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Italiens Jachtwerften setzen auf Technologievorsprung

Viele italienische Jacht- und Bootsbauer sind entwicklungsstark und wachsen dynamisch. Dies bietet deutschen Herstellern gute Liefer- und Kooperationsmöglichkeiten.

Von Torsten Pauly | Mailand

Italienische Werften sind Weltmarktführer bei Megajachten und haben auch bei kleineren Modellen eine starke Stellung. Sie müssen jedoch investieren, um ihre hohe Produktivität zu erhalten. So erweitert der führende Jachtbauer Azimut-Benetti seine Kapazitäten bis 2027 mit 99 Millionen Euro. Weitere 43 Millionen Euro fließen in Forschung und Entwicklung. Für die Digitalisierung der Produktion wendet Azimut-Benetti zudem 14 Millionen Euro auf.

Auch der italienische Staat fördert Investitionen in die Digitalisierung und Energieeffizienz von Produzenten mit dem Programm Transizione 5.0. Für Ausrüstungsbeschaffungen kleiner und mittlerer Unternehmen gibt es zudem das Programm Beni strumentali.

Entwicklung von Wasserstoffantrieben mit Siemens

Italienische Werften bauen Hybridmotoren ein und entwickeln Wasserstoffantriebe auf Methanolbasis. Der Hersteller Sanlorenzo hat für eine neue Brennstoffzelle zur Bordversorgung seiner Fünfzigmeterjacht „50Steel“ mit Siemens zusammengearbeitet. Bis 2027 will Sanlorenzo auch Antriebe entwickeln, die zu 80 Prozent Methanol verwenden. Die Werft strebt eine kohlenstofffreie Produktion bis 2030 an. Italienische Jachten fahren traditionell zu über 90 Prozent mit Innenbordmotoren.

KI und Nachhaltigkeit werden immer wichtiger

Viele Werften setzen seit Kurzem auch auf künstliche Intelligenz. Azimut-Benetti etwa erforscht Algorithmen, die große Daten zur Verbesserung des Rumpfes und der Optimierung der Jachtstabilität, der Ressourceneffizienz und der Kollisionsvermeidung auf See auswerten. Der Jachtbauer CMC Marine setzt bereits ein System ein, das große Meeres- und Borddatenmengen für einen ruhigeren Schiffsgang analysiert. Auch die Werft Rossinavi nutzt künstliche Intelligenz zur Optimierung des Energieverbrauchs an Bord.

Eine Stärke italienischer Jachtbauer sind innovatives Design und eine hochwertige Ausführung. Dabei gewinnt Nachhaltigkeit stark an Bedeutung, etwa durch die Verwendung von natürlichen und recycelten Materialen. Ein weiterer Trend ist mehr optische Transparenz durch größere Glasflächen und Außenbereiche, wobei der Schutz der Privatsphäre die Designer vor Herausforderungen stellt.

Superjachten sind made in Italy

Im Jahr 2024 befinden sich weltweit 1.166 Megajachten mit mindestens 25 Metern Länge im Bau oder in Auftragsbüchern. Davon halten italienische Werften 600 Bestellungen - das sind 123 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Etwa 83 Prozent aller italienischen Superjachtbauer erwarten, ihren Umsatz 2024 zu steigern, 50 Prozent sogar um mehr als 10 Prozent. Einen Rückgang prognostiziert kein Hersteller. Im Jahr 2023 haben zwei Drittel der Werften einen Umsatzanstieg verzeichnet, jede zweite sogar von über 20 Prozent. Dies berichtet der Branchenverband Confindustria Nautica.

Aufträge für kleinere Modelle gehen zurück

Bauer von kleineren Jachten und Booten mit bis zu 24 Metern Länge sind zuletzt weniger gut ausgelastet. In diesem Segment rechnen 32 Prozent der Werften für 2024 mit einem Umsatzplus, 36 Prozent erwarten hingegen einen Rückgang. Hauptgründe hierfür sind weniger Bestellungen wegen höherer Zins- und somit Finanzierungskosten, verzögerte und teurere Lieferungen von Vorprodukten sowie ein unsicheres internationales Investitionsklima aufgrund von geopolitischen Spannungen. Noch 2023 hatten 72 Prozent der Hersteller einen Umsatzanstieg vermeldet und nur 16 Prozent eine Verringerung.

Italienische Motorbauer und sonstige Werftzulieferer erwarten zu 41 Prozent, ihren Umsatz 2024 steigern zu können. Mit einem Rückgang rechnen 18 Prozent. Damit verschlechtert sich auch hier die Konjunktur leicht, denn 2023 hatten 65 Prozent der Hersteller einen höheren und 18 Prozent einen geringeren Umsatz vermeldet.

Die Branche trifft sich jeden September in Genua. Zur Kontaktaufnahme bietet sich die International Boat Show in Genua vom 18. bis 24. September 2025 an. Im Jahr 2024 hat die italienische Leitmesse 1.052 Austeller und 121.000 Besucher gezählt. Es finden auch viele Fachkongresse statt.

Werftcluster an vielen Küsten

Boots- und Jachtbauer und deren Zulieferer sind in ganz Italien zu finden. Es gibt jedoch einige Cluster. Diese befinden sich an der ligurischen und toskanischen Küste von Genua bis Livorno und an der Adria in Venedig, Friaul und zwischen Ravenna und Ancona. Zentren sind auch Sizilien und der Großraum Neapel. In der Lombardei und der Provinz Turin gibt es Zulieferer und Werfen für Binnenboote.

Die italienischen Boots- und Jachtbauer konnten ihre Produktion zwischen 2018 und 2023 um 40 Prozent steigern. Das Wachstum war laut Eurostat stärker als im Durchschnitt der Europäischen Union mit 22 Prozent. In Deutschland gab es im selben Zeitraum einen Rückgang um 15 Prozent. 

Im Jahr 2022 waren 22,7 Prozent aller EU-Boots- und Jachtbauer in Italien ansässig. Die Bruttowertschöpfung je Arbeitsstunde war in der italienischen Branche mit 52 Euro um 26,7 Prozent höher als im EU-Mittel.

Der größte italienische Jachtbauer Azimut-Benetti hat 2023 etwa 1,3 Milliarden Euro umgesetzt. Es folgten die Gruppe Ferretti mit 1,1 Milliarden Euro, Sanlorenzo mit 840 Millionen Euro, Palumbo mit 610 Millionen Euro und The Italian Sea Group mit 364 Millionen Euro.

Italiens Jacht- und Bootsbau in Zahlen2022
Indikator

Angabe

Unternehmen (Anzahl)

1.057

Nettoumsatz (in Millionen Euro)

3.758

Beschäftigte (Anzahl) 

23.771

*) 2023Quelle: Eurostat 2024, Confindustria Nautica 2024

Abhängigkeit von westlichen Auslandsmärkten

Italiens Exportüberschuss mit Jachten und Booten ist zwischen 2021 und 2023 um 36 Prozent gestiegen. Wichtigstes Abnehmerland sind die USA, wohin 2023 etwa 19,2 Prozent der Ausfuhr gingen. Es folgten die Cayman-Inseln mit einem Anteil von 14,9 Prozent, Frankreich mit 10,6 Prozent und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland mit 9,5 Prozent.

Das führende Lieferland in dem Segment ist Frankreich, von dort kamen 2023 etwa 43,2 Prozent aller Importe. Der Außenhandel mit Deutschland ist ausbaufähig und hat sich 2023 auf 49 Millionen Euro summiert.

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