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Der Außenhandel mit Asien-Pazifik verliert an Fahrt
Die Aussichten für den Außenhandel zwischen Deutschland und Asien-Pazifik 2024 sind eingetrübt. Trotzdem liegen in der Region wichtige Wachstumsmärkte für deutsche Unternehmen.
05.08.2024
Von Niklas Mahlke | Berlin
Der deutsche Außenhandel mit Asien-Pazifik wird 2024 voraussichtlich erneut schrumpfen. Eine Prognose von Germany Trade & Invest auf Basis der Außenhandelszahlen der ersten fünf Monate geht von einem Rückgang um 5 bis 6 Prozent auf rund 480 Milliarden Euro im Gesamtjahr aus.
Deutscher Handel mit der Region schwächt sich ab
Der deutsche Warenaustausch mit Asien-Pazifik, dem zweitwichtigsten Handelspartner nach Europa, war bereits im Jahr 2023 rückläufig. Auf Euro-Basis ging er um 10,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die deutschen Exporte nach Asien-Pazifik sanken im Jahr 2023 um 4,9 Prozent. Die deutschen Importe aus der Region verzeichneten einen Rückgang von 13,5 Prozent.
Im Vergleich zum gesamten deutschen Außenhandel wird die negative Entwicklung noch deutlicher. Die Asienlieferungen gingen deutlich stärker zurück als die deutschen Gesamtexporte, die um 0,3 Prozent sanken. Auch bei den deutschen Einfuhren aus Asien-Pazifik lagen die Einbußen über dem Durchschnitt der Gesamtimporte.
Trotzdem bleibt die Region hinter Europa der größte Außenhandelspartner für Deutschland: Das bilaterale Handelsvolumen hat sich laut Angaben des Statistischen Bundesamts von 2010 bis 2023 auf insgesamt 512 Milliarden Euro fast verdoppelt. Im Jahr 2023 waren die Länder Asien-Pazifiks Abnehmer für knapp 14 Prozent der deutschen Gesamtexporte und damit ein wichtiger Absatzmarkt. Die Bedeutung als Beschaffungsmarkt war sogar noch höher, mit einem Anteil von rund 22 Prozent an den deutschen Gesamtimporten.
Region* | Exporte 2023 (in Milliarden Euro) | Veränderung | Anteil an deutschen Gesamtausfuhren 2023 |
---|---|---|---|
Westeuropa | 781,8 | -0,8 | 49,5 |
Mittel- und Osteuropa | 295,1 | 2,6 | 18,7 |
Asien-Pazifik | 214,6 | -4,9 | 13,6 |
Nordamerika | 189,6 | 2,3 | 12,0 |
Naher und Mittlerer Osten | 30,2 | 7,3 | 1,9 |
Südamerika | 23,2 | 1,5 | 1,5 |
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) | 17,6 | -20,6 | 1,1 |
Subsahara-Afrika | 15,7 | 1,2 | 1,0 |
Nordafrika | 13,1 | 19,0 | 0,8 |
Weltweit | 1.580,8 | -0,3 | 100,0 |
Gedämpfte Nachfrage bremst deutsche Exporte
Wechselkursschwankungen sowie die verhaltene Nachfrage liefern Erklärungen für den Einbruch bei deutschen Lieferungen speziell nach Asien-Pazifik. Vor allem die schwache Konjunktur in China hinterlässt ihre Spuren. Der größte Handelspartner Deutschlands steht für rund die Hälfte des Asienhandels. Zudem machen sich Lokalisierungstrends bemerkbar: Deutsche Unternehmen fertigen zunehmend in der Region für die lokalen Märkte. Und gerade in China dringen lokale Zulieferer in immer mehr Segmente vor.
Der schwache Inlandskonsum im Reich der Mitte lässt auch chinesische Unternehmen zunehmend nach neuem Exportpotenzial suchen. Alternative Absatzmärkte in der Region gewinnen also nicht nur für deutsche, sondern auch für chinesische Unternehmen an Bedeutung. Der Wettbewerb wird dadurch für deutsche Firmen härter. Auf der anderen Seite bieten noch viele Märkte in Asien-Pazifik Chancen für die Diversifizierung, ob als Absatzmarkt oder für die Beschaffung.
Nach China sind Südkorea und Japan die beiden wichtigsten deutschen Absatzmärkte in der Region. Auch hier war der Export der Bundesrepublik rückläufig. In der Studie "AHK World Business Outlook" verweisen deutsche Firmen auf die geringe Nachfrage in Südkorea. In Japan erschwert die Abwertung der Landeswährung Yen den Absatz deutscher Produkte. Die größten wertmäßigen Exportzuwächse verzeichneten im Jahr 2023 Indonesien und vor allem Indien. Gefragt waren dort unter anderem Maschinen und Flugzeuge.
China kauft weniger Maschinen, Indonesien mehr
Der Rückgang der Exporte nach Asien-Pazifik geht vor allem auf drei Branchen zurück: Chemie, Straßenfahrzeuge und Elektronik. Hier waren die Einbrüche beim wichtigsten regionalen Exportmarkt China besonders hoch. Aber auch nach Südkorea wurden 2023 deutlich weniger Straßenfahrzeuge exportiert.
Das Geschäft mit Maschinen blieb hingegen mit rund 44 Milliarden Euro stabil. Es gab aber Verschiebungen bei den Zielländern: Während die Maschinenexporte nach China um 3,8 Prozent sanken, zogen sie bei anderen wichtigen Handelspartnern wie Indonesien, Singapur und Australien an. Mit 8,5 Prozent verzeichneten auch Flugzeuge im Jahr 2023 ein hohes Wachstum. Flugzeugexporte sind aber stark von Projekten abhängig und somit starken Schwankungen unterlegen.
Exporteinbrüche bei Chemie und Straßenfahrzeugen - Nachfrage nach Maschinen fast überall gestiegen
Die Struktur der deutschen Exporte nach Asien-Pazifik hat sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert. Anders sieht es bei den Importen aus: China konnte seinen Anteil um 4 Prozentpunkte steigern. Auch Taiwan und Vietnam erhöhten ihre Anteile um jeweils etwa 1 Prozentpunkt. Dahingegen büßte Japan 4,1 Prozentpunkte ein.
Die Region ASEAN bleibt ein wichtiger Beschaffungsmarkt
Die einzelnen Staaten der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) sind vergleichsweise kleine Absatzmärkte für die deutsche Wirtschaft. In ihrer Gesamtheit hat die Region aber einen bedeutenden Stellenwert für Unternehmen aus der Bundesrepublik: Im Jahr 2023 gingen 13,2 Prozent der deutschen Exporte nach Asien-Pazifik in die ASEAN-Länder.
Die traditionell starke Nachfrage aus den ASEAN-Mitgliedstaaten nach chemischen Erzeugnissen und nach Elektronik aus Deutschland ging 2023 zurück. Chemie verzeichnete einen Rückgang um 16,2 Prozent, Elektronikwaren um 9,3 Prozent. Allerdings blieben die Gesamtexporte in die ASEAN auf Euro-Basis stabil, weil es bei den – traditionell schwächeren – Warenkategorien Straßen- und Luftfahrzeuge beachtliche Nachfrage gab. In US-Dollar gerechnet gab es sogar einen Zuwachs von über 3 Prozent.
Während die deutschen Exporte in die Länder der ASEAN seit Jahren moderat bleiben, befinden sich die Importe auf einem hohen Niveau. Zwar sanken die Einfuhren 2023 im Vergleich zu 2022 von 58 Milliarden Euro auf etwa 53 Milliarden Euro. Damit lagen sie aber immer noch weit über dem Jahresdurchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre (41 Milliarden Euro).