Irlands Energiesystem steht vor einem massiven Ausbau der Windenergie und der Solarkraft. Großes Potenzial bietet auch Wasserstoff.
Irland steht vor einem massiven Umbau seiner Energiewirtschaft, der große Investitionen auslösen wird und damit Geschäftschancen für deutsche Unternehmen mit sich bringt.
Elektrifizierung und Dekarbonisierung treiben Umbau der Energiewirtschaft
Für den Umbaubedarf sorgen zwei Trends: Erstens sorgt die Elektrifizierung für einen größeren Strombedarf, der sich in den zehn Jahren bis 2032 bei Elektroautos versechzehn- und bei Wärmepumpen fast vervierfacht hat. Noch größer ist der Effekt durch die erfolgreiche Ansiedlung von Datenzentren. Ihre Stromnachfrage steigt im gleichen Zeitraum um 87 Prozent und wird 2032 rund 30 Prozent des Stromverbrauchs ausmachen. Damit werden die Datenzentren der größte Abnehmer sein, wie aus den Prognosen des Netzbetreibers hervorgeht. Heute haben sie einen Anteil von 22 Prozent am Stromverbrauch.
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%
höher wird der gesamte Strombedarf 2030 in Irland gegenüber 2022 sein und dann ca. 44,7 Terawattstunden betragen. Quelle: EirGrid 2024
Zweitens treibt die irische Politik den Dekarbonisierungskurs der Stromerzeuger an. Bis 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung von fast 39 Prozent 2022 auf 80 Prozent steigen. Davon werden vor allem die Wind- und Solarenergie profitieren. Gaskraftwerke, die mit einem Anteil von fast 49 Prozent derzeit noch wichtigste Stromproduzenten sind, müssen auf erneuerbare Quellen wie Biogas oder Wasserstoff umstellen.
Beispielhaft für den Umbau des irischen Energiemix stehen die Pläne für das Kraftwerk Moneypoint des Energieunternehmens ESB. Im Oktober 2024 beendet das Unternehmen die Kohleverstromung dort und damit am letzten Standort im Land. In Zukunft wird Moneypoint selbst zum Reservekraftwerk. Unklar ist noch, ob Schweröl eingesetzt wird - also günstig, aber gegen den Dekarbonisierungskurs - oder ob mithilfe staatlicher Unterstützung eine Gasturbine verbaut wird, die auch mit erneuerbarem Gas befeuert werden könnte. Von größerer Bedeutung ist jedoch das "Green Atlantic Projekt" am Standort Moneypoint. An der Küste soll eine 1,5 Gigawatt starke schwimmende Offshore-Windanlage errichtet werden, die auch grünen Wasserstoff erzeugen soll. Was in Moneypoint entsteht, steht der gesamten irischen Energiewirtschaft bevor: Die Dekarbonisierung der Gaskraftwerke, der umfangreiche Ausbau erneuerbarer Energien und der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft.
Offshore-Wind-Kapazitäten von 37 Gigawatt bis 2050
Irland ist ein erfahrener Standort bei der Windenergie, die bereits ein Drittel der Stromversorgung ausmacht. Die Insel verfügt damit über die dritthöchste Marktdurchdringung von Wind nach Dänemark und Litauen. Allerdings entsteht der Strom fast ausschließlich in Onshore-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 5 Gigawatt, während die Insel trotz ihrer windträchtigen großen Meeresfläche nur über eine 25 Megawatt kleine Off-Shore Windanlage von GE Energy verfügt.
Das wird sich zukünftig ändern. Bis 2030 sollen bereits mindestens 5 Gigawatt Erzeugungskapazitäten aufgebaut werden. Mit dem Future Framework for Offshore Renewable Energy strebt die Regierung an, die Kapazitäten bis 2040 sogar auf 20 Gigawatt und bis 2050 auf 37 Gigawatt auszubauen. Angesichts des niedrigen Ausgangsniveaus und den hohen lokalen Anforderungen, zum Beispiel an die Lieferkette, Hafenkapazitäten und Fachkräfteverfügbarkeit, ist das Ziel ambitioniert.
Die Entwicklung der Offshore-Wind-Industrie ist bereits in vollem Gange. Vier Projekte mit einer kombinierten Kapazität von 3 Gigawatt konnten im März 2023 eine staatliche Förderung (siehe Rahmenbedingungen) ergattern und könnten bis 2028 ans Netz gehen. Dazu gehört auch die 850 Megawatt starke Windfarm Dublin Array, die der deutsche Energiekonzern RWE mit seinem Partner Saorgus Energy entwickelt. Die zweite, auktionsbasierte Förderrunde (ORESS 2.1) wird aktuell vom Department of the Environment, Climate and Communications vorbereitet und soll noch in diesem Jahr beginnen.
Projekte der erneuerbaren Energien in IrlandLeistung in Megwatt, Investitionssumme in Millionen EuroProjektbezeichnung (Standort) | Leistung | Unternehmen | Status | Investitionsvolumen |
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Realt na Mara Wind Farm; Küstenregionen Dublin und Wicklow | 1.600 | Ocean Winds Joint Venture: EDP Renewables/ENGIE | Studienphase | 1.929 |
Blackwater Floating Offshore Wind Farm; vor der Küste von Wexford | 1.500 | Joint Venture: Cobra S.A./Floating Energy | Studienphase | 2.782 |
Western Star Offshore Floating Wind Farm; Küstengebiet County Clare | 1.350 | Joint Venture: EDF Renewables/Simply Blue Group | Studienphase | 1.670 |
Codling Wind Park; vor der Küste von Wicklow (Phase 1) | 1.300 | Joint Venture: EDF Renewables/Fred Olsen Seawind | Studienphase | k.A. |
Celtic Sea Array Offshore Wind Farm; vor der Küste von Waterford | 1.200 | SSE Renewables | Studienphase | 2.515 |
Dublin Array Wind Farm; Küstengebiete Dublin und Wicklow | 824 | Joint Venture: RWE/Saorgus Energy | Studienphase | 2.000 |
Silvermines Hydro Electric Power Station; County Tipperary | 360 | Entwickler: Siga-Hydro Limited | Studienphase | 650 |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024; Pressemeldungen
Wachsender Repowering-Markt bei Onshore-Wind
Irlands etablierter Onshore-Sektor steht vor einer neuen Marktphase. Einerseits rechnet der Branchenverband Wind Energy Ireland bis 2030 mit einem Anstieg der zugebauten installierten Kapazität um 705 Megawatt, andererseits laufen bis dahin auch Betriebsgenehmigungen für Windanlagen von 854 Megawatt aus. Der Verband drängt die Regierung die teuren und aufwändigen Genehmigungsverlängerungen zu vereinfachen, auch um den Onshore-Ausbau anzutreiben. Damit entstünde auch ein neuer Markt für das Repowering alter Anlagen.
Zu den großen Projektentwicklern bei Onshore-Wind gehören unter anderem die Energieunternehmen ESB und Bord na Móna, die gemeinsam mit der 192 Megawatt starken "Oweninny" Anlage, die größte Onshore-Windfarm des Landes entwickeln. Bord na Móna und SSE Renewables planen darüber hinaus in den nächsten zehn Jahren für rund 1 Milliarde Euro Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 800 Megawatt aufzubauen.
Strategie für Wasserstoffwirtschaft vorgelegt
Eng verbunden mit dem Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem in der Windenergie, ist der Aufbau einer irischen Wasserstoffökonomie. Mit Veröffentlichung der nationalen Strategie im Jahr 2023 gilt Irland als Nachzügler, sollte aber wegen des großen Offshore-Wind-Potenzials nicht unterschätzt werden. In einem ersten Schritt will die irische Regierung die Elektrolyse von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien fördern, um parallel 2 Gigawatt Offshore-Windkapazitäten aufzubauen, die ab 2030 dezidiert für die Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt werden. Anknüpfungspunkt für deutsche Unternehmen bildet unter anderem der Wasserstoffrat bei der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer.
Von Marc Lehnfeld
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London