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Automobilbranche setzt zunehmend auf "Made in Ghana"
Ghana verfolgt ambitionierte Pläne, um zum Automobil-Hub in der Region zu werden. Dabei setzt das Land auf den Ausbau von Elektromobilität.
19.05.2023
Von Corinna Päffgen | Accra
Viele Automobilunternehmen sehen in den noch relativ kleinen und stark fragmentierten Märkten in Afrika die letzten Wachstumsmärkte der Branche. Die African Association of Automotive Manufacturers (AAAM) sieht vor allem Potenzial in Ghana, Äthiopien, Ruanda, Kenia und Nigeria. Außer Marokko und Südafrika verfügt noch keines der Länder über eine nennenswerte Autoindustrie.
Der ghanaische Markt wurde bislang von aus dem Ausland importierten gebrauchten Fahrzeugen dominiert. Der Anteil von Gebrauchtwagen liegt bei schätzungsweise 70 bis 80 Prozent. Die Registrierungen von Neufahrzeugen (Pkw und Nfz) beliefen sich 2019 auf weniger als 6.000 Stück.
Importiert wurden im Jahr 2021 Personenkraftwagen und Nutzfahrzeuge (HS Code 8703 und 8704) für insgesamt 1,1 Milliarden US-Dollar (US$). Hauptlieferländer von Pkw waren die USA, Kanada, Südkorea und Japan. Nutzfahrzeuge stammten vor allem aus Südafrika, China, Belgien und Südkorea.
Branche wird gezielt gefördert
Mit der Verabschiedung der „Ghana Automotive Development Policy - Auto Policy“ hat Ghana den politischen Rahmen und mit Änderung zahlreicher gesetzlicher Regelungen sowie des Erlasses diverser Einfuhrverbote bestimmter Fahrzeuge auch den rechtlichen Rahmen für eine umfassende Förderung der Autobranche geschaffen. Angezogen werden sollen Firmen für die Fahrzeugmontage und die Herstellung von Automobilkomponenten. Ziel ist damit auch der Aufbau einer Zulieferindustrie. Potenzial hierfür ist vorhanden, bislang gibt es aber nur wenige Unternehmen, die entsprechende Teile herstellen. Dabei sind wichtige Rohstoffe für die Herstellung von Komponenten wie Reifen, Windschutzscheiben, Batterien und Karosserien vorhanden. Ghana ist reich an Bauxit, Mangan und Kautschuk und verfügt zudem über Lithiumreserven, die ab 2024 abgebaut werden sollen. Für Unternehmen, die sich in Ghana ansiedeln möchten, existieren zudem eine Reihe von Anreizen.
Herausforderungen bestehen unter anderem in der relativ kleinen Marktgröße Ghanas. Hier dürfte mittel- und langfristig die Bearbeitung des westafrikanischen Marktes erfolgen. Nachholbedarf besteht zudem bei Sicherheitsfragen, der Straßeninfrastruktur sowie bei Versicherungen.
Neue Montagewerke gewinnen Marktanteile
Seit Inkrafttreten der Auto-Policy ist Dynamik in der Branche. Neben dem ghanaischen Hersteller Kantanka haben in den letzten drei Jahren eine Reihe von ausländischen Automobilunternehmen eigene Montagewerke eröffnet, darunter Volkswagen, Toyota, Nissan, Sinotruck und Peugeot.
Erst kürzlich weihte KIA ein neues Werk mit einer Produktionskapazität von 70.000 Stück pro Jahr ein. Damit liegt das KIA-Werk weit über den Kapazitäten der anderen Werke, die bei rund 5.000 Einheiten pro Produktionsstätte liegen. Noch liegt die tatsächlich gefertigte Anzahl von Fahrzeugen weit unter den Kapazitäten: Bis November 2022 wurden nach Schätzungen von Branchenkennern etwa 3.500 Fahrzeuge insgesamt in Ghana montiert.
Unternehmen | Anzahl montierter Fahrzeuge |
---|---|
Toyota | 976 |
Suzuki | 60 |
Volkswagen | 1.556 |
Kantanka | 113 |
Nissan | 526 |
Peugeot | 126 |
Hyundai | 144 |
Changan | 4 |
Gesamt | 3.505 |
Die Importe von Fahrzeugen gehen seit 2018 tendenziell zurück. Ein Einbruch war im Coronajahr 2020 zu verzeichnen, danach stiegen die Importe wieder auf 1,1 Milliarden US$. Damit lagen sie jedoch immer noch etwa 25 Prozent unter den Importen von 2017. Es bleibt abzuwarten, ob der Rückgang der Einfuhren auf die langsam steigende Produktion zurückzuführen ist.
Ghana stellt die Weichen für E-Mobilität
Elektromobilität in Ghana steckt noch in den Kinderschuhen, dürfte künftig aber an Dynamik gewinnen. Neben der vom Energieministerium im Jahr 2019 ins Leben gerufenen „Drive Electric Initiative“ gibt es noch keinen regulatorischen Rahmen für Elektromobilität in Ghana. Allerdings hat das Climate Technology Center and Network (CTCN) der Vereinten Nationen im Auftrag der ghanaischen Regierung eine E-Mobility Roadmap entwickelt und ein Rahmenwerk für eine E-Mobility Policy sowie eine Studie zur Bewertung der Marktbereitschaft für E-Autos unter Beteiligung der University of Ghana erstellt.
Die CTCN und die University of Ghana haben in ihrer Roadmap insgesamt 22 Hindernisse für den Umstieg auf E-Fahrzeuge identifiziert. Geclustert in fünf Bereiche (technische, politische, wirtschaftliche, infrastrukturelle und soziale Hindernisse) sind die größten Hemmnisse bislang wirtschaftlicher Natur, vor allem die hohen Kosten der Anschaffung eines E-Fahrzeugs und Kosten für Batterien sowie Strom. Eine fehlende beziehungsweise noch wenig ausgebaute Ladeinfrastruktur, eine unzuverlässige Stromversorgung sowie das Fehlen eines politischen und regulatorischen Rahmens sind weitere Hindernisse.
Für die Überwindung entsprechender Hemmnisse hat das CTCN in seinem Rahmenentwurf für eine E-Mobility Policy eine Reihe von Empfehlungen formuliert. Dazu gehört neben der Einrichtung entsprechender Anreize für E-Autos sowie für Batterie- und Ladevorrichtungen der Ausbau der Infrastruktur und die Schaffung gesonderter Stromtarife für E-Fahrzeuge.
Noch wenig E-Autos auf Ghanas Straßen
Trotz der noch recht zahlreichen Hindernisse für E-Mobilität gibt es in Ghana bereits Elektrofahrzeuge, -fahrräder und auch erste Ladestationen. Die Ladeinfrastruktur steht mit erst vier Charging-Points in Accra noch am Anfang, wird aber weiter ausgebaut.
Insgesamt gibt es Schätzungen zufolge etwa 1.000 Elektrofahrzeuge im Land. Der ghanaische Autohersteller Kantanka produziert bereits ein erstes E-Auto-Modell, daneben sind die Unternehmen Great Wall Motors Ora 1 und Accraine in Ghana aktiv. Solar Taxi ist ein Unternehmen, das solarstrombetriebene Fahrzeuge wie Autos, aber auch E-Bikes und Tricycles an Privat- und Geschäftskunden auf Mietbasis bereitstellt.
Verkehrsemissionen sollen gesenkt werden
In Ghana trägt der Straßenverkehr zu etwa 45 Prozent der Emissionen aus der Kraftstoffverbrennung bei und ist für rund 13 Prozent der gesamten produzierten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Davon wiederum werden 20 Prozent durch Busse erzeugt (Stand 2016). Zur Reduzierung der Emissionen im öffentlichen Verkehr möchte die Regierung deshalb Elektrobusse einsetzen. Zu diesem Zweck haben das CTCN und die University of Ghana im Auftrag der ghanaischen Regierung auch eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz von E-Bussen durchgeführt.
Als Pilotprojekt wird der Einsatz von Elektrobussen in zwei Transportkorridoren empfohlen: Accra - Tema und Accra - Kumasi. Pro Tag sollen innerhalb Accras 24.000 Passagiere und zwischen Accra und Kumasi 2.000 Passagiere täglich befördert werden. Der Beginn der Pilotphase ist bislang nicht bekannt.