Kanada fördert den Ausbau Erneuerbarer durch umfangreiche Programme. Rückzahlbare Steuergutschriften bieten zusätzliche Anreize. Ontario und Alberta haben deregulierte Strommärkte.
Auf föderaler Ebene ist die Canada Energy Regulator (CER) für die Regulierung des Stromexports und der internationalen Stromleitungen zuständig. Ansonsten ist der Strommarkt in Kanada auf Provinz- beziehungsweise Territorialebene organisiert. Jedes Territorium und jede Provinz kontrolliert die Erzeugung, Übertragung und den Vertrieb der Elektrizität sowie die Marktstruktur innerhalb der Region.
Die Verbraucherpreise variieren je nach Strommix und Wettbewerbssituation in den regionalen Märkten. Mit Ausnahme von Alberta und Ontario wird die Preisbildung durch die regionalen Regulierungsbehörden der Provinzen geregelt. Am günstigsten ist Strom in Québec, British Columbia, Manitoba und Ontario. In den erstgenannten drei Provinzen ist Wasserkraft die Hauptquelle für Strom. Die niedrigen Produktionskosten werden an die Verbraucher weitergegeben. Ontario nutzt eine Mischung aus Wasserkraft und Atomkraft, was zu relativ niedrigen Strompreisen führt.
Zudem gibt es Rabattsysteme für Haushalte mit niedrigen Einkommen und Preisnachlässe für energieintensive Industrien. Für die Industrie bestehen preisliche Anreize, Strom nicht während der Hauptlastzeiten zu verbrauchen. Grundsätzlich zahlt die Industrie deutlich weniger für Strom als die privaten Haushalte.
Meistens produzieren, übertragen und verteilen große staatliche, vertikal integrierte Energieversorger den Strom. Zu diesen gehören BC Hydro, SaskPower, Manitoba Hydro, NB Power, Newfoundland and Labrador Power und Hydro-Québec. Kleinere, unabhängige Stromerzeuger in diesen Provinzen sind auf langfristige Stromabnahmevereinbarungen mit den Monopolversorgern angewiesen.
Nur Ontario und Alberta haben ihre Stromindustrie durch die Trennung von Erzeugungs- und Versorgungsaktivitäten dereguliert, allerdings jeweils unterschiedlich stark. Der Stromhandel wird in diesen Provinzen zwischen den Stromerzeugern und Abnehmern über Stromgroßhandelsmärkte abgewickelt, was die Macht der Abnehmer stärkt.
Strommärkte sind grundsätzlich offen für ausländische Anbieter
Private Investitionen in Kanadas Strommärkte stehen grundsätzlich jedem offen, auch ausländischen Unternehmen. Je nach Herkunft und Höhe der Investition fallen staatliche Prüfungen nach dem Investment in Canada Act an. Dieses Gesetz stellt sicher, dass bedeutende Investitionen von Nicht-Kanadiern der kanadischen Wirtschaft zugutekommen und die nationale Sicherheit nicht beeinträchtigen. Bleibt die Investitionssumme unter 5 Millionen kanadischen Dollar für direkte Investitionen und 50 Millionen kanadischen Dollar für indirekte Investitionen, gelten die gleichen Regeln wie für kanadische Investoren.
Für bestimmte Aktivitäten in der Elektrizitätswirtschaft, wie den Bau neuer Kraftwerke oder bedeutender Infrastrukturprojekte, müssen die regionalen Regulierungsbehörden die Geschäftsaktivitäten ausländischer Unternehmen genehmigen.
In fast allen Provinzen und Territorien können private, unabhängige Erzeuger ihren Strom über PPAs (Power Purchase Agreement) direkt an staatliche Versorger verkaufen. Diese Verträge sichern den Verkauf von Strom zu einem festgelegten Preis über einen bestimmten Zeitraum. In einigen Provinzen wie Alberta und Ontario, wo der Strommarkt dereguliert ist, können Erzeuger ihren Strom auch direkt auf dem offenen Markt verkaufen. Das schafft mehr Flexibilität, aber auch höhere Risiken aufgrund von Preisschwankungen.
Alberta, British Columbia, New Brunswick, Nova Scotia, Ontario und Québec bieten Net-Metering-Programme an, bei denen Erzeuger überschüssigen Strom ins Netz einspeisen und dafür Gutschriften erhalten, die sie gegen ihren eigenen Stromverbrauch aufrechnen können. Dieses Grundprinzip gilt bei allen diesen Programmen, auch wenn sie in ihren spezifischen Anforderungen und Bedingungen variieren.
Die Canadian Electricity Association bietet auf ihrer Webseite regelmäßig Updates und Berichte zu Entwicklungen auf dem kanadischen Strommarkt.
Zahlreiche Programme fördern den Ausbau erneuerbarer Energien
Bei der Unterstützung der Energiewende und der Klimaschutzbemühungen Kanadas spielt der "Low Carbon Economy Fund" auf Bundesebene eine wichtige Rolle. Der Fonds stellt 1,4 Milliarden US-Dollar (US$) zur Unterstützung von Projekten bereit, unter anderem für Windkraft, Solarenergie, die energetische Nutzung von Biomasse und kleine Wasserkraftwerke.
Ein weiteres bedeutendes Anreizprogramm ist das "Emerging Renewable Power Program" (ERPP), das bis zu 200 Millionen US$ für den Ausbau erneuerbarer Energien bereitstellt. Darüber hinaus fördert das "Smart Renewables and Electrification Pathways Program" (SREPs) saubere Energietechnologien wie Wind, Solar, Speicher, Wasserkraft, Geothermie und Gezeitenenergie mit bis zu 3,2 Milliarden US$. Die Mittel sollen auch für Energiespeicher- und Netzmodernisierungsprojekte dienen. Dazu zählen unter anderem Vorhaben zum Ausbau provinzübergreifender Stromnetze, um den in Kanada kaum stattfindenden Stromhandel zwischen den Provinzen anzukurbeln.
Darüber hinaus unterstützt das "Energy Innovation Program" (EIP) die Forschung, Entwicklung und Demonstration von sauberen Energie- und Effizienztechnologien, einschließlich Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCUS). Der "Clean Fuels Fund" (CFF) fördert Projekte zur Entwicklung und Nutzung sauberer Brennstoffe und alternativer Energien. Der "Investing in Canada Infrastructure Plan" investiert zudem in grüne Infrastrukturprojekte, einschließlich erneuerbarer Energien.
Grüne Steuergutschriften sind ein wichtiger Pfeiler für Nettonullziel
Ein wesentlicher Pfeiler, um ihr Nettonullziel bis 2050 zu erreichen, sind für Kanadas liberale Minderheitsregierung sechs rückzahlbare Steuergutschriften (Investment Tax Credits; ITCs) für Investitionen in eine saubere Wirtschaft. Die bundesstaatliche Förderung in Form dieser grünen Steuergutschriften (Clean Economy ITCs) summiert sich bis 2034 auf 67 Milliarden US$. Im Gegensatz zu Abzügen, welche die Steuerbemessungsgrundlage reduzieren, verringern Steuergutschriften den zu zahlenden Steuerbetrag. Sie sind in dem Fall rückerstattungsfähig, wenn die Gutschrift höher ist als die gesamte Steuerschuld.
So fördert zum Beispiel der Clean Technology Manufacturing ITC (CTM ITC) saubere Stromerzeugungsanlagen wie Windturbinen und Solarpaneele. Für solche ist eine Steuervergünstigung von 30 Prozent auf Investitionskosten möglich. Darüber hinaus können Unternehmen Kosten für bestimmte Kapitalgüter schneller abschreiben als üblich und so ihre Steuerlast in den ersten Jahren nach der Investition senken.
Im Gegensatz zum amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) enthalten die Regeln für Kanadas grüne ITCs keine Local-content-Bedingungen. Während die USA zum Beispiel beim Kauf von Solarenergie-Hardware bei großem heimischen Wertschöpfungsanteil eine höhere Steuergutschrift gewähren als bei einem kleinen, sieht Kanada von solch protektionistischen Maßnahmen ab. Deutschen Exporteuren grüner Technologien dürften sich dadurch gute Marktchancen eröffnen.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Heiko Steinacher
|
Toronto