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Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Der energetische Modernisierungsbedarf ist sehr groß. Dies geht der Staat mit attraktiven Förderungen an. Italien ist der drittgrößte europäische Markt für Holzwohngebäude.

Von Torsten Pauly | Mailand

Klima- und Kostenbewusstsein entwickelt sich rasch

Beim Wärme- und sonstigen Energieverbrauch der Haushalte (ohne Verkehr) belegte Italien 2021 innerhalb der EU einen guten 8. Platz. Ein Jahresdurchschnitt von 542 Kilogramm Rohöleinheit (KGRÖE) war deutlich weniger als in Deutschland (706 KGRÖE). Dennoch waren das Bewusstsein und die Ausgaben für Energieeffizienz und Umweltschutz in Bauprojekten in Italien über viele Jahre geringer als in Deutschland ausgeprägt. In jüngster Zeit ist aber ein rascher Wandel zu beobachten.

Hierzu trägt in hohem Maße die Teuerung für Energie bei. So ist der Gaspreis für italienische Haushalte im 2. Halbjahr 2022 um 33 Prozent gestiegen auf ein Niveau, das um 39 Prozent teurer war als in Deutschland.

Zudem haben sich in Italien extreme Wetterlagen zuletzt stark gehäuft. Dies betrifft sowohl lange Hitze- und Dürreperioden als auch extreme Unwetter mit Hagel, starken Überflutungen von Ortschaften und sogar Schneefällen im August. All dies findet in den Medien und in der öffentlichen Meinung starke Resonanz.

Im Jahr 2022 war Nachhaltigkeit für 81 Prozent aller italienischen Baufirmen ein wichtiges Thema, so der Verband ANCE. Von diesen Unternehmen wiederum haben 38 Prozent Nachhaltigkeit als Teil ihrer langfristigen Strategie. Zum Beispiel will der zweitgrößte Konzern des Landes Webuild seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um 22 Prozent unter das Niveau von 2019 senken. Für 39 Prozent der Nachhaltigkeit forcierenden Baufirmen ist auch ein Imagegewinn entscheidend.

Viel hängt von Förderprogrammen ab

Der italienische Staat hat die Vorgaben für Energieeffizienz in den letzten Jahren stark verschärft. Seit 2010 ist ein Energieausweis für alle auf dem italienischen Markt gehandelten Immobilien verpflichtend.

Noch bis Ende 2025 läuft das Förderprogramm Superbonus. Dieses gewährt auf Baumaßnahmen im Wohnraum hohe Steuerabschreibungen über einen Zeitraum von vier Jahren. Gefördert werden Maßnahmen zur Erdbebensicherheit und zur Energieeffizienz. Zu letzterem zählen auch Photovoltaikanlagen und Ladestationen für Elektroautos. Beantragen können den Superbonus Privatpersonen und andere Institutionen mit Wohnraumbesitz.

Allerdings fährt der italienische Gesetzgeber die Höhe der möglichen Abschreibungen in den nächsten Jahren etwas zurück. Noch bis Ende 2023 können Bauherren 110 Prozent der Investition steuerlich geltend machen, also mehr als die tatsächlich ausgegebene Summe. Diese Rate sinkt jedoch 2024 auf 70 Prozent und 2025 auf 65 Prozent.

Speziell für energieeffiziente Sanierungen im Bestand hat der Staat zudem das Programm Ecobonus aufgelegt. Dieses läuft derzeit noch bis Ende 2024 und fördert unter anderem Isolierungen, Solarthermie, Wärmepumpen sowie den Austausch von Fenstern und Heizkesseln.

Gebietskörperschaften haben eigene Agenturen

Einige italienische Regionen und Provinzen legen ebenfalls Fördermaßnahmen zur Energieeffizienz auf. So existiert in der Autonomen Region Bozen/Südtirol die KlimaHausAgentur. Diese informiert auf Deutsch und Italienisch über Fördermaßnahmen, Zertifizierungen und Projekte in ganz Italien. Die Autonome Provinz hat auch einen eigenen Klimaplan Südtirol 2040.

Regionen wie die Lombardei und Ligurien haben ebenfalls spezielle Institutionen, die Effizienzmaßnahmen, erneuerbare Energien und nachhaltiges Bauen fördern. Die Lombardei hat auch einen Klima- und Energieplan bis 2030. Einige dieser Energieagenturen haben sich zur Vereinigung Renael (Rete Nazionale delle Agenzie Energetiche Locali) zusammengeschlossen.

Niedrigstenergiestandard ist für öffentliche Gebäude Pflicht

Bis Ende 2019 sind in Italien etwa 1.500 Gebäude nach Niedrigstenergiestandard (Edifici Energia Quasi Zero) realisiert worden. Dies geht aus der Statistik der Nationalen Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ENEA (Agenzia nazionale per le nuove tecnologie, l'energia e lo sviluppo economico sostenibile) hervor. Seit 2021 jedoch müssen alle neuen Gebäude, die im Besitz oder im Gebrauch der öffentlichen Hand sind, diesen Standard aufweisen. Dies gilt ebenfalls für sanierte Gebäudeteile. Auch für Baustoffe hat Italien die Nachhaltigkeitsanforderungen in den letzten Jahren verschärft. Seit 2020 gelten etwa für Isolierungen Mindestumweltstandards (Criteri Minimi Ambientali). Seit 2022 gelten auch bestimmte Vorschriften zur Nutzung von Recyclingkomponenten bei Baumaterialien und zu deren Wiederverwertbarkeit nach Abriss.

Italien ist drittgrößter europäischer Markt für Holzwohngebäude

Holzbau hat in Italien viel Tradition und verzeichnet hohe Wachstumsraten. Im Jahr 2021 ist der Umsatz der Branche mit Wohngebäuden um 33 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro gestiegen. Damit liegt Italien in Europa nach Deutschland und Schweden auf Rang drei. Holzbau hat insbesondere in den nördlichen Gebieten große Bedeutung: Im Jahr 2021 entfielen 34 Prozent dieses Umsatzes auf die beiden Autonomen Provinzen Bozen/Südtirol und Trentino. Weitere führende Regionen sind die Lombardei, Venetien, die Emilia Romagna und die Marken.

In Italien existiert der Holzbauverband Assolegno. Es gibt auch eine starke internationale Vernetzung. So ist etwa Trient im Trentino ein Mitglied und Vorzeigebeispiel der europäischen Initiative Build in Wood, welche in Dänemark koordiniert wird.

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