Die Elektromobilität bestimmt auch in Japan zunehmend die Branchenentwicklung. Autobauer richten ihre Modellstrategien neu aus.
E-Mobilität ist das neue Credo
In den meisten großen Absatzmärkten außerhalb Japans steigt aufgrund politischer Vorgaben und steuerlicher Vorteile die Nachfrage nach emissionsarmen und -freien Antrieben, insbesondere von batterieelektrischen Fahrzeugen. Darauf stellen sich die japanischen Hersteller ein und wollen möglichst schnell ihr Angebot an Elektrofahrzeugen aufbauen, meist durch Joint Venture oder kooperative Produktentwicklung. Ziel ist, den gegenwärtig bestehenden Abstand zu anderen Elektrofahrzeug-Anbietern aus China, Europa und den USA zu verringern.
Zudem weist auch in Japan die Politik in Richtung Elektromobilität. Die Regierung will ab Mitte der 2030er Jahre auf dem Archipel keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zulassen. An deren Stelle sollen Fahrzeuge der nächsten Generation mit Antrieben auf vollelektrischer, Plug-in-Hybrid- oder Brennstoffzellen-Basis treten.
In Japan lag der Bestand an Niedrigemissionsfahrzeugen Ende März 2021 laut Automobile Inspection & Registration Information Association für batterieelektrische Fahrzeuge bei 0,16 Prozent, für Plug-in-Hybride bei 0,19 Prozent und für Hybridfahrzeuge bei 12,7 Prozent. Die Verkäufe solcher Fahrzeuge betrugen im Kalenderjahr 2021 rund 1,49 Millionen Einheiten. An den Kfz-Gesamtverkäufen im Land machten Hybridfahrzeuge 2021 einen Anteil von 32,4 Prozent aus, so Angaben der Japan Automobile Dealers Association. Batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride kamen auf einen Anteil von jeweils 0,5 Prozent und Brennstoffzellenfahrzeuge von 0,06 Prozent.
Bestand an Niedrigemissionsfahrzeugen in Japan (Stückzahl) 1) Antrieb | 2018 | 2019 | 2020 |
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Vollelektrisch | 103.569 | 113.754 | 123.717 |
Pkw | 91.357 | 105.919 | 117.315 |
andere | 1.514 | 1.512 | 1.563 |
Leicht-Kfz 2) | 10.698 | 6.323 | 4.839 |
Plug-in (Pkw) | 103.221 | 122.008 | 136.208 |
Brennstoffzelle (Pkw) | 2.440 | 3.009 | 3.695 |
Hybrid mit Verbrennungsmotor | 8.207.458 | 9.465.417 | 10.684.681 |
Pkw | 7.409.635 | 8.331.443 | 9.145.172 |
andere | 26.244 | 31.493 | 45.190 |
Leicht-Kfz 2) | 771.579 | 1.102.481 | 1.494.319 |
1) jeweils Ende März; 2) mit Hubraum unter 660 ccmQuelle: Next Generation Vehicle Promotion Center (NeV)
Staat erhöht Anreize für Elektroautos
Japans Regierung hat im Jahr 2022 die Subventionen für den Kauf von Fahrzeugen der nächsten Generation erhöht und zudem mehr Geld für den Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur eingeplant. Abhängig von bestimmten Voraussetzungen erhalten Käufer eines Elektrofahrzeuges (vollelektrische und Plug-in-Hybride) bis zu 800.000 Yen Preisnachlass (umgerechnet Stand Juni 2022 etwa 5.590 Euro). Die Subvention für den Kauf eines Brennstoffzellenautos beträgt bis zu 2,5 Millionen Yen.
Abgesehen vom Anschaffungspreis ist bislang auch die Ladeinfrastruktur noch ein Faktor, weswegen sich Elektrofahrzeuge in Japan nicht so gut verkaufen. Dies soll sich ändern. Die Zahl der öffentlichen Ladestationen soll von circa 22.000 Einheiten Ende März 2022 auf 150.000 Einheiten bis 2030 steigen. Über die landesweite Verteilung informiert eine Portalseite. Zudem stellt die Regierung mehr Geld für den Ausbau des Tankstellennetzes für Wasserstoffautos bereit. Landesweit existierten im Mai 2022 insgesamt 161 öffentliche Wasserstoff-Tankstellen.
Noch ist das Angebot an Brennstoffzellenfahrzeugen in Japan sehr gering. Toyota ist mit dem Mirai der einzige japanische Anbieter von Pkw auf Wasserstoffbasis, da sich Honda aus dem Segment zurückgezogen hat. Zudem entwickelt Toyota zusammen mit Hino und Isuzu Brennstoffzellen-Lkw und -Busse. Eine Reihe von Brennstoffzellen-Bussen ist im öffentlichen Nahverkehr bereits im Einsatz.
Japans Kfz-Hersteller aktualisieren Entwicklungspläne
Während Toyota mit seinen Pkw auf Hybrid-, Plug-in-Hybrid- und Brennstoffzellen-Basis die Verkaufsliste anführt, hat Nissan im batterieelektrischen Bereich die Nase vorn. Nissan Motor hat im November 2021 gemeldet, zwischen 2022 und 2026 umgerechnet etwa 17,6 Milliarden US-Dollar (US$) zu investieren, um die Elektrifizierung seiner Modellpalette zu beschleunigen. Bis 2026 zielt Nissan darauf ab, in Japan 55 Prozent seines Absatzes mit Elektrofahrzeugen zu erzielen und in China circa 40 Prozent. In den USA wird das 40-Prozent-Ziel für 2030 angestrebt.
Japans Branchenprimus Toyota gab im Dezember 2021 seinen Elektrifizierungsplan bekannt. Ziel ist, im Jahr 2030 circa 3,5 Millionen batterieelektrischer Fahrzeuge zu verkaufen, was etwa einem Drittel der gegenwärtigen Gesamtverkäufe entspricht. Toyota hat 2021 für seine Elektrofahrzeuge eine neue Markenbezeichnung - bZ (beyond zero) - ins Leben gerufen und 2022 das erste Modell auf den Markt gebracht. Zudem soll Toyotas Luxusmarke Lexus im Jahr 2030 rund 1 Million E-Autos absetzen.
Honda hat entschieden, bis zum Jahr 2040 voll auf Elektroautos zu setzen. Der Kfz-Hersteller plant, bis 2030 etwa 30 Elektromodelle anbieten zu können und setzt dabei auch auf Kooperation mit dem US-Partner GM. Bis 2040 will Japans drittgrößte Automobilfirma insgesamt rund 40 Milliarden US$ investieren. Die Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellen-Pkw hat Honda eingestellt. In Kooperation mit dem Lkw-Hersteller Isuzu soll die Entwicklung des Wasserstoffantriebs jedoch im Nutzfahrzeugbereich weiter verfolgt werden.
Kooperationen unterstützen die Entwicklung
Noch machen Elektroautos weniger als 1 Prozent der Verkäufe in Japan aus. Dies könnte sich schnell ändern. So haben Nissan und Mitsubishi im Mai 2022 verkündet, gemeinsam das Angebot von elektrifizierten Mini-Autos (bis 660 Hubraum) auszubauen, die in Japan einen hohen Marktanteil von rund 40 Prozent einnehmen. Sowohl Daihatsu und Suzuki streben ebenfalls ab 2025 mehr E-Miniautomodelle an.
Auf Initiative von Toyota, Mazda und Denso besteht seit 2017 ein Joint Venture zur Entwicklung von Schlüsseltechnologie für Elektroantriebe, dem mittlerweile neun japanische Hersteller angehören. Toyota entwickelt mit Subaru seit 2019 gemeinsame Plattformen für batterieelektrische mittelgroße und große Pkw. Nicht zuletzt hat Toyota zusammen mit Hino, Isuzu, Suzuki und Daihatsu im Sommer 2021 die Commercial Japan Partnership Technologies gegründet, um die Elektrifizierung von Leicht-Fahrzeugen voranzutreiben. Zudem arbeitet Toyota mit Hino und Isuzu an der Entwicklung von Brennstoffzellen-Lkw und -Bussen zusammen.
Von Jürgen Maurer
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