Das Gesetz über erneuerbare Energien regelt den Markt für grünen Strom. Die wichtigsten Teilnehmer sind staatlich. Trotz verbesserter Bedingungen bleiben Risiken bestehen.
Bereits seit 2009 besteht das Gesetz „über die Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien“, welches seitdem fortlaufend aktualisiert wird. Ziel ist es, die Kohleverstromung zugunsten von alternativen Energiequellen zu senken. Kasachstan will damit nicht nur seinen internationalen Verpflichtungen, beispielsweise im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens, nachkommen. Die Regierung ist auch darum bemüht, die Bevölkerung weniger Treibhausgasen auszusetzen. Besonders der Energiesektor sorgt für schlechte Luft und ist daher Stellschraube Nummer eins bei der Dekarbonisierung in Kasachstan.
Energiesicherheit first, Dekarbonisierung second
In Kasachstan gibt es rund ein halbes Dutzend Dokumente, die sich mit der Energieversorgung, Dekarbonisierung und Förderung von grünem Strom befassen. Sie haben verschiedene Schwerpunkte und Laufzeiten, weshalb es zuweilen schwerfällt, einen Überblick zu behalten. Wichtige Kennziffern bis 2030 sind:
- das drohende Defizit von 6 Gigawatt (Heizsaison 2024/2025: 1 Gigawatt Defizit),
- der anvisierte Ausbau von Erneuerbaren-Anlagen im Umfang von etwa 5 Gigawatt, um das Defizit zu verhindern,
- 15 Prozent Anteil von grünem Strom, die aus dem Zubau resultieren.
Zum 1. Januar 2025 waren im Land 233 Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von etwa 25,3 Gigawatt installiert, so die Zahlen von KEGOC. Die meisten sind Kohlekraftwerke, Erneuerbare-Energie-Anlagen standen für rund 3 Gigawatt. Beim Branchenprimus, der staatlichen Samruk Energy, sind regenerative Energieträger unterrepräsentiert. Aufgrund des politischen Bekenntnisses zu grünen Energien, ist hier mit einer Aufholjagd zu rechnen.
Schwerpunkte werden die Jahre 2028 und 2029 sein, wie in der aktuellen Unternehmensstrategie bis 2033 geschrieben steht. Insgesamt plant das Unternehmen, seine Kapazitäten in diesem Zeitraum um 15,6 Gigawatt zu erweitern und seine Erzeugungsbilanz dabei an den Landesdurchschnitt anzupassen. Neben den großflächigen Windparks (4 Gigawatt) in Kooperation mit internationalen Großinvestoren sind auch Solarparks und mehrere Wasserkraftprojekte geplant.
Die Hälfte der neuen Kapazitäten entfällt auf fossile Energieträger wie Kohle, die aufgrund ihrer günstigen Verfügbarkeit mittelfristig weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden. Neben Modernisierungs- und Instandsetzunsprojekten sind mehrere neue Heizkraftwerke mit einer installierten Leistung von 4,7 Gigawatt geplant. Zur Deckung von Spitzenlasten will Samruk Energy im Süden des Landes zwei flexible, gasbetriebene Kombikraftwerke mit einer Kapazität von 2,1 Gigawatt errichten. Konventionelle Energieträger gelten in Kasachstan weiterhin als unabdingbar für die Energiesicherheit und Netzstabilität.
Handvoll Akteure kennzeichnet kasachischen Strommarkt
Neben den Erzeugern gibt es drei Organisationen, die ein Funktionieren des Strommarktes gewährleisten. Einer davon ist der Netzbetreiber Kazakhstan Electricity Grid Operating Company (KEGOC), der den Strom überträgt und verteilt. KEGOC stellt die Netzstabilität sicher und interagiert auch mit den Energiesystemen der Nachbarländer. Die Kazakhstan Operator of the Electric Energy and Capacity Market (KOREM) organisiert den Handel mit Elektrizität und führt Auktionen für neue Kraftwerksprojekte durch. Das Financial Settlement Center for the Support of Renewable Energy Sources (RFC) wurde vom Energieministerium gegründet und kauft seit dem 1. Juli 2023 Strom von allen Erzeugern zu festen Preisen.
Mehrere Fördermechanismen für erneuerbare Energien
Mit der Gründung des RFC hat die Regierung einen Ausgleichsmarkt für Elektrizität geschaffen. Dieser erleichtert die Integration erneuerbarer Energien in Kasachstan, denn durch den Mechanismus eines einzigen Stromkäufers wird der gesamte Strombedarf zentralisiert gedeckt. Dadurch können Ungleichgewichte zwischen Stromerzeugung und -verbrauch in Echtzeit ausgeglichen werden. Wenn beispielsweise die Produktion von Solar- oder Windenergie aufgrund von Wetterbedingungen schwankt, kann der Ausgleichsmarkt schnell reagieren und die benötigte Energie aus anderen Quellen beziehen oder überschüssige Energie speichern, sofern Stromspeicher vorhanden sind. Zudem bietet der Ausgleichsmarkt finanzielle Anreize für die Erzeuger erneuerbarer Energien, indem er ihnen eine stabile Einnahmequelle sichert.
Weitere staatliche Maßnahmen zur Unterstützung Erneuerbarer sind eine prioritäre Einspeisung von Grünstrom, ein Recht auf Netzanschluss sowie die Befreiung von Stromübertragungsgebühren. Zudem bestehen bei Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken Präferenzbedingungen. Der Staat befreit Investoren von Importzöllen, von der Mehrwertsteuer auf importierte Ausrüstung und stellt beispielsweise Grundstücke zur Verfügung. Wenn die Vorhaben eine strategische Bedeutung haben, wie beispielsweise die bilateral ausgehandelten 1-Gigawatt-Windparks, kann noch die Befreiung von Körperschafts-, Grund- und Immobiliensteuer hinzukommen.
Auktionsplan bis 2027 steht bereits fest
Ein bewährtes Mittel zum Ausbau von grünen Kraftwerkskapazitäten sind Auktionen, die KEGOC 2018 eingeführt hat. Das Energieministerium gibt einen maximalen Einspeisetarif in Kasachischen Tenge/Kilowattstunde für jeden Energieträger vor, zu dem der Strom zukünftig abgenommen wird. An mehreren Auktionsrunden im Jahr können Interessenten dann den Preisdeckel unterbieten. Wer den niedrigsten Einspeisetarif in Kauf nimmt, erhält den Zuschlag für den Bau des Kraftwerks und einen Stromabnahmevertrag für 20 Jahre mit dem RFC. Vorteile der Auktionen sind, dass
- Grundstücke für die Projekte reserviert sind,
- die Auktionspreise jährlich an die Inflation sowie Wechselkursschwankungen angepasst werden und
- Streitfragen mit dem RFC beim Arbitragegerichts des Astana International Financial Centre (AIFC) geklärt werden, wo nach höchsten internationalen Standards gearbeitet wird.
Der Auktionsplan für 2025 sieht vor, in drei Ausschreibungsrunden Projekte mit einer Gesamtkapazität von 1.810 Megawatt zu versteigern. Bis 2027 sollen insgesamt mindestens 4,5 Gigawatt an Investoren vergeben werden.
Noch viele Baustellen beim Ausbau der Erneuerbaren
Der Auktionsmechanismus hat die Branche transparenter gemacht und marktwirtschaftliche Prinzipien eingeführt. Dennoch bestehen weiterhin Markthemmnisse, beispielsweise finanzieller Natur. So fehlt es an Finanzierungsquellen. Einheimische Banken vergeben kaum Kredite für Energieprojekte. Laut AIFC werden die Grünstromvorhaben in Kasachstan zu 30 Prozent aus Eigenkapital finanziert und zu 70 aus Krediten von überwiegend Entwicklungsbanken. Ein weiteres Problem sind Wechselkursschwankungen. Da die Projekte oft über mehrere Jahre realisiert werden und fast die gesamte Ausrüstung importiert werden muss, kann dies zu unvorhergesehenen Zusatzkosten führen. Hinzukommen Fachkräftemangel im Bereich Energie- und Umwelttechnik sowie eine hohe wahrgenommene Korruption.
Tipps für den Markteinstieg- Russisch ist die dominierende Geschäftssprache.
- Lokale Finanzierungsinstrumente prüfen, bei lokalen Partnern herrscht hierzu oft ein Informationsdefizit.
- Nutzung klassischer deutscher Exportfinanzierungsinstrumente (staatliche geförderte Kredite mit Festzinssatz der Kreditanstalt für Wiederaufbau und AKA-Ausfuhrkredit-Gesellschaft).
- Verträge werden in der Regel nur mit Akkreditiv oder Vorkasse abgeschlossen.
- Staatliche Förderprogramme nutzen, sowohl von kasachischer, als auch von deutscher Seite (beispielsweise DeveloPPP.de; Förderung von nachhaltigen Investitionen in Schwellenländern).
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Für deutsche Unternehmen bleibt Kasachstan ein herausfordernder Markt. Firmen, die einen Markteintritt im Land planen, sollten Kontakt zur Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien aufnehmen. Neben Informationsveranstaltungen oder Geschäftsreisen für deutsche Unternehmen, kann sie dabei helfen Exportstrategien zu bewerten, Risiken zu vermeiden und Geschäftskontakte im Ausland zu knüpfen.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Viktor Ebel
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Almaty