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Indonesiens neuer Präsident steht für Stabilität
Indonesiens neuer Präsident Prabowo Subianto führt eine breite Koalition. Er wird der Linie seines Vorgängers wohl grundsätzlich folgen, aber auch neue Akzente setzen.
21.10.2024
Von Oliver Döhne | Jakarta
Deutsche Technologie weiß Indonesiens neuer Präsident durchaus zu schätzen – trotz aller Kritik an Europa: In 60 Mercedes S-Klasse-Limousinen ließ er nationale und internationale Gäste zu seiner Amtseinführung am 20. Oktober in Jakarta abholen, darunter Altbundespräsident Christian Wulff. Prabowo hatte die EU unter anderem dafür kritisiert, Indonesien zu viel vorschreiben zu wollen, zum Beispiel beim Schutz des Regenwalds in der Palmölproduktion. Einer von mehreren Punkten, die bis zum Abschluss des derzeit verhandelten Freihandelsabkommens (IEU-CEPA) noch ausdiskutiert werden müssen.
Ministerriege verspricht Stabilität und Fiskaldisziplin
Vertreter deutscher Firmen erwarten keine große Änderung der geschäftlichen Rahmenbedingungen, weder zum Guten noch zum Schlechten. Dafür, dass Prabowo wirtschaftspolitisch dem Kurs seines Vorgängers Joko Widodo folgen wird, spricht auch, dass er wichtige Minister auf ihrem Posten belässt. Dazu zählen die Finanzministerin Sri Mulyani, eine ehemalige Weltbank- und IWF-Topmanagerin, Wirtschaftsminister Airlangga Hartarto, Industrieminister Agus Gumiwang Kartasasmita, der Minister für Energie und Mineralische Ressourcen, Bahlil Lahadalia, sowie der Minister für die in Indonesien äußerst wichtigen Staatsbetriebe, Erick Thohir.
Indonesiens Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren stetig über 5 Prozent gewachsen und die Regierung behielt die meisten makroökonomischen Indikatoren im Griff. Bei der bisher vergleichsweise niedrigen Staatsverschuldung sehen Landeskenner ein mögliches Risiko für einen deutlichen Anstieg. Neben seinem Wahlversprechen, jedem Schulkind eine Gratis-Mahlzeit pro Tag zu verschaffen, werden sich auch die voraussichtlich sieben neue Ministerien auf das Staatsbudget auswirken. Den Verbleib von Mulyani sehen Beobachter aber als Garantie für fiskalische Disziplin. Durch konsequenter eingezogene Steuern und Einfuhrabgaben sollen die Staatseinnahmen sogar steigen.
Was Großprojekte betrifft, will der neue Präsident auch bei ausländischen Unternehmen für öffentlich-private Entwicklungspartnerschaften (Public-private-Partnership, PPP) werben, zum Beispiel für den Bau von Dämmen, Straßen und Zugstrecken. Ein Wunschprojekt ist ein gigantischer Flutdamm (Sea Wall), der sich über die gesamte Nordküste von Java erstrecken soll und an dem offenbar China und auch die Niederlande Interesse haben. Die Rolle der unter Widodo erstarkten Staatsbetriebe, zum Beispiel im Finanzsektor, Bergbau, Bauwirtschaft und Telekommunikation, könnte unter Prabowo möglicherweise wieder etwas abnehmen.
Mehr von Biodiversität und Ressourcenreichtum profitieren
Prabowo will Landwirte dabei unterstützen, mehr und effizienter zu produzieren. Kleine Agrarbetriebe sollen Finanzhilfen und besseren Zugang zu Düngemitteln, Saatgut und Pflanzenschutzmitteln bekommen. Auch das Energiepotenzial des Agrarsektors beabsichtigt Prabowo stärker anzuzapfen: Palmöl soll in möglichst großen Stil zu Biodiesel und Biokerosin werden, aus Zuckerrohr und Maniok Ethanol. Mehr Geothermie, Wind- und Solarkraft steht ebenfalls auf dem Programm, zum Beispiel schwimmende Photovoltaikanlagen auf Inlandsgewässern. Die Energiewende soll auch über einen Green Economy Fund finanziert werden, den Prabowo mit dem Verkauf von Carbon Credits füllen möchte. Die Rede ist von 65 Milliarden Euro.
Wie schon sein Vorgänger, Joko Widodo, strebt auch Prabowo danach, die mineralischen Rohstoffe stärker im eigenen Land weiterzuverarbeiten und den Wissenstransfer für indonesische Firmen voranzutreiben, zum Beispiel in der Batteriewertschöpfungskette. Der Ausbau der Logistikinfrastruktur, einer von Widodos Schwerpunkten, tauchte im Wahlprogramm der neuen Regierung weniger explizit auf. Experten sehen eine Schwerpunktverschiebung von der physischen Infrastruktur hin zu Humankapital. Im sozialen Wohnungsbau ist der Bau von 2 Millionen Häusern pro Jahr geplant.
Projekt "Neue Hauptstadt" läuft weiter
Den von Widodo gestarteten Bau der künftigen neuen Hauptstadt Ibu Kota Nusantara (IKN) in Ost-Kalimantan will Prabowo offenbar fortsetzen, wenn auch etwas weniger enthusiastisch und ausgabenfreudig als Widodo. IKN wurde im September 2024 offiziell für Besucher geöffnet, vorerst noch mit spezieller Registrierungspflicht. Die ersten Hotels sind fertig, auf dem Flughafen landen aber bislang nur Sonderflüge. Besucher müssen noch den Umweg über das zwei Autostunden entfernte Balikpapan nehmen.
Ab 2025 sollen die ersten Beamten ihren Dienst in IKN antreten. Trotz der umfangreichen Bauaktivitäten und Anreize halten sich ausländische Investoren bislang noch zurück, unter anderem bis klar ist, welche Priorität Prabowo dem Großprojekt beimessen wird. Landeskenner rechnen nicht damit, dass in den kommenden zehn Jahren ein tatsächlicher Übergang der Mehrheit relevanter Hauptstadtfunktionen von Jakarta nach IKN erfolgen wird.
Aktivere Außenwirtschaftspolitik
In den internationalen Beziehungen rechnen Experten damit, dass Prabowo aktiver und fordernder auftreten könnte als sein Vorgänger. Prabowo spricht zwar mehrere europäische Sprachen, auch deutsch. Seine erste Reise nach dem Wahlsieg ging aber nach China. Eine weitere Reise in die Volksrepublik steht im November an. Stellvertretender Außenminister wird immerhin der bisherige Botschafter Indonesiens in Berlin, Arif Havas Oegroseno.
Für Prabowo ist das Freihandelsabkommen mit der EU, das nicht wie geplant noch mit der Vorgängerregierung abgeschlossen werden konnte, nur eins von mehreren Projekten. Indonesien will unter anderem der OECD und dem Transpazifischen Handelsbündnis Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) beitreten. Zudem möchte es im südostasiatischen Staatenbündnis Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) eine aktivere Rolle einnehmen, besonders was Sicherheit und Geopolitik angeht. Rüstung und Landessicherheit könnten unter dem ehemaligen General und Verteidigungsminister Prabowo an Bedeutung gewinnen.
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