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Israels Oberrabbiner definiert Laborfleisch als koscher

Für den israelischen Hersteller Aleph Farms eröffnen sich damit neue Perspektiven für sein aus Stammzellen hergestelltes Fleisch - nicht nur in Israel. 

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

David Lau, Oberrabbiner in Israel und Präsident des Großen Rabbinatsgerichts, hat kultiviertes Fleisch eines israelischen Unternehmens als koscher anerkannt, also laut jüdischen Speisegesetzen für den Verzehr erlaubt. Mehr als das: Laut dem Urteil sind die Produkte der Firma Aleph Farms nicht als Fleisch einzustufen. Deshalb dürfen sie als pflanzlich beziehungsweise in religiöser Terminologie als „parve“ vermarktet werden. Mit diesem Begriff werden im Judentum Lebensmittel bezeichnet, die weder Fleisch noch Milch enthalten.

Kundenpotenzial erweitert

Grundsätzlich beantwortet ein rabbinisches Gutachten religiös relevante Fragen. In diesem Fall könnte es aber auch von wirtschaftlicher Bedeutung sein.

Das Gutachten bezieht sich lediglich auf das Herstellungsverfahren von Aleph Farms. Dennoch ist es eine bedeutende Entwicklung. Es ermöglicht dem israelischen Unternehmen, die Akzeptanz und die Vertriebswege seiner „Stammzellen-Steaks“ auf dem einheimischen Markt mithilfe eines viel größeren Verbraucherkreises zu prüfen. Da rund 70 Prozent aller israelischen Juden sich nur koscher ernähren, können nun auch sie das neue Produkt probieren.

Hohe Akzeptanz zu erwarten

Hinzu kommt, dass die meisten Nahrungsmittelläden inklusive fast aller großen Supermarktketten nur koschere Produkte führen. Deshalb können die Steaks oder andere mit demselben Verfahren erzeugten Nahrungsmittel nun auch im allgemeinen Einzelhandel angeboten werden.

Zwar gibt es im Judentum keine oberste religiöse Instanz. Das Oberrabbinat ist ein Staatsamt, hat aber keine theologische Weisungsbefugnis. Dennoch ist anzunehmen, dass die allermeisten religiösen Juden, auch solche in anderen Ländern, das Gutachten des streng orthodoxen Rabbiners Lau akzeptieren werden.

Globaler Markt für koscheres Rindfleisch expandiert

Nach Erkenntnissen von Aleph Farms nimmt die Nachfrage nach koscherem Rindfleisch zu. Das Unternehmen geht davon aus, dass der globale Markt für koschere Rindfleischerzeugnisse 2030 einen Umsatz von rund 100 Milliarden US-Dollar erreicht.

Koschere Produkte werden zum Teil auch von Nichtjuden nachgefragt. Solche Verbraucher sehen in den strengen Kontrollen, denen die Herstellung koscherer Lebensmittel unterliegt, eine Art Gütesiegel.

Anerkennung durch andere Religionen angestrebt

Nach der Veröffentlichung des rabbinischen Gutachtens will Aleph Farms prüfen, ob die Produkte der Firma auch in anderen Religionskreisen als zulässig anerkannt werden. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen bereits Kontakte zu muslimischen und hinduistischen Religionsautoritäten aufgenommen.

Wichtig wird auch sein, ob der wissenschaftlich gestützte Befund, aus Stammzellen gezüchtete Produkte seien pflanzlich, Akzeptanz auf dem Markt für vegane und vegetarische Lebensmittel findet.

Dank Herstellungsverfahren als pflanzlich anerkannt

Die Einstufung der steakähnlichen Produkte ist dem von Aleph Farms entwickelten Produktionsverfahren geschuldet. Wie Lau feststellt, beginnt der Herstellungsprozess mit Stammzellen, die aus befruchteten Eizellen einer Kuh gewonnen werden, bevor die Eizellen sich an der Gebärmutterwand festmachen. In diesem Stadium seien sie weder als Teil des Muttertieres, noch als Fleisch zu betrachten. Hinzu komme, dass die Stammzellen keine vollständige Eizelle, sondern nur einen separaten Teil davon darstellten.

Die Stammzellen werden in einem Nährmedium gezüchtet. Dabei werden sie so gesteuert, dass sie sich zu Muskelgewebe entwickeln. Das verleiht dem Endprodukt die Konsistenz und den Geschmack von herkömmlichen Steaks. Das ändert laut Lau aber nichts daran, dass sie als pflanzliches Erzeugnis zu betrachten sind.

Aleph Farms wurde 2017 in Israel gegründet. Der Firmensitz befindet sich in der 25 Kilometer südlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Rehovot.

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