Wirtschaftsumfeld | Japan | Direktinvestitionen
Japans Firmen setzen weniger auf China
China verliert für japanische Firmen an Bedeutung, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Zukünftig könnten neben den USA auch Indien und Vietnam wichtiger werden.
06.03.2024
Von Frank Robaschik | Tokyo
In einer im Dezember 2023 veröffentlichten Umfrage der Japan Bank of International Cooperation (JBIC) zu Standorten, auf die japanische Firmen in den nächsten zehn Jahren setzen, verliert China enorm. Zwar liegt es immer noch auf Rang 4 der Länder mit Potenzial, verzeichnet aber mit einem Minus von 12,4 Prozentpunkten den mit Abstand höchsten Rückgang.
Indien, Thailand und Vietnam bekommen bessere Bewertung
Die USA verlieren ebenfalls leicht, bleiben aber auf Rang 3. Ordentliche Zuwächse verzeichnen dagegen Indien, Thailand und Vietnam. Auch Indonesien, Mexiko und Malaysia zählen aus Sicht der befragten japanischen Unternehmen zu den attraktivsten Standorten für die nächsten Jahre.
Indien schneidet in diesen Umfragen seit fast 20 Jahren sehr gut ab. Dies hat sich jedoch nicht sonderlich auf das Handelsvolumen oder die japanischen Direktinvestitionen ausgewirkt. Das könnte dieses Mal anders sein, trotz der vielen Schwächen Indiens. Der Anteil Indiens an den japanischen Exporten ist zwischen 2013 und 2023 von 1,2 Prozent auf 2,2 Prozent gestiegen. Das ist fast eine Verdoppelung, aber immer noch auf niedrigem Niveau
Positive Antworten | Änderung | |
---|---|---|
Indien | 55,6 | 4,9 |
Vietnam | 29,8 | 1,7 |
USA | 27,2 | -2,2 |
China | 24,2 | -12,4 |
Indonesien | 23,0 | 0,4 |
Thailand | 21,5 | 2,4 |
Mexiko | 8,3 | 0,2 |
Malaysia | 7,5 | 0,3 |
China verliert als Exportmarkt für Japan an Bedeutung
Von 2020 bis 2023 sank die Bedeutung Chinas an Japans Exporten von 22 Prozent auf 17,6 Prozent. Im Jahr 2023 überholten die USA China als wichtigstes Abnehmerland von japanischen Waren. Bei den Importen fällt Japan das Loslösen von China schwerer. Hier sank der Anteil von 2020 bis 2022 zwar von 25,8 Prozent auf 21 Prozent. Im Jahr 2023 stieg er allerdings wieder auf 22,2 Prozent.
Japan investiert weniger in China
Nach der Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation im Jahr 2000 zählten japanische Firmen zu den wichtigsten ausländischen Investoren in China. Nachdem japanische Firmen in China beispielsweise um das Jahr 2010 mehrfach Proteste und Boykotte ihrer Waren erleben mussten, investierten sie zwar weiter in China, die relative Bedeutung Chinas für Japans Direktinvestitionen im Ausland nahm aber wieder ab. Nach 2012 nahm auch die Orientierung auf die USA wieder zu, und der Anteil der Vereinigten Staaten am Bestand japanischer Direktinvestitionen im Ausland stieg bis Ende 2022 auf mehr als ein Drittel.
2000 | 2012 | 2022 | |
---|---|---|---|
USA | 47,5 | 27,5 | 34,8 |
EU | 19,7 | 22,9 | 15,8 |
ASEAN | 9,0 | 11,8 | 14,2 |
China | 3,1 | 9,9 | 7,0 |
Indien | 0,4 | 1,5 | 1,5 |
Damit sind die USA nach wie vor das Land mit den höchsten japanischen Direktinvestitionsbeständen. Von den über 2 Billionen US$ waren 2022 kumuliert knapp 700 Milliarden US$ in den USA investiert.
2023 investiert Japan erstmals mehr in Indien als in China
Im Jahr 2023 setzten sich diese Tendenzen auch bei den Abflüssen fort. Die USA blieben das mit Abstand wichtigste Investitionsziel Japans. China hat weiter an Bedeutung verloren. Nach vorläufigen Daten des Finanzministeriums flossen von den insgesamt 179,2 Milliarden US$ an Direktinvestitionen 3,9 Milliarden US$ nach China, was nur noch 2,2 Prozent der japanischen Direktinvestitionen im Ausland entsprach. Damit lagen die Abflüsse nach China in etwa auf dem Niveau der Abflüsse nach Deutschland. Gleichzeitig investierte Japan erstmals mehr in Indien als in China.
2021 | 2022 | 2023 2 | |
---|---|---|---|
Insgesamt | 209,5 | 172,5 | 179,2 |
USA | 82,7 | 63,6 | 64,6 |
EU | 19,7 | 29,1 | 27,5 |
Deutschland | 7,4 | 4,8 | 3,9 |
ASEAN | 35,8 | 22,8 | 23,4 |
Indien | 3,7 | 4,1 | 5,0 |
China | 12,2 | 5,5 | 3,9 |
USA bleiben wichtigstes Investitionsziel
Japanische Unternehmen sind in den USA in verschiedenen Bereichen als Investoren aktiv. So bauen Honda, Panasonic und Toyota derzeit neue Batteriefabriken. Tokyo Gas gab Ende 2023 die geplante Übernahme des texanischen Erdgasproduzenten Rockcliff Energy über seine Tochterfirma TG Natural Resources bekannt. Der Wert der Transaktion beläuft sich auf 2,7 Milliarden US$. Und im Januar 2024 folgte die Ankündigung des japanischen Bauunternehmens Sekisui House, das in Colorado ansässige Bauunternehmen MDC Holdings im 1. Halbjahr 2024 für 4,9 Milliarden US$ zu übernehmen. Darüber hinaus vereinbarte Nippon Steel im Dezember 2023 den Kauf des Stahlherstellers U.S. Steel für 14,1 Milliarden US$. Die Übernahme stößt in den USA teilweise auf politischen Widerstand.