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ASEAN profitiert von Diversifizierung der Halbleiterlieferketten

Südostasien könnte größter Nutznießer werden, wenn internationale Chiphersteller sich neu aufstellen. Deutsche Firmen sind in der Region schon mit Produktionsstandorten vertreten.

Von Alexander Hirschle | Singapur

Mehr und mehr internationale Unternehmen zieht es nach Südostasien, um dort ihre Halbleiterlieferketten neu aufzustellen – insbesondere Firmen aus den USA und Südkorea, aber auch aus Deutschland. Die Hersteller wollen regionale Klumpenrisiken minimieren und dem wirtschaftspolitischen Konflikt zwischen den USA und China aus dem Weg gehen. Nach Einschätzungen von Branchenanalysten könnten die Mitglieder des Staatenbundes ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) dabei zu den größten Profiteuren werden. 

Für diese Region sprechen mehrere Punkte, darunter eine junge Bevölkerung und relativ günstige Lohn- und Betriebskosten, mit Ausnahme Singapurs. Zudem befindet sie sich in direkter Nähe zu den großen asiatischen Abnehmermärkten und Produktionsstandorten wie China, Taiwan, Südkorea und Japan.

Die rasante Entwicklung bei künstlicher Intelligenz (KI) wird dem Halbleitersektor weiter Auftrieb verleihen. Gemäß Berechnungen des Instituts Kearney wird KI bis zum Jahr 2030 insgesamt einen Wert von 1 Billion US-Dollar (US$) zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts in Südostasien beitragen.

Malaysia und Singapur sind attraktivste Standorte in der Region

Technologisch am weitesten fortgeschritten ist Singapur. Als einziger Standort in Südostasien hat es der Stadtstaat geschafft, sich zu einem Hightech-Hub für Chips zu entwickeln. Etwa 1.000 Branchenfirmen sind in Singapur im Halbleitersegment aktiv. Neben Chips werden auch Ausrüstungen für die Produktion hergestellt. Darüber hinaus gilt der Stadtstaat als internationale Handelsdrehscheibe für Chips. Die größte Branchenmesse Südostasiens, die "Semicon Southeast Asia", wird im Jahr 2025 zu ihrem 30. Jubiläum wieder in die Löwenstadt zurückkehren. In den vergangenen Jahren wurde sie in Malaysia abgehalten. Das Land gilt neben Singapur derzeit als attraktivster Standort für Chiphersteller in der ASEAN.

Malaysia kann ein eingespieltes Halbleiterökosystem mit einer funktionalen Infrastruktur und gut ausgebildeten Arbeitskräften für den Sektor vorweisen. Die Insel Penang gilt als das Silicon Valley Südostasiens. Die Lohnkosten in der Chipherstellung Malaysias liegen unter denen in Singapur. Im Gegensatz zu Singapur verfügt Malaysia auch über deutlich größere Landreserven. Malaysia hat sich bisher vor allem auf die Bereiche Packaging sowie Assembling und Testing (ATP) fokussiert, wo es nach Einschätzung von Branchenexperten über das größte Ökosystem in Südostasien verfügt. Etwa 13 Prozent der weltweiten Testing- und Packaging-Aktivitäten finden in Malaysia statt. Beim Export von Chips liegt Malaysia bereits auf Rang 6 im weltweiten Vergleich. 

Die Regierung erhofft sich im Rahmen ihrer Halbleiterstrategie NSS (National Semiconductor Strategy) in den kommenden Jahren Investitionen in einer Größenordnung von mehr als 140 Milliarden US$ im Sektor. Rund 5 Milliarden US$ sind in diesem Rahmen als Fördermittel vorgesehen. Weitere Impulse dürfte die geplante Sonderwirtschaftszone mit Singapur in Johor geben, in der ein Schwerpunkt auf die Halbleiterindustrie gelegt werden soll. Künftig will Malaysia ein stärkeres Augenmerk auf die Herstellung von Wafern, Design und Entwicklung sowie Advanced Packaging legen. 

Infineon weitet Produktion in Malaysia aus

Zahlreiche US- und auch chinesische Firmen haben in den vergangenen Jahren milliardenschwere Investitionen in den Bau von Fabs in Malaysia getätigt oder angekündigt. Auch die deutsche Infineon eröffnete im August 2024 ein neues Werk vor Ort. Nach Abschluss der 1. Projektphase bis spätestens Anfang 2027 soll die Fertigung bei voller Kapazität anlaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen 2 Milliarden US$ in das Vorhaben fließen, für eine 2. Projektphase sind Pressemeldungen zufolge weitere 5 Milliarden US$ vorgesehen. 

Die im neuen Werk produzierten Halbleiter werden vor allem die Nachfrage aus den Sektoren erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge sowie Rechenzentren und künstliche Intelligenz bedienenMalaysia ist mit 15.000 Beschäftigten bereits heute der personell größte Produktionsstandort des Unternehmens. Doch Infineon intensiviert nicht nur seine Aktivitäten in Malaysia, sondern erweitert auch sein Forschungs- und Entwicklungs-Team in Vietnam und sein Customer Support Center in Indonesien, wo es auch schon über Anlagen für Packaging und Testing verfügt.

In Vietnam entstehen bis 2030 zehn ATP-Fabriken

In den anderen vier großen ASEAN-Staaten dominieren dagegen einfachere Chiperzeugnisse und Back-end-Produktion. Die Philippinen, Vietnam, Thailand und in Teilen Indonesien haben sich vor allem auf ATP fokussiert. Vor allem Vietnam baut diesen Bereich massiv aus. Die Regierung in Hanoi rechnet damit, dass bis 2030 zehn ATP-Fabriken und 15 Einheiten zur Herstellung von Ausrüstungen entstehen. Künftig dürften jedoch auch Forschungszentren an Bedeutung gewinnen. Vietnam verfügt über gute Chancen, in der Halbleiterwertschöpfungskette schnell aufzusteigen und zu einem neuen High-Tech-Hub des Sektors in Asien zu werden.

Thailand und die Philippinen bauen auf bestehenden Industrien auf

Auch andere ASEAN-Länder wollen die Wertschöpfung steigern und dem Beispiel Singapurs folgen. Dabei kann Thailand von seiner starken Kfz-Industrie profitieren und die Philippinen auf eine traditionell starke Elektronikindustrie zurückgreifen. Das Ökosystem in Indonesien steckt trotz eines kleinen Chipclusters in Batam noch in den Kinderschuhen.

Zudem finden Investoren in den einzelnen Ländern unterschiedliche Rahmenbedingungen vor. Während auf den Philippinen und in Thailand die Fördersysteme für Investitionen relativ attraktiv sind, bemängeln Branchenexperten in Indonesien das Fehlen einer umfassenden Industriestrategie und eine wenig investorenfreundliche Gesetzgebung. Zudem behindern bürokratische Hürden und eine mangelhafte Infrastruktur die Entwicklung des Sektors – gleiches gilt auch für die Philippinen. Dabei hat Indonesien hervorragende Voraussetzungen für die Entwicklung einer Halbleiterindustrie, denn auf dem Archipel finden sich zahlreiche natürliche Mineralien, die als Rohstoffe für die Chipindustrie von großer Bedeutung sind.

Vietnam will 50.000 neue Fachkräfte für Chipindustrie ausbilden

Vietnam setzt beim Ausbau der Chipindustrie vor allem auf sein großes Arbeitskräftepotenzial. Bis 2030 sollen etwa 50.000 Chipingenieure und -designer ausgebildet werden, so die Pläne der Regierung. In Zeiten eines weltweiten Mangels an Halbleiterexperten kann das asiatische Land mit zahlreichen jungen und gut qualifizierten Beschäftigte punkten. Auch in den Philippinen bietet die junge und englischsprachige Bevölkerung ein großes Potenzial. In Thailand und Indonesien berichten Branchenkenner dagegen von einem Mangel an Halbleiterfachkräften. 

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