Japans Ziel der Klimaneutralität 2050 stützt die Entwicklung des Umwelttechnikmarktes. Denn die Kreislaufwirtschaft hilft bei der Kohlendioxidsenkung.
Die Kreislaufwirtschaft soll laut Prognose des Ministry of Environment (MOE) im Jahr 2030 ein Marktvolumen von umgerechnet circa 584 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen. Dabei ist von einem kontinuierlichen Modernisierungsbedarf des Systems der Abfallwirtschaft und des Recyclings in Japan auszugehen. Möglichst effiziente und umweltschonende Lösungen sind gefragt, wobei deutsche Anbieter in Japan möglicherweise punkten können.
Verbesserungsmöglichkeiten gibt es allemal. Denn Japan ist im Global Waste Index 2022 gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 um vier Ränge auf den siebten Platz abgerutscht. Deutschland verbesserte sich hingegen auf den dritten Platz (2019: Platz 6). Dieser Index wird vom Abfallmanagement-Dienstleister Sensoneo erstellt und vergleicht 38 Länder der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD).
Zwar produziert Japan pro Kopf der Bevölkerung mit 336 Kilogramm deutlich weniger Müll als die meisten anderen Länder im Global Waste Index. Jedoch ist die recycelte Menge gemäß der Studie mit 66 Kilogramm pro Kopf deutlich geringer. Auf Deponien landet nur wenig Abfall. Der größte Teil wird derzeit verbrannt, um Elektrizität und Wärme zu erzeugen.
Kreislaufwirtschaft ist kein Fremdwort
Das Konzept einer Kreislaufwirtschaft ist in Japan seit dem „Basic Act for Establishing a Sound Material-Cycle Society“ aus dem Jahr 2000 gesetzlich verankert. Bereits seit 1993 hat das Land ein Recycling-Gesetz und nach und nach für einzelne Produktgruppen Vorschriften erlassen, um das Konzept von Reduce, Reuse und Recycle (3R) umzusetzen. Einen Überblick bietet das Japan Waste Network.
Ein neues Gesetz ist im April 2022 in Kraft getreten, das „Plastic Resources Recycling Promotion Law“. Dadurch wird die Liste der Kunststofferzeugnisse, die gesammelt und wiederverwertet werden sollen, noch länger. Langfristig will Japan dafür sorgen, dass alle Kunststoffe chemisch wiederverwertet werden und so der Kreislauf geschlossen wird.
Kommunen sind für die Sammlung verantwortlich und erhalten dafür von der Zentralverwaltung Zuschüsse. In einzelnen Kategorien, wie Haushaltsgeräten und PET-Flaschen, sind die Recycling-Raten mit über 85 Prozent sehr hoch. Das gilt auch für andere Segmente, wie etwa Bauschutt oder Fahrzeug-Airbags.
Abfallmengen gehen zurück
Die Abfallmengen sinken in Japan tendenziell, was sowohl auf höheres Umweltbewusstsein verbunden mit höheren Recyclingvorgaben als auch auf eine abnehmende Bevölkerungszahl zurückzuführen ist. Bei Siedlungsmüll, der Abfälle aus Haushalten und solchen aus Gewerben (Restaurants, Geschäfte, Büros) umfasst, hat das Aufkommen seit 2016 abgenommen, die Recyclingrate liegt seit Jahren bei etwa 20 Prozent.
Bei Industrie- und Landwirtschaftsabfällen unterscheidet Japan 20 Kategorien (unter anderem Altöl, Schlacke, Bauschutt, Gülle etc.). Zudem existieren Unterpositionen für Sondermüll (medizinische Abfälle, Giftmüll), die jedoch statistisch nicht extra aufgeführt werden. Mengenmäßig lag das Aufkommen 2016 wie auch 2020 bei 386 Millionen Tonnen. Darunter machen Schlacke, Gülle und Bauschutt 80 Prozent der Abfallmenge aus. Die Recyclingrate von Industriemüll stagniert seit Jahren bei circa 53 Prozent.
Abfallaufkommen in Japan, 2020 *) | Siedlungsabfälle | Industrieabfälle |
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Müllaufkommen gesamt (Mio. t) | 41,7 | 386,0 |
Wiederverwertete Menge (Mio. t) | 8,3 | 203,6 |
Endgültige Entsorgung (Mio. t) | 3,6 | 9,1 |
Recyclingrate (%) | 20,0 | 52,5 |
*) jeweils Fiskaljahr (01.04. bis 31.07.)Quelle: Municipal Waste Discharge and Treatment Status 2020, Industrial Waste Discharge and Disposal Status 2020/Ministry of Environment, 2022
Funktionsfähiges System etabliert
Die Abfallwirtschaft in Japan ist bereits gut ausgebaut und funktioniert auf einer Verzahnung von öffentlichen und privaten Anbietern. Für die Entsorgung des Haushaltsmülls sind die Kommunen zuständig, während Gewerbeabfälle von privaten Firmen gesammelt und zum Teil wiederverwertet werden. Für die Industriemüllbehandlung sind die Verursacher selbst verantwortlich, wobei sie von den Präfekturen kontrolliert werden. Illegale Müllentsorgung ist gering.
Im Frühjahr 2021 trafen das japanische Umwelt- und das Wirtschaftsministerium zusammen mit dem Unternehmensverband Keidanren (Japan Business Federation) eine Public Private Partnership-Vereinbarung, um den Übergang zu einer noch umfassenderen Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Diese läuft unter dem „Japan Partnership for Circular Economy“ (J4CE).
Müllverbrennungsanlagen und Deponien für Siedlungsabfälle in Japan *) | 2019 | 2020 |
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Müllverbrennungsanlagen (Anzahl) | 1.070 | 1.056 |
Tageskapazität (1.000 t) | 177 | 176 |
Abwärmenutzung (Anzahl) | 742 | 738 |
mit Stromerzeugung (Anzahl) | 385 | 387 |
Stromkapazität (MW) | 2.079 | 2.079 |
Deponien (Anzahl) | 1.623 | 1.602 |
Gesamtkapazität (Mio. cbm) | 471 | 468 |
Restkapazität (Mio. cbm) | 100 | 100 |
Ende der Betriebsdauer (Jahre) | 21,4 | 22,4 |
*) jeweils Fiskaljahr (01.04. bis 31.03.)Quelle: Municipal Waste Discharge and Treatment Status 2020/Ministry of Environment
Chemisches Recycling ist ein wachsendes Segment
Chemisches Recycling wird ein Bereich sein, in dem die Aktivitäten der Unternehmen zunehmen. Der Hersteller von Haushaltsmitteln und Kosmetika, die Kao Corp., will im Jahr 2030 alle seine Kunststoffabfälle wieder verwerten, was entsprechende Anlagen erfordert. Kao ist eines von Dutzenden Unternehmen weltweit, die bei der 2019 ins Leben gerufenen Alliance to End Plastic-Waste mitmachen.
Das Kosmetikunternehmen Shiseido hat Mitte 2022 mit den Firmen Sekisui Chemical und Sumitomo Chemical eine Kooperation für das Recycling von Kunststoffbehältern vereinbart. Beide Chemieunternehmen haben dazu Demonstrationsanlagen gebaut - Sekisui Chemical in der Präfektur Iwate und Sumitomo Chemical in der Präfektur Chiba. Dort werden die gebrauchten Behälter durch chemische Prozesse zu Ethanol beziehungsweise Ethylen umgesetzt, um wieder in anderen Erzeugnissen verarbeitet zu werden. Andere Unternehmen sind eingeladen, sich diesem Kreislaufsystem anzuschließen.
Der Mineralölkonzern Eneos und das Chemieunternehmen Mitsubishi Chemical Corporation werden gemeinsam in eine Anlage investieren, in der Kunststoff zu Öl verarbeitet wird. Geplant ist, das gewonnene Öl als Rohstoff im Raffinerieprozess einzusetzen. Die Anlage soll in einem existierenden Werk von Mitsubishi Chemical in der Präfektur Ibaraki entstehen und auf eine Jahreskapazität von 20.000 Tonnen ausgelegt werden. Der Betriebsbeginn ist im Fiskaljahr 2023 vorgesehen.
Von Jürgen Maurer
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