2023)

    Kraftwerk

    Installierte Kapazität (in MW) 

    Zeitpunkt der Inbetriebnahme 

    Enguri HPP

    1.300,0

    1978

    Vardni 1 HPP

    220,0

    1971

    Vartsikhe HPP

    184,0

    1976 – 1977

    Shuakhevi HPP

    178,7

    2017

    Jinvali HPP

    130,0

    1984

    Lajanuri HPP

    113,7

    1960 

    Khrami 1 HPP

    113,5

    1947

    Khrami 2 HPP

    110,0

    1963

    Dariali HPP

    108,0

    2016

    Paravani HPP 

    87,0

    2014

    Quelle: Georgian State Electrosystem 2023

    Neue Machbarkeitsstudie für Großprojekt Wasserkraftwerk Khudoni 

    Das Wasserkraftwerk Khudoni/702 Megawatt soll am Fluss Enguri in Oberswanetien als zweitgrößtes Wasserkraftwerk des Landes errichtet werden. Der ursprüngliche Projektenwickler, die britisch-indische Trans Electrica, zog sich Ende 2022 aus dem Projekt zurück. Die georgische Regierung zahlte 13,5 Millionen US$ Kompensationen an den Investor und treibt das Projekt mit neuen Planungen voran. Eine wiederholte Machbarkeitsstudie Anfang 2023 prüfte einen neuen Standort, der die Überflutung des Dorfes Khaishi verhindern soll.  

    Neuer Investor für gestopptes Großprojekt Namakhvani gesucht 

    Der Bau des Kraftwerks Namakhvani am Fluss Rioni in West Georgien wurde 2022 aufgrund massiver Proteste, vor allem aus Umweltgründen, gestoppt. Genehmigungen, inklusiver ökologischer, sind allerdings noch gültig. Ursprünglich wollte die türkische Firma Enka das Projekt errichten und betreiben, das 12 Prozent von Georgiens Stromverbrauch abdecken sollte. Sie zog sich im September 2022 aus dem Projekt zurück. Der Ausgang der Verhandlungen zwischen zwischen Enka und der georgischen Regierung über Kompensationen ist noch offen. 

    Die georgische Regierung hält an dem Projekt fest und sucht einen neuen Investor. Dabei will sie ihren Finanzierungsanteil ausweiten. Im Zeitraum 2024 bis 2030 sollen dabei zwei Wasserkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 433 Megawatt errichtet werden: Das Untere Namakhvani WKK (333 Megawatt) und das Obere Namakhvani WKK (100 Megawatt). Das Projekt soll ausländische Investitionen im Umfang von 800 Millionen Euro anziehen und 1.800 neue Arbeitsplätzen schaffen. 

     

    Wasserressourcen sind Georgiens Trumpf
    Georgiens natürlichen Reichtum prägen hauptsächlich seine Wasserressourcen. Das Land durchfließen 26.060 Flüsse mit einer Gesamtlänge von circa 60.000 Kilometern. Wasserläufe von jeweils 25 Kilometern erstrecken sich über ein Gesamtnetz von mehr als 50.000 Kilometern. Die Flusswasserressourcen des Landes betragen 65 Kubikkilometer. Darunter erreicht der mittlere jährliche Flussabfluss vom eigenen Gebiet 56,4 Kubikkilometer und der Abfluss von Flüssen, die außerhalb des Landes in Armenien und in der Türkei liegen, 8,8 Kubikkilometer.

    Das theoretische Energieaufkommen an Oberflächenzuflüssen beträgt 228,5 Milliarden Kilowattstunden. Von allen Flüssen im Land sind etwa 300 für die Stromerzeugung geeignet. Die Autoren des "Nationalen Aktionsplans für erneuerbare Energien" geben das Wasserkraftpotenzial im Land insgesamt mit 15.000 Megawatt und das Gesamtpotenzial für die jährliche Stromerzeugung mit 50 Terawattstunden an.
     

    KfW will bei Grünen Wasserstoff unterstützen

    Zudem sind weitere kleinere Wasserkraftwerke, neue Windkraftwerke mit einer Kapazität von 900 Megawatt und neue Fotovoltaikanlagen/200 Megawatt geplant. Aktuell gibt es in dem Südkaukasusland einen 21-Megawatt-Windpark. Die Firma Masdar will ein 96-Megawatt-Solarkraftwerk errichten. 

    Die KfW will Georgiens erstes Grüne-Wasserstoffprojekt mit 1,3 Millionen Euro unterstützen. Sie unterzeichnete dafür eine Absichtserklärung mit der Georgischen Öl- und Gasgesellschaft (GPOC). 

    Investor für neues Kombikraftwerk gesucht

    Auch wenn sich Georgien mit Energie autark versorgt, stellen die geringen Wasserstände im Winter eine Hürde dar. Dieses kurzfristige Energiedefizit führte zur Errichtung von Gaskraftwerken.  

    Auf Hochtouren wird der Bau des künftig größten und effizientesten georgischen Kombikraftwerks Gardabani-3 vorbereitet. Es soll über eine Kapazität von 350 bis 430 Megawatt verfügen. Der bisherige Projekteigentümer, die staatliche Gesellschaft Georgian Oil and Gas Corporation JSC, sucht einen Käufer für die Tochtergesellschaft Gardabani TPP 3 LLC und einen Investor für das geplante Projekt. Die Frist zur Angebotsabgabe wurde zum dritten Mal, jetzt bis zum 15. Januar 2024, verlängert. Das Kombikraftwerk soll bis Ende 2027 errichtet sein. 

    Von Uwe Strohbach, Katrin Kossorz | Tiflis, Bonn

  • Bis 2030 steckt Georgien 800 Millionen Euro in Stromnetze

    Die staatliche Stromübertragungsgesellschaft Georgian State Electrosystem (GSE)  investiert in 16 Projekte: in Hochspannungsnetze und in ein Unterseekabel nach Europa. 

    Die vorgesehenen Mittel fließen vorrangig in den Ausbau der Interkonnektoren mit den Nachbarstaaten. So soll eine adäquate Infrastruktur für die anvisierte Ausweitung der Stromexporte und -transite geschaffen werden. 

    Hochspannungsnetz wird erweitert und modernisiert

    Das Südkaukasusland plant, 1.400 Kilometer Hochspannungsnetze zu verlegen und zu modernisieren. Bestandsleitungen werden dabei auf Doppelfreileitungen erweitert. Zielmarge im Jahr 20233 ist eine installierte Gesamtkapazität von 5.000 Megavoltampere. 

    Hinzukommen Machbarkeitsstudien für zwei Prioritätsprojekte: 

    1. ein Unterwasserkabel durch das Schwarze Meer bis nach Rumänien und 
    2. eine leistungsfähige Transitinfrastruktur auf der Trasse Georgien-Russland-Aserbaidschan.
    Geplante Kapazität der synchronen Gross-Border-Übertragungsnetze im Jahr 2033

    Richtung

    Kapazität (in MW)

    Aserbaidschan

    2.000

    Russland

    1.600

    Türkei

    1.400

    Armenien

    700

    Quelle: JSC State Electrosystem 2023

    Ausbau der Netzes Georgien-Türkei 

    Georgiens Stromnetz ist nicht direkt mit den EU-Mitgliedstaaten verbunden. Es ist mit den Stromnetzen Russlands und Aserbaidschans synchronisiert. Strom wird entweder exportiert oder je nach Jahreszeit von Georgiens Nachbarn, einschließlich der Türkei, importiert.

    Georgien ringt vor allem darum, den regionalen Stromhandel auszubauen. Dabei hat die energetische Infrastruktur auf der Achse Georgien–Türkei oberste Priorität. Europäische Banken, wie die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau und Entwicklung (KfW), unterstützen.

    Das Gesamtvorhaben umfasst:

    • eine 104 Kilometer lange 500-Kilovolt-Stromleitung zwischen Tskaltubo und Akhaltsikhe,
    • eine 34 Kilometer lange 400-Kilovolt-Leitung zwischen Akhaltsikhe und Tortum und
    • die Modernisierung und den Bau von Umspannstationen.

    Unterseekabel durch das Schwarze in die EU geplant

    Unter Einbindung Aserbaidschans wollen Georgien und die Europäische Union eine enge Energiepartnerschaft in der Ökosparte anberaumen. Ende 2022 unterzeichneten Aserbaidschan, Georgien, Rumänien und Ungarn ein entsprechendes Abkommen. Es sieht die Verlegung eines Unterseekabels durch das Schwarze Meer vor. Die EU will sich mit 2,3 Milliarden Euro am Projekt beteiligen. Georgien beantragte bei der Weltbankgruppe (IBRD) zur Projektentwicklung ein Darlehen über 25 Millionen Euro. Allerdings dürfte der Investitionsbedarf mit geschätzten 2 Milliarden Euro weitaus höher sein. 

    Ein 1.195 Kilometer langes Kabel soll über eine Distanz von 1.100 Kilometern durch den Meeresgrund verlegt werden. Geplanter Streckenverlauf ist vom 500-Kilovolt-Umspannwerk Jvari in Westgeorgien über die unweit entfernte Küstenstadt Anaklia (neues 500-Kilovolt-Umspannwerk) bis in das rumänische Constanta. Geplant ist eine Hochspannung-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Die bisherigen Projektdaten sehen eine Spannung von 500 Kilovolt und eine Kapazität von mindestens 1.000 Megawatt vor.

    Abgesehen von hohen Kosten bestehen für den aktuellen Streckenverlauf Sicherheitsbedenken: Das Unterseekabel würde innerhalb der relativen Reichweite der von Russland kontrollierten Halbinsel Krim verlaufen. So könnten Stakeholder andere Alternativen prüfen. 

    Machbarkeitsstudie soll Anfang 2024 erste Ergebnisse liefern

    Der Übertragungsnetzbetreiber JSC Georgian State Electrosystem (GSE ) hat das italienische Beratungsunternehmen CESI beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Sie soll bis Ende 2023/Anfang 2024 fertiggestellt werden. Danach dürften erste geophysische und technische Untersuchungen und Studien folgen. Zudem sind viele rechtliche und finanzielle Fragen zu klären. Sollte das anspruchsvolle Projekt umzusetzen sein, erscheint es unwahrscheinlich, dass die Leitung vor 2030 in Betrieb genommen werden kann, so das georgische Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung.

    Stromverteiler setzen mittelfristige Investitionsprogramme um

    Die Stromverteilergesellschaften Energo-Pro Georgia und Telasi sind die beiden großen Player der Branche. Sie investieren alljährlich in Verteilertrassen, Transformatorenstationen, neue Kundenanschlüsse, IT-Projekte sowie in Überwachungs- und Steuerungslösungen für ihre Verteilernetze.

    Energo-Pro ist größter georgischer Stromverteiler 

    Die größte georgische Stromverteilungsgesellschaft Energo-Pro Georgia befindet sich im Besitz des tschechischen Energieunternehmens Energo-Pro a.s. mit Sitz im ostböhmischen Svitavy. 

    Für das Geschäftsjahr 2022 wies das Unternehmen nach eigenen Angaben einen Nettogewinn von 228 Millionen Georgischen Lari (GEL/circa 78 Millionen US-Dollar/US$) aus. Nicht einbezogen waren dabei die Belieferung beziehungsweise Durchleitung von Strom an Direktkunden. Energo-Pro a.s. versorgte 2022 rund 1,2 Millionen natürliche und juristische Personen außerhalb der georgischen Hauptstadt mit 4,4 Milliarden Kilowattstunden Strom.

    Telasi versorgt Hauptstadt Tiflis 

    Das Stromnetz sowie die Verteilung und der Absatz von Strom in der Landesmetropole Tiflis liegen im Kompetenzbereich der Verteilergesellschaft Telasi. Sie befindet sich mehrheitlich im Besitz des russischen Unternehmens Inter RAO (via Silk Roads Holdings B.V.).

    Der Geschäftsbericht für 2022 weist einen Nettogewinn von rund 79 Millionen GEL (etwa 27 Millionen US$) aus. Die Gesellschaft versorgte im 1. Halbjahr 2023 fast 740.000 natürliche und juristische Kunden mit Strom. Das Liefervolumen betrug 1,7 Milliarden Kilowattstunden Strom (Gesamtjahr 2022: 3,0 Milliarden Kilowattstunden).

     

    Von Uwe Strohbach | Tiflis

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