Indonesien hat wenig technisches Know-how und betreibt kaum Forschung & Entwicklung. Nur mit mehr ausländischer Hilfe kann die Landwirtschaft ihre Produktivität steigern.
Selbstversorgung steigern
Indonesische Regierungen propagieren seit Jahrzehnten die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln. In früheren Zeiten hatte das gute Gründe: Als der Archipel noch ein klassisches Entwicklungsland war, bedeutete die Sicherstellung der Ernährung einen Kraftakt, denn für einen Einkauf auf den internationalen Nahrungsmittelmärkten fehlten die Devisen. Heute ist der populäre Slogan Swasembada Pangan ("Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln") aber zu einer Worthülse geworden.
Denn gigantische Flächen des Archipels sind mit Palmöl-, Kautschuk- und Kaffeeplantagen bedeckt, die die klassische Nahrungsmittelproduktion verdrängen. Aber sie erwirtschaften große Exporterlöse, mit denen auf dem Weltmarkt Agrarrohstoffe und Grundnahrungsmittel eingekauft und darüber hinaus Technologieimporte finanziert werden, die den Aufbau der Industrie ermöglichen. Folglich integriert sich Indonesien immer stärker in den internationalen Nahrungsmittelhandel. Betrug das Außenhandelsvolumen mit Nahrungsmitteln (SITC 0) im Jahr 2000 noch knapp 6 Milliarden US$, so lag es 2022 bei mehr als 40 Milliarden US$.
Höhere Erträge erforderlich
So wenig die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln in der Praxis realistisch ist, hat jedoch zumindest ein höherer Selbstversorgungsgrad im Archipel eine große psychologische Bedeutung. Wenn alle paar Jahre - so wie 2023 - in größeren Mengen Reis importiert werden muss, führt das zu öffentlicher Empörung über die Landwirtschaftspolitik.
Die Abhängigkeit von internationalen Märkten hatte zuletzt während der Coronakrise Folgen. Wie schon während der Nahrungsmittelpreiskrise 2007/08 stoppten im Frühjahr 2020 einige asiatische Länder ihre Nahrungsmittelexporte. In Indonesien schossen vielerorts die Preise für Grundnahrungsmittel in die Höhe. Diese leichte Versorgungskrise könnte die Agrarreform weiter vorantreiben.
Deutsche Lieferchancen sind überschaubar
Die Lieferchancen für deutsche Unternehmen bei Landmaschinen sind überschaubar. Etwa drei Viertel der importierten Branchenprodukte kommen aus asiatischen Ländern mit ähnlichen Anbaukulturen. Um vom Import von Milchprodukten unabhängiger zu werden, will Indonesien seine Milchwirtschaft ausbauen. Bei Milch gehört Deutschland zu Indonesiens wichtigsten Lieferanten, wenngleich mit großem Abstand zu den Hautlieferländern Neuseeland, Australien und den USA. Auch die Rinder- und Hühnerhaltung werden ausgebaut - für alles rund um Haltung, Ernährung und medizinische Versorgung dürfte die Importnachfrage steigen.
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist allerdings ein Zukunftsthema, für das es wohl erst mittelfristig substanzielle Marktchancen geben wird. Man will zwar smarte Lösungen, aber in der kleinbäuerlich geprägten Landwirtschaft (selbst der Palmölanbau ist zu 40 Prozent kleinbäuerlich) fehlen dafür die strukturellen Voraussetzungen.
"Omnibus Bill" öffnet die Landwirtschaft für Investoren
Indonesiens Landwirtschaft benötigt aus dem Ausland Landmaschinen, Digitalisierungstechnik, Düngemittel, aber auch das Know-how moderner Anbaumethoden. Wichtiger Schlüssel für die Entwicklung ist daher eine Öffnung für ausländische Investoren. Bis 2021 war der Sektor weitgehend geschlossen (mit Ausnahme des industriell betriebenen Palmölanbaus). Grund war die Angst vor einer Verdrängung einheimischer Unternehmen, Kooperativen oder Familienbetriebe.
Die Liberalisierung des Investitionsrechts durch die sogenannte Omnibus Bill, eines der größten Reformprojekte seit Jahrzehnten, hat 2021 - neben den allermeisten Industriesektoren - auch die Landwirtschaft für ausländische Investoren geöffnet. Unter anderem ist die Grenze für ausländische Beteiligungen von 30 Prozent an größeren Betrieben gefallen. Auch die vielstufigen Lizensierungsprozesse und überlappende nationale und regionale Gesetze sollen nun Vergangenheit sein. Allerdings muss in den kommenden Jahren die Praxis zeigen, ob sich die Investitionsbedingungen wirklich nachhaltig verbessert haben. Schließlich stehen dem Reformwillen zahllose Partikularinteressen entgegen.
Stark reglementierte Importe
Die Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft durch das Anwerben ausländischer Investoren könnte die im regionalen Vergleich hohen Nahrungsmittelpreise senken. Durchschnittlich geben Indonesier die Hälfte ihrer Konsumausgaben für Nahrungsmittel aus. Importe von Nahrungsmitteln, die über die Grundversorgung hinausgehen, werden nur widerwillig zugelassen und über die Vergabe von Importlizenzen streng reguliert. Neben Zöllen gibt es nichttarifäre Handelshindernisse - 436 davon hatte das Center for Indonesian Policy Studies (CIPS) vor einigen Jahren identifiziert. Nicht immer hält sich das Land dabei an WTO-Richtlinien oder Handelsabkommen.
Ein weiteres Instrument des Protektionismus ist das seit Oktober 2019 in Kraft befindliche Halal-Gesetz. Jederzeit können die bestehenden Regeln von der indonesischen Regierung so streng ausgelegt werden, dass sie bestehende Lieferbeziehungen behindern oder beenden. Bisher kann das Gesetz mangels eigener Zertifizierungskapazitäten nicht umgesetzt werden, doch es sorgt jetzt schon für Verunsicherung. Inwieweit die Welthandelsorganisation (WTO) eine strikte Auslegung unterbinden kann, ist unklar.
Von Frank Malerius
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Jakarta