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Special | Japan | Start-ups

Start-ups: Umfeld für innovative Unternehmen ausbaubar

Im Start-up-Universum ist Japan nur ein kleiner Stern. Die Regierung will nun die Attraktivität des Landes für junge Unternehmen verbessern.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Steckbrief Start-ups in Japan

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Im Ökosystem fehlen Puzzleteile

    In Japan gibt es nicht viele Unicorns. Dennoch sind in den vergangenen Jahren erfolgreiche Start-ups entstanden. Sie sind jedoch nicht so sichtbar wie in anderen Ländern.

    Japan nimmt zwar bei den Forschungs- und Entwicklungsausgaben im internationalen Vergleich hinter den USA und China den dritten Platz ein. Im Wettbewerb um das beste Start-up-Ökosystem schneidet Japan jedoch nicht gut ab. Nur zehn sogenannte Unicorns verzeichnete das Marktforschungsunternehmen INITIAL 2021 auf dem Archipel.

    Dennoch bringt Japan erfolgreiche Start-ups hervor. Japanische Start-ups erreichen allerdings den Status eines Einhorns oft nicht, weil sie für ihre weitere Entwicklung früh über Börsengänge den Kapitalmarkt anzapfen. Die Early-Stage Venture-Capital-Firma Carol Capital zählte 2021 mithin 41 sogenannte "Hidden Unicorns". Die Zahl umfasst in Japan börsennotierte und beheimatete Start-ups, die zwischen 2011 und 2021 gegründet wurden und eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Milliarde US-Dollar (US$) aufweisen.

    Top Start-ups in Japan

    Name 1)

    Kapitalbeschaffung in Mio. US$ 2)

    Branche

    Preferred

    1.455

    Künstliche Intelligenz

    SmartNews

    4.025

    Applikation, News-Aggregator

    SmartHR

    2.172

    Cloudbasierte Human Resources Software

    Spiber

    5.484

    Neue Materialien, Textil

    TBM

    2.128

    Neue Materialien, Alternative zu Plastik und Papier

    TRIPLE-1

    360

    Fintech, digitale Infrastruktur

    Clean Planet

    131

    Energie

    Liquid Group

    119

    Fintech, virtuelle Währung

    1) Stand 25.1.2022; 2) 1 US$ = 1 Euro (5.9.2022)Quelle: INITIAL 2022

    Start-up-Ökosystem hat noch Lücken

    Im Vergleich zu anderen großen Volkswirtschaften ist das Start-up-Ökosystem in Japan noch schwach ausgeprägt. Das reicht vom Fehlen von Mentoren und Angel Investoren bis hin zur Late-Stage-Investition. Laut Aussage eines Business Angels mit langjähriger Japanerfahrung fehlt im Land häufig die aktive Begleitung des Unternehmensprozesses und die Marktdurchdringung, die gerade in der Startphase sehr wichtig ist.

    Es gibt nur wenige spezialisierte Accelerator-Programme, die auch nach der Gründungsphase unterstützende Netzwerke bieten. Die meisten davon sind Ableger ausländischer Acceleratoren, die in beide Richtungen arbeiten: Sie helfen sowohl jungen japanischen Unternehmen beim Gang auf die internationale Bühne und unterstützen ausländische Start-ups bei ihrem Markteintritt in Japan.

    Acceleratoren in Japan

    Name

    Fokus

    Anmerkungen

    PLUG and PLAY Japan

    Technologie

    Accelerator Programm, VC

    CIC Tokyo

    Networking

    Accelerator Programm

    hello tomorrow

    Networking, Technologie

    Accelerator Programm

    CREWW INC

    Open Innovation Platform

    Innovationsplattform

    Agorize Japan

    Open Innovation Platform

    Spezialisiert auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen

    Quelle: Unternehmens HP 2022

    An öffentlicher Unterstützung mangelt es nicht

    In Japan selbst arbeitet die Stadtregierung von Tokyo seit Jahren aktiv daran, das Umfeld für Start-ups zu verbessern. Dennoch: Die Metropole ist im Global Start-up Ecosystem Ranking 2022 des Forschungsinstituts Start-Up Genome nur auf Platz zwölf der wichtigsten Standorte zu finden. Zudem hat Japan gegenüber 2021 drei Plätze verloren.

    Um Start-ups zu unterstützen, existiert in Tokyo die X-Hub-Tokyo Initiative. Im Wirtschaftszentrum Osaka beziehungsweise in der Kansai-Region existiert der Osaka Innovation Hub. Auch in anderen Städten des Archipels gibt es Start-up-Aktivitäten. Acht Städte wurden offiziell als Start-up-Hubs ausgewählt. Sie verteilen sich landesweit von Sapporo im Norden bis Fukuoka und Kitakyushu im Süden.

    Tokyo ist aber in Japan das einzige ernstzunehmende Start-up-Zentrum mit genügend kritischer Masse. Doch selbst in Tokyo mangelt es - wie auch in den anderen Start-up-Hubs des Landes - an erfolgreicher Internationalisierung und privater Risikofinanzierung. Das stellt die Studie "Tokyo Start-up Ecosystem" des Tokyo Development Learning Centers 2021 fest.

    J-Startup soll Sichtbarkeit schaffen

    Diese mit öffentlichen Geldern und von Sponsoren finanzierten Initiativen laufen im nationalen J-Startup-Programm zusammen. Es fördert seit 2018 In- und Outbound-Aktivitäten. JETRO gibt eine Übersicht über die Aktivitäten verschiedener Akteure im japanischen Start-up-Kontext. Diese ist jedoch nicht vollständig, denn es existieren daneben eine Reihe privater Initiativen.

    Insgesamt wird das Start-up-Ökosystem von nicht-spezialisierten Akteuren bestimmt, etwa den japanischen Banken, den Inkubatorbüros von Universitäten sowie Start-up-Ablegern großer Unternehmen. Deren Erfolg basiert nicht unmittelbar auf dem Wachstum von Start-ups. Für japanische Banken ist die Finanzierung von Start-ups etwa eine Art von Darlehensvergabe. Diese sollte nicht zu hohen Risiken ausgesetzt sein, was Start-ups mit hohem "Cash-burn" nicht entgegenkommt. Inkubatorbüros in Universitäten existieren schon seit Langem und sie sind eher Adminstrationsorgane. Darin unterscheidet sich das Start-up-Ökosystem in Tokyo stark von Zentren in anderen Teilen der Welt, so die Studie "Tokyo Start-up Ecosystem".

    Start-up-Kosmos wächst

    Zu den größten privaten Akteuren gehört etwa das Cambridge Innovation Center (CIC) aus den USA. Dieser Accelerator ist bereits in Tokyo mit einem Innovation Campus aktiv und plant ein Start-up-Zentrum in Fukuoka, das 2025 eröffnet werden soll. Zudem betreibt das CIC in Japan bereits vier Venture Cafés als Plattform für den Austausch: In Tokyo, Tsukuba, Nagoya und an der Universität Ritsumeikan.

    Viele große Unternehmen haben eigene Start-up-Abteilungen eingeführt. Sie wollen so ihre Inhouse-Innovationsaktivitäten ergänzen, ihre technologische Transformation beschleunigen und ihre Geschäftsfelder erweitern. Solche Venture-Capital-Aktivitäten von Unternehmensseite haben in Japan deutlich zugenommen. Deutsche Firmen wie Bosch und Infineon betreiben auf dem Archipel ebenfalls eigene Start-up-Programme.

    Die Segmente, in denen in Japan die meisten Start-ups entstehen, sind auf Digitalisierung fokussierte Bereiche, darunter künstliche Intelligenz, Fintech, Informationstechnik und Softwarelösungen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen sind langfristig Biotechnologie, Medizintechnik und Mobilität wichtige Themen. Ebenso bekommen Greentech-Lösungen zur Unterstützung der Dekarbonisierung immer größere Aufmerksamkeit.

    Inkubatoren in Japan

    Name

    Fokus

    Anmerkungen

    Beyond Next Ventures Inc.

    Life Sciences

    Technologieentwicklungsprogramm

    Digital Garage

    IT, Fintech, ESG

    Inkubator

    Seed Stage Programm "Open Network Lab"

    DEEPCORE

    Künstliche Intelligenz

    SoftBank Group Corp.

    Quelle: Unternehmens HP 2022

    Viele Netzwerk-Events angeboten

    In Japan finden eine Reihe von Konferenzen und Pitch-Veranstaltungen für junge Unternehmen statt. Die meisten Start-up-Veranstaltungen gibt es in Tokyo. Eine der wichtigsten, und nach Aussagen des Organisators, größten Events auf dem Archipel und in Asien ist der Innovation Leaders Summit. An dem Treffen nehmen regelmäßig große japanische Konzerne teil. Anfang Dezember 2022 findet die zehnte Innovationsmesse für Venture-Capital (VC)-Matching statt.

    Viele Fachmessen in Japan wie die Robotermesse iRex bieten Start-ups Bereiche, in denen sie Kontakte zu Unternehmen knüpfen können. Als Initiative von Auslandshandelsorganisationen verschiedener Länder der Europäischen Union ist die TechBIZKON zu nennen, die jedes Jahr mit verschiedenen Themenschwerpunkten abgehalten wird.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Finanzmittel sind vorhanden

    Die Risikoaffinität ist in Japan vergleichsweise gering. Das macht es Start-ups schwer, Anfangsfinanzierungen zu erhalten.


    In Japan sind die Investitionen in Start-ups im Jahr 2021 auf Basis der Landeswährung um 50 Prozent auf umgerechnet circa 8,1 Milliarden US-Dollar (US$) gestiegen, so Angaben des Marktforschungsunternehmens INITIAL. Allerdings verringerte sich die Zahl junger Unternehmensgründungen seit 2018, also bereits vor Ausbruch der Coronapandemie. Vom bisherigen Höhepunkt von 2.796 Start-ups im Jahr 2018 sank die Zahl bis 2021 auf 2.283 neue Firmen.

    In den ersten sechs Monaten 2022 zeigte sich die gleiche Tendenz: Die Zahl der Start-ups ging zurück, während die pro Unternehmen investierte Summe zulegte. Bei der Kapitalbeschaffung spielte im 1. Halbjahr Venture Capital (VC, Risikokapital) mit einem Anteil von 54 Prozent die größte Rolle. Ausländische Quellen machten mit einem Anteil an der Risikofinanzierung von 36 Prozent im Vergleich zu inländischen VC-Firmen und Unternehmen hier die Mehrheit aus.

    Finanzierung konzentriert sich mehr auf die Frühphase

    In Japan liegt das Hauptaugenmerk auf Pre-Seed- und Early-Stage-Investitionen. In den USA und Europa konzentrieren sich die Finanzierungen hingegen auf die Late-Stage-Entwicklung. Dies geht mit dem Trend einher, dass Start-ups in Japan früh auf die Option zurückgreifen, sich über eine Börsennotierung Kapital für ihre Geschäftsentwicklung zu beschaffen. Zudem setzen japanische Start-ups perspektivisch eher auf den Aufkauf durch etablierte Unternehmen. Ausländische Start-ups streben hingegen eine tiefere Marktdurchdringung an.

    Ausländische junge Unternehmen erhalten in Japan zumeist Start-up-Finanzierung, die sich auf die Seed- und Early-Stage-Phase beziehen. Es existiert keine Statistik, wie umfangreich diese Möglichkeit in Anspruch genommen wird. Einige der Venture-Capital-Firmen haben ihre Aktivitäten mit ausländischen Start-ups zwar offengelegt. Inwieweit Pre-Seed-Aktivitäten und private Angel Investoren eine Rolle spielen, ist jedoch schwer abzuschätzen.

    Ausländische Start-ups sind willkommen

    Es ist sehr schwierig, ohne ausreichende Kenntnis der Marktverhältnisse oder mit unerprobten Konzepten nach Japan zu gehen. Japanische Investoren seien eher risikoscheu, erklärt ein Angelinvestor. Sie legen Wert auf ein erprobtes Konzept oder einen Lead-Investor, bevor sie sich beteiligen. Der Markteintritt in Japan ist einfacher für Innovatoren, die bereits ein Start-up im Ausland gegründet haben und die nach Japan schauen, um dort eine Finanzierung zu erhalten oder um den Markt zu testen.

    Es gibt sicherlich auch einige Ausländer, die direkt nach Japan gehen, um vor Ort ein Start-up zu gründen. Sie sehen dort für ihr Produkt oder ihre Lösung eine Marktlücke und wollen das Umfeld ausloten. Oder sie handeln aus persönlichen Gründen. Das Geschäftsumfeld kann sehr herausfordernd sein und so wagen nur wenige den Schritt ganz ohne japanische Kooperationspartner. Es existieren einige Beispiele ausländischer Unternehmensgründungen, die in Japan von Angel Investoren oder öffentlichen Institutionen Finanzierungen erhalten haben.

    Ausländer gründen Start-ups

    Paidy Inc. ist ein Beispiel für ein sehr erfolgreiches ausländisches Start-up in Japan. Ein Kanadier mit Finanzhintergrund hat das Unternehmen 2010 in Tokyo gegründet. Im Jahr 2021 hat Paypal es dann für 2,6 Milliarden US$ übernommen. Das Bezahlsystem für Online-Shopping (buy-now-pay-later) erlaubt es den Nutzern, ihre Einkäufe im Internet zu tätigen und in Convenience-Läden in Raten zu bezahlen.

    Noch in den Anfängen befindet sich ein in Japan ins Leben gerufene Start-up mit einem deutschen Gründer. ITD-GBS Tokyo bietet IT-Dienstleistungen und mit dem selbst entwickelten Produkt "Mobyl" eine Plug&Play-IT-Infrastruktur an. Diese soll Probleme vieler IT-Abteilungen in kleinen und mittelgroßen Unternehmen Japans verringern. Zu diesen Problemen zählt es, sicheres Remote-Arbeiten zu ermöglichen, obwohl nicht genügend qualifizierte IT-Arbeitskräfte vorhanden sind und die mangelnde Digitalisierung dies erschwert. Aktuell sucht das Unternehmen Investoren und evaluiert Finanzprodukte der Japan Finance Corporation (JFC). Die JFC ist eine staatliche Finanzinstitution, die Micro-Kredite zu sehr günstigen Darlehenskonditionen vergibt, um so die Entwicklung von Start-ups zu unterstützen. Sie hat 15 Support Center über das ganze Land verteilt.

    Regierung unterstützt innovative Ideen

    Die Regierung will die Gründung junger Unternehmen künftig stärker unterstützen. Premierminister Kishida hat im Frühjahr 2022 angekündigt, die Bedingungen für Start-ups und Venture Capital zu verbessern und so mehr Investitionen anzuziehen. Konkrete Leitlinien, wie dies aussehen soll, sind im Laufe des Fiskaljahrs 2022 (1. April bis 31. März) zu erwarten. Ein Ziel ist, in den nächsten fünf Jahren die Zahl der Start-ups auf dem Archipel um das Zehnfache zu steigern.

    Viele Start-ups entstehen aus Forschungsaktivitäten an Universitäten. Daher unterstützt die Regierung mittels eines Universitätsfonds mit 10 Billionen Yen (umgerechnet circa 75 Milliarden Euro) anwendungsorientierte Forschung. Damit soll Japan in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Quantentechnologie und Biotechnologie als Innovationsmotor attraktiver werden. Viele Universitäten verfügen bereits über eigene Start-up-Fonds.

    Eine weitere Quelle für die Finanzierung junger Unternehmen ist der privatwirtschaftlich organisierte Rentenfonds Japans, der Government Pension Investment Fund (GPIF). Er hat 2022 das erste Mal in Start-ups investiert. Insgesamt mangelt es in Japan nicht an Kapital für Risikoinvestitionen. Problematisch ist dagegen, die Gelder für Tausende von Start-ups, die pro Jahr entstehen sollen, zu kanalisieren, so ein Angel Investor.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkung

    Ministry of Economy, Trade and Industry (METI)

    Unterstützt die Start-up-Entwicklung

    Cabinet Office, Government of Japan

    Planung und Koordinierung

    Japan External Trade Organization (JETRO)

    Start-up Unterstützung Out- und Inbound

    New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO)

    Unterstützung für technologiebasierte Start-ups

    Japan Science and Technology Agency (JST)

    Agentur für Wissenschaft und Technologie

    Japan Venture Capital Association

    Verband der Risikokapitalgeber

    Startup Ecosystem Association Japan

    Verband zur Unterstützung von Start-ups oder von wichtigen Playern im Ökosystem

    START

    Universitäres Start-up-Programm 

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