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Indiens Halbleiterindustrie wächst

In Indien sind derzeit sowohl Halbleiter- als auch Backend-Fabriken im Bau. Dabei zeichnen sich regionale Schwerpunkte ab. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Für Unternehmen der Halbleiterindustrie ist Indien ein riesiger Markt. Laut der India Brand Equity Foundation betrug das Marktvolumen 2023 rund 27 Milliarden US-Dollar (US$). Bis zum Jahr 2030 soll es auf 100 Milliarden US$ ansteigen, so die Prognose. Nun will sich die am stärksten wachsende große Volkswirtschaft auch in der Halbleiterfertigung etablieren – mit Hilfe von umfangreicher staatlicher Förderung.

Die staatliche Förderung zeigt Ergebnisse

Ende 2021 präsentierte die indische Regierung Subventionen für die Herstellung von Halbleitern. Seitdem übernimmt sie im Rahmen ihrer "India Semiconductor Mission" bis zu 50 Prozent der Kapitalkosten zum Bau von Fabriken für Halbleiter, Displays, Siliziumphotonik und Mikrosystemen. Zudem werden auch nachgelagerte Produktionsschritte subventioniert, wie das Zusammensetzen, Testen, Markieren und Verpacken (Assembly, Testing, Marking and Packaging; ATMP) von Chips durch die Hersteller und das Zusammensetzen und Testen von Chips durch Drittunternehmen (Outsourced Semiconductor Assembly and Test). Hierfür stehen insgesamt 9,2 Milliarden US$ an Fördermitteln zur Verfügung.

Bereits in den vergangenen Jahren hat sich der Mischkonzern Tata vermehrt in der wachsenden Elektronikfertigung engagiert. Nun will das Unternehmen einen neuen Geschäftsbereich erschließen und zu einem der bedeutendsten indischen Stakeholder im Bereich Halbleiter aufsteigen. Mithilfe der Subventionen baut der Tata-Konzern eine Fab in Dholera im Bundestaat Gujarat sowie eine ATMP-Anlage in Jagiroad in Assam. Dafür investiert Tata zunächst geschätzt 14,2 Milliarden US-Dollar (US$) in die beiden genannten Anlagen. In Branchenkreisen wird darüber spekuliert, ob Tata in den kommenden Jahren in zwei weitere Produktionsanlagen sowie in noch modernere Bereiche wie Halbleiter mit 14 Nanometer Technologieknoten investiert. 

Branchencluster entstehen

Viele Vorhaben werden im Bundesstaat Gujarat realisiert. Das Gebiet zwischen Dohlera und Sanand, aber auch der Norden des Bundesstaates Maharashtra sind infolge der Investitionen auf dem Weg, zu bedeutenden Branchenclustern zu werden. Das dürfte die Ansiedlung entsprechender Zulieferbetriebe in der Region zur Folge haben. 

Einzelne Bundesstaaten versuchen, mit eigener Förderung zusätzliche Investitionsanreize zu schaffen. Dazu zählt beispielsweise Uttar Pradesh im Norden des Landes. Die dortige Regierung verkündete bereits mehrere Investitionsvorhaben, für die teilweise aber noch eine abschließende Bestätigung durch die Zentralregierung aussteht. Darunter befindet sich beispielsweise eine Anlage für ATMP durch die HCL Gruppe und Foxconn. Sollten die Projekte wie angekündigt umgesetzt werden, dürfte in der Region ein weiteres großes Cluster entstehen. 

Mittlerweile sind zahlreiche Projekte der Halbleiterbranche in der Planungsphase, im Bau und teilweise schon in Betrieb genommen. Bis spätestens 2027 dürften viele der sich derzeit im Bau befindlichen Projekte fertiggestellt werden. Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass Indien bereits 2026 seine ersten Chips produzieren wird. Deutsche Firmen haben die Möglichkeit, als Zulieferer tätig zu werden, etwa im Bereich Sensorik. Zudem lohnt sich der Blick nach Indien als potenzielle neue Bezugsquelle für Halbleiter. 

Ausländische Konzerne investieren darüber hinaus in Forschung und Entwicklung. Im September 2024 verkündete das niederländische Unternehmen NXP, 1 Milliarde US$ investieren zu wollen. Bereits Ende 2023 avisierte die US-amerikanische Firma AMD Investitionen in Höhe von 400 Millionen US$. Diese Investitionen dürften in den Süden des Landes fließen, beispielsweise in den Technologiestandort Bengaluru.  

Halbleiterdesign gewinnt in Indien weiter an Bedeutung

Ein Großteil der Gelder für Forschung und Entwicklung wird auf den Bereich Chipdesign entfallen. Das Unternehmen Larsen & Toubro kündigte Investitionen von 300 Millionen US$ im Bereich Chipdesign an. Die Boston Consulting Group gibt an, dass Indien zwar über 19 Prozent der weltweit verfügbaren Personalressourcen im Chipdesign verfügt, aber nur 7 Prozent der weltweiten Designaktivitäten im Land erfolgen. Immer wieder fordern Experten, dass Unternehmen die vorhandene Expertise für mehr Wertschöpfung im Land nutzen. 

Ein Teil der durch die Regierung bereitgestellten Subventionen ist für Design-Linked-Incentives vorgesehen. Damit sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere aber Start-ups im Bereich Chipdesign gestützt werden. Meldungen zufolge erhielten 2024 bereits 14 Start-ups positive Förderbescheide, darunter beispielsweise DV2JS Innovation, das sich auf Chips für die Automobilindustrie fokussiert. Insgesamt sollen 100 Start-ups gefördert werden.

Fehlende Fachkräfte könnten Engpassfaktor sein

Branchenexperten weisen aber immer wieder darauf hin, dass zahlreiche Fachkräfte nötig sind, um die entstehenden Produktionsanlagen zu nutzen. Der Tata-Konzern schätzt, dass alleine die Fab in Dholera direkt und indirekt Jobmöglichkeiten für 20.000 Fachkräfte schafft. Der Personaldienstleister NLB Services schätzt, dass bis 2026 rund 1 Million Fachkräfte für die Halbleiterbranche benötigt werden. Der internationale Branchenverband SEMI sieht Bedarf für 250.000 bis 300.000 fachlich qualifizierte Arbeitskräfte bis 2027.

Diese sind zum Großteil noch nicht vorhanden und müssen ausgebildet werden. Damit entstehen Möglichkeiten für Bildungsanbieter in diesen Bereich Indien hat generell großes Interesse an mehr und besserer Ausbildung. Für die Halbleiterfertigung in Indien ist unter anderem das wettbewerbsfähige Lohnniveau attraktiv. 

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