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Special | Griechenland | Start-ups

Griechische Start-up-Szene erlebt Aufschwung

Griechenland schreibt die ersten Start-up-Erfolgsgeschichten. Ausländische Geldgeber investieren.

Von Michaela Balis | Athen

  • Steckbrief Start-ups Griechenland


    Von Michaela Balis | Athen

  • Gründerszene wird attraktiver

    Die griechische Start-up-Szene wächst schnell. Nun hat das Land auch seine ersten Einhörner, junge Unternehmen mit einem Marktwert über 1 Milliarde Euro.

    Viva Wallet heißt das erste Unicorn in Griechenland. Das US-amerikanische Finanzinstitut JP Morgan erwarb 49 Prozent an Viva Wallet, einem FinTech-Unternehmen, das digitale Finanzdienstleistungen anbietet. Experten schätzen den Wert des Start-ups auf rund 2,2 Milliarden Euro.

    PeopleCert, ein Unternehmen, das Fach- und Sprachkenntnisse zertifiziert, erreichte einen Wert von 1,1 Milliarden Euro, so der Jahresbericht "Startups Greece 2021”. Der Bericht ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der griechischen Förder-und Bildungsplattform für Start-ups Found.ation, der europäischen Organisation für digitale Innovation und unternehmerische Bildung EIT Digital sowie der Risikokapitalgesellschaft Velocity VC.

    "Das griechische Start-up-Ökosystem entwickelt sich rapide“, sagt Filippos Zakopoulos, Managing Partner bei Found.ation. Er erklärt: "Im Jahr 2021 investierten Geldgeber mehr als 500 Millionen Euro in griechische Start-ups."

    Auch andere Unternehmen nähern sich dem Unicorn-Titel. Hierzu gehören das PropTech-Start-up Blueground, das möblierte Apartments auf Zeit vermietet, die Internetplattform für Gebrauchtwagen SpotaWheel sowie die Autovermietung Flexcar.

    Viele griechische Start-ups sind weltweit aktiv

    John Papadakis, geschäftsführender Vorstand und Gründer des griechischen Start-ups Pollfish, ist von den Chancen, die das griechische Start-up-Ökosystem bietet, überzeugt: "Griechenland verzeichnete in den letzten Jahren viele Exits in der Branche Informations- und Kommunikationstechnologie." Dabei habe es sich um Start-ups gehandelt, die in Griechenland begonnen haben und weltweit aktiv wurden. Pollfish, eine Internetplattform für Meinungsumfragen, wurde 2022 von dem US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Prodege aufgekauft. Experten schätzen den Kaufpreis auf rund 80 Millionen Euro.

    "Wichtig ist, dass dieser Trend anhält“, fügt Papadakis hinzu. Den Aufwärtstrend könnten die Sorgen vor Rezession, die steigende Inflation sowie höhere Zinsen abbremsen. Potenzielle Investoren dürften zurückhaltender werden.

    Elevate Greece, das im Jahr 2021 gegründete nationale Start-up-Register, schätzt den Wert des griechischen Ökosystems mit seinen 1.500 bis 2.000 Gesellschaften auf rund 8 Milliarden Euro. Die Anzahl variiert mit der Auslegung der Start-up-Definition. Fortan müssen sich alle Start-ups, die von staatlichen oder europäischen Fördermitteln profitieren möchten, in diesem Register eintragen.

    Auswahl an Inkubatoren in Griechenland

    Name

    Athens Centre for Entrepreneurship and Innovation (ACEIN)

    Athens Digital Lab

    Corallia

    Higgs - Higher Incubator Giving Growth & Sustainability

    Found.ation

    Iqbility

    Quelle: "Startups in Greece 2021"; Venture Financing Report 2021/2022

    Griechenland zählt zu den 50 beliebtesten Standorten

    Die griechische Gründerszene nimmt gemessen an den Investitionen und der Anzahl der Unicorns den 48. Platz unter 100 Ländern ein. Das besagt die Studie "Global Startup Ecosystem Index 2022“ des israelischen Forschungszentrums StartupBlink. Dank der Aufmerksamkeit seitens internationaler Investoren und aufgrund der geostrategisch guten Lage könnte sich das Land zu einem regionalen Tech Hub entwickeln, so die Einschätzung von StartupBlink.

    Zu den Vorteilen zählen gut ausgebildete fremdsprachige Arbeitskräfte, eine vielversprechende Informationstechnologiebranche sowie europäische Fördermittel. Als Nachteile erwähnt das Forschungszentrum die Abwanderung potenzieller Fachkräfte, bürokratische Hürden sowie die unzureichende Vernetzung zwischen den Trägern.

    Start-ups sind vorrangig im B2B-Geschäft tätig

    Fast 60 Prozent der Start-ups boten ihre Produkte im Jahr 2021 anderen Unternehmen an (Business-to-Business; B2B), so der Found.ation-Jahresbericht. Nur knapp 14 Prozent richteten ihr Angebot direkt an den Kunden (Business-to-Customer; B2C): "Das liegt daran, dass Griechenland ein kleiner Markt ist. Wenn Produkte für andere Unternehmen entwickelt werden, steht uns die Welt offen“, erklärt Antonis Prentzas, geschäftsführender Vorstand und Mitgründer des Start-ups Finloup. Das Unternehmen entwickelte eine "Buy now, pay later“-Software für den Einzelhandel, die eine Evaluierung der Bankkunden beinhaltet.

    Rund 15 Prozent der Start-ups konzentrieren sich auf Biowissenschaften. Bei 13 Prozent liegt der Fokus auf technologischen Produkten für den Einzelhandel. Technologische Lösungen für die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft folgen an dritter Stelle mit 9,4 Prozent.

    "Griechische Start-ups fokussieren sich nicht auf bestimmte Branchen, in denen sie erfolgreich sein könnten“, erklärt Zakopoulos. Meistens handele es sich um Unternehmenssoftware oder Software as a Service (SaaS), die für unterschiedliche Sektoren nützlich seien. Er betont die Bedeutung, die traditionelle Branchen in Griechenland (wie Tourismus und Schifffahrt) im Start-up-Ökosystem haben könnten. Maritime Technologien wurden im Jahr 2021 attraktiver: Rund 3,6 Prozent der Start-ups waren in diesem Bereich tätig gegenüber 1,8 Prozent im Vorjahr.

    Fast zwei Drittel der griechischen Start-ups zählen bis zu vier Beschäftigte. Knapp ein Viertel hat bis zu neun Mitarbeitende. "Ein starkes Team ist der Schlüssel zum Erfolg“, betont Prentzas. "Innovation hat einen hohen Stellenwert, aber das, worauf es wirklich ankommt, sind die Beschäftigten“.

    Gründerszene ist bei deutschen Unternehmen beliebt

    Daimler war das erste deutsche Unternehmen, das die griechische Start-up-Szene entdeckte. Im Jahr 2016 kaufte der deutsche Automobilhersteller die griechische Taxi-App Taxibeat für 43 Millionen Euro.

    Der börsennotierte Betreiber von digitalen Bestell- und Lieferplattformen, Delivery Hero, kaufte im Jahr 2020 das griechische Start-up Instashop, einen Fast-Food-Lieferdienst, für 360 Millionen Euro.

    Celonis, ein Start-up und Softwareunternehmen, kaufte im Jahr 2021 das griechische Start-up Lenses.io für 70 Millionen Euro, schätzt der Found.ation-Jahresbericht. Lenses.io liefert ein innovatives DataOps-Portal für alle Streaming-Anwendungen und Daten.

    Top Start-ups in Griechenland

    Name1)

    Kapitalbeschaffung in Mio. Euro2)

    Branche

    Blueground

    221,1

    PropTech

    Viva Wallet

    162,8

    FinTech

    Persado

    83,6

    EducationTech

    Workable

    73,8

    RecruitingSoftware

    Hellas Direct

    58,2

    InsurTech

    FlexCar

    51,6

    Transport

    Plum

    40,1

    FinTech

    Netdata

    31,2

    MonitoringPlattform

    LearnWorlds

    28,5

    EducationTech

    Balena (ex Resin.io)

    28,2

    Iot Fleet Management Plattform

    1) Es existieren Start-ups, für die keine Investitionssummen bekannt sind; 2) seit 2017 Quelle: "Startups in Greece 2021"; Venture Financing Report 2021/2022

    Von Michaela Balis | Athen

  • Ausgereifte Geschäftsideen sollen Wagniskapital anlocken

    Griechische Start-ups sind für inländische und ausländische Investoren attraktiv. Die Fördermittel der Europäischen Union und Steuererleichterungen sollen Investitionen fördern. 

    Mehr als 210 Millionen Euro flossen seit 2017 über griechische Risikokapitalgesellschaften (Venture Capital; VC) in 119 griechische Start-ups. Die Finanzmittel der Venture-Capital-Gesellschaften stammten aus dem Dachfonds EquiFund. Der Dachfonds wurde im Jahr 2017 für die Förderung von Start-ups gegründet und verfügt insgesamt über 300 Millionen Euro. Der Europäische Investitionsfonds (EIF) trug mit 60 Millionen Euro zum EquiFund bei. Etwa 40 Millionen Euro stammen von der Europäischen Investitionsbank. Weitere 200 Millionen Euro kommen aus nationalen Kassen, das bedeutet aus den Mitteln des Europäischen Partnerschaftsprogramms (ESPA). Das übrige Kapital stammt von privaten Investoren.

    Gesellschaften, die Wagniskapital zur Verfügung stellen, finanzieren unterschiedliche Stadien der Start-ups. Vier VC-Geber (Big Pi, Metavallon VC, Uni.Fund, Velocity Partners) unterstützen seit 2017 mit insgesamt 136 Millionen Euro Gründer und Forscher im Frühstadium sowie in der Orientierungs- und Planungsphase bei der Umsetzung ihrer Ideen. Zwei Risikokapitalgesellschaften (Marathon VC, VentureFriends) finanzieren Start-ups in der Planungsphase, die bereits über ein marktreifes Produkt verfügen.

    Ausländische Investoren interessieren sich für griechische Start-ups

    Dank der Finanzierung über den EquiFund konnten sich griechische Start-ups entwickeln und ihre Attraktivität bei ausländischen VC-Gebern steigern. Das Interesse über 120 ausländischer Investoren konnte somit geweckt werden. Zwischen 2017 und 2021 steckten ausländische Investoren dem Found.ation-Jahresbericht zufolge knapp eine halbe Milliarde Euro in griechische Start-ups.

    Allein im Jahr 2021 investierten griechische und ausländische Geldgeber zusammen mehr als 500 Millionen Euro in rund 70 griechische Start-ups. Die zehn erfolgreichsten Start-ups unter ihnen erhielten einen Gesamtbetrag in Höhe von knapp 400 Millionen Euro. Große Beliebtheit genießen Gründerunternehmen, die "Software as a Service“ (SaaS) anbieten sowie HealthTech- und FinTech-Start-ups.

    Etwa 86 Prozent der Finanzmittel stammten von Risikokapitalgesellschaften. Business Angels steuerten laut dem Found.ation-Bericht nur 14 Prozent bei. Rund ein Drittel der Investoren stammte 2021 aus der Europäischen Union (EU). Etwa 28 Prozent waren US-amerikanische Gesellschaften. Griechischer Herkunft waren nur 15 Prozent der Geldgeber.

    EU-Gelder sollen Start-ups fördern

    Neben den privaten Geldgebern, können griechische Start-ups fortan auch von großzügigen Fördermitteln aus dem Aufbaufonds der Europäischen Union und dem EU-Partnerschaftsvertrag 2021 bis 2027 profitieren. Nicht zuletzt stellt auch die griechische Entwicklungsbank für Investitionen (HDBI) Finanzmittel bereit.

    Der "Angel Co-Investment Fonds“ mit rund 20 Millionen Euro aus EIF und privatem Kapital soll Start-ups bei ihren ersten Schritten begleiten. Sie können zwischen 25.000 bis zu 150.000 Euro erhalten.

    Gute Vorbereitung sorgt für höhere Investitionen

    Im Jahr 2021 beantragten fast zwei Drittel der Start-ups in Griechenland mehr als 400.000 Euro pro Projekt. Etwa ein Viertel der Unternehmen benötigte sogar eine Finanzierung von über 1 Million Euro.

    Um das Interesse von Investoren zu wecken und möglichst hohe Investitionssummen zu erlangen, muss die Geschäftsidee der Start-ups gut aufbereitet sein. Daran hapert es oft: Ein Teil der Start-ups scheiterte bei der Suche nach VC-Gebern, weil deren Idee nicht auf den Schwerpunkt der Venture-Capital-Geber ausgerichtet war. In anderen Fällen verfügten die Start-ups zwar über eine zielgerichtete Idee, hatten jedoch kein marktfähiges Produkt im Sinn.

    Zahlreiche Inkubatoren, Acceleratoren und Mitbewerber unterstützen bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Produkte und Dienstleistungen. Griechenland zählt über 70 Gründerzentren: Inkubatoren, die Räumlichkeiten bis hin zum Zugang zur Finanzierung anbieten und Acceleratoren, so der Bericht zum griechischen Start-up-Ökosystem des griechischen Think Tank "Dianeosis" von Januar 2022.

    Steuererleichterungen sollen Business Angels locken

    Um die Investitionen seitens Privatpersonen in Start-ups anzuregen, führte das Gesetz 4712/2020 Steuererleichterungen für Business Angels ein. Danach kann jede Person bis zu 300.000 Euro pro Jahr in bis zu drei Gründerunternehmen (bis maximal 100.000 Euro pro Start-up) investieren. Diese Start-ups müssen im nationalen Register "Elevate Greece" registriert sein. Dafür wird nur die Hälfte des investierten Betrags, sprich 150.000 Euro, mit der Einkommensteuer belastet. Außerdem werden Aktienoptionen, also die Option zum Erwerb unternehmenseigener Aktien zum vorbestimmten Preis, seit 2020 mit 15 Prozent besteuert und nicht zum Einkommen hinzugezählt.

    Von Michaela Balis | Athen

  • Kontaktadressen


    Bezeichnung

    Anmerkung

    Elevate Greece

    Nationales Start-up-Register

    Hellenic Development Bank of Investments 

    Griechische Entwicklungsbank für Investitionen

    Found.ation

    Start-ups fördernde und Bildungsplattform

    EquiFund

    Dachfonds für Start-ups

    Griechisches Ministerium für Entwicklung und Investitionen

    -

    Generalsekretariat für Forschung und Innovation

    -

    Von Michaela Balis | Athen

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