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Getrübte Aussichten für Israels Wohnungsbau

Hohe Preise und gestiegene Finanzierungskosten belasten den Wohnungsbau. Längerfristig kann eine Entbürokratisierung die Bautätigkeit wesentlich erleichtern.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Israels Ziele für den Wohnungsbau werden voraussichtlich auch 2023 verfehlt. Nicht nur höhere Zinsen für Bauherren und Baufirmen befeuern diesen Trend, sondern auch die weiterhin bestehenden bürokratischen Rahmenbedingungen.

Ziele im Neubau werden nicht erreicht

Der Wohnraummangel und das schnelle Bevölkerungswachstum verlangen eine deutliche Aufstockung des Wohnungsbestands. Im Januar 2023 erklärte Israels Finanzminister Bezalel Smotrich, dass pro Jahr 80.000 Wohnungen gebaut werden müssten.

Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Zwischen 2016 und 2020 lag die Zahl zwischen 55.000 und 57.000. Im Jahr 2021 wurde mit 63.600 ein Anstieg verbucht. Allerdings wurde das erforderliche Bautempo  auch damit noch nicht erreicht. Das gilt auch für das Jahr 2022, in dem Schätzungen zufolge, der Bau von 65.000 bis 70.000 Wohnungen in Angriff genommen wurde.

Preise auf Höchststand

Im Jahr 2023 werden zwei Hauptfaktoren die Wohnungsbaubranche belasten. Der erste ist das stark gestiegene Preisniveau. Nachdem die Wohnungspreise bereits 2021 um 13 Prozent gestiegen waren, schnellten sie 2022 um rund 20 Prozent nach oben. Dieser Preisanstieg lag weit über der Erhöhung der allgemeinen Lebenshaltungskosten, die sich in den beiden genannten Jahren auf 1,5 beziehungsweise 5,3 Prozent belief.

Das Teuerungspotenzial für Wohnungen gilt als mehr oder weniger ausgeschöpft. Die Prognosen für 2023 schwanken zwischen geringfügigem Rückgang und leichtem Anstieg der Preise.

Wohnungserwerb geht zurück

Das gegenwärtige Preisniveau macht den Wohnungskauf für viele Israelis unerschwinglich. Als weitere Belastung kommt die schnelle Zinserhöhung durch die israelische Zentralbank hinzu. Zwischen April 2022 und Januar 2023 stieg der Leitzins von 0,10 auf 3,75 Prozent. Damit wurden unter anderem auch Hypothekendarlehen teurer. Das schreckte viele Käufer zusätzlich ab.

Die Zahl der Kaufverträge von Neubauwohnungen ging bereits in den ersten Monaten 2022 zurück. Angesichts der Zinserhöhungen verstärkte sich diese Tendenz im weiteren Jahresverlauf.

In den Monaten September bis November, so die jüngsten verfügbaren Angaben, sank die Zahl der unterzeichneten Wohnungskaufverträge mit einem Minus von 20,2 Prozent gegenüber dem Parallelzeitraum des Vorjahres sehr deutlich. Im Endergebnis blieben die Bauunternehmen Ende 2022 auf einem höheren Bestand unverkaufter Wohnungen sitzen.

Streichung geplanter Projekte möglich

Im Jahr 2022 sind die Investitionen in den Wohnungsbau - dank des noch abzuarbeitenden Auftragsbestandes -  gestiegen. Im Jahr 2023 aber dürfte die Zurückhaltung der Käufer für sinkende Investitionen sorgen.

Auch den Bauunternehmen machen die Zinserhöhungen zu schaffen. Sie müssen zudem strengere Kriterien für die Kreditaufnahme erfüllen. Avishai Ben Haim, Generaldirektor der Baufirma Rotshtein Real Estate, berichtete in einem Interview der Wirtschaftszeitung The Marker: In der Vergangenheit mussten Bauunternehmen 10 Prozent der bei einem Bauprojekt geplanten Wohnungen verkauft haben, um Kredite bei der Bank zu bekommen, inzwischen seien es 20 Prozent. Auch die Eigenkapitalanforderungen an Bauunternehmen seien gestiegen. Im Ergebnis, so Ben Haim, könnten Baufirmen wahrscheinlich nicht alle geplanten Projekte realisieren.

Entbürokratisierung nötig

Um den Neubau zu unterstützen, könnten Regierung und Kommunen die Rahmenbedingungen verbessern, dies vor allem durch den Abbau bürokratischer Hürden. So etwa kann die Genehmigung von Bebauungsplänen und die Erteilung von Baugenehmigungen für einzelne Projekte durch städtische Baubehörden bis zu drei Jahre dauern. Ein No-Go für die Baubranche.

Ein weiteres Problem ist die ungenügende Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Die Zahl israelischer Bauarbeiter deckt nur einen Teil des Arbeitskräftebedarfs. Deshalb greift die Bauwirtschaft auf Arbeitnehmer aus den palästinensischen Gebieten und aus Übersee zurück. Langwierige und eine unzureichende Anzahl von Arbeitsgenehmigungen führen aber zu regelmäßigen Engpässen.

Regierung ist gefordert

Nun bleibt abzuwarten, inwieweit die Regierung Schritte unternimmt, die den Teufelskreis von hohen Preisen und niedrigem Angebot durchbrechen können. Klar ist jedenfalls, dass die Krise auf dem Wohnungsmarkt die Politik zunehmend unter Druck setzt.

Genügend Bauland ist vorhanden. Die staatliche Bodenbehörde gibt pro Jahr Bauflächen frei, die mehr Neubauprojekte ermöglichen, als tatsächlich zur Durchführung gelangen.  

Indikatoren zum israelischen Wohnungsbau 2018 - 2022

2018

2019

2020

2021

2021 (Januar – September)

2022 (Januar – September)

Wohnungsbauinvestitionen in Mrd. US$*

24,3

25,4

24,1

31,8

22,9

27,7

Veränderung zum Vorjahr in realen Binnenpreisen, in %

-8,3

2,2

-8,7

13,9

12,2

17,4

Anteil der Wohnungsbauinvestitionen an den Bauinvestitionen, in %

57,2

54,6

52,3

53,3

54,5

55,5

Anteil der Wohnungsbauinvestitionen an den Bruttoanlageinvestitionen, in %

30,5

27,8

27,7

28,3

28,6

30,7

Wohnungen, mit deren Bau begonnen wurde, in Tsd.

55,6

56,4

56,0

63,3

43,8

51,6

*) Binnenpreisangaben, umgerechnet nach dem jahresdurchschnittlichen WechselkursQuelle: Zentralamt für Statistik (Central Bureau of Statistics), aufgerufen am 16.1.2023

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