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Rechtsbericht | Kanada | Vertriebsrecht

Markteintritt in Kanada durch Absatzmittler

In Kanada stellen Handelsvertreterverträge eine klassische Vertriebsmöglichkeit dar.

Von Jan Sebisch | Bonn

Für den Markteinstieg in Kanada und um sich der Erfolgsaussichten der eigenen Produkte auf dem kanadischen Markt zu vergewissern kann der Einsatz von Absatzmittlern zunächst eine gute Alternativ zur Firmengründung vor Ort darstellen. Die vertragliche Bindung mit einem außerhalb des eigenen Unternehmens stehenden Dritten verringert üblicherweise den administrativen Aufwand und das Kostenrisiko. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind vielfältig. Klassische Vertriebsmöglichkeiten stellen der Einsatz eines Handelsvertreters sowie der Einsatz eines Vertragshändlers dar.

Handelsvertreter 

Grundlagen

In Kanada stellen Handelsvertreter (independent sales agent, in der Provinz Quebec mandatary) eine klassische Vertriebsmöglichkeit dar. Im Rahmen eines Handelsvertreterverhältnisses verpflichtet sich ein Handelsvertreter, für einen anderen (den sogenannten principal), dauerhaft mit dem Ziel der Vermittlung von Möglichkeiten zum Abschluss von Geschäften oder des Abschlusses selbst tätig zu werden. Hierfür erhält der Handelsvertreter eine Provision. Grundsätzlich können natürliche und juristische Personen als Handelsvertreter tätig werden.

Rechtswahl, Gerichtsstandvereinbarung und Schiedsklausel 

Im Rahmen eines Vertragsschlusses im internationalen Bereich ist die Wahl des anzuwendenden Rechts eine der ersten zentralen Fragen. Im grenzüberschreitenden Recht gilt hier grundsätzlich die Rechtswahlfreiheit, das heißt, die Parteien können das Recht, das sie für ihre vertragliche Beziehung als sinnvoll erachten, frei wählen. In der EU wird dieser Grundsatz für Handelsvertreterverträge teilweise durch die Handelsvertreterrichtlinie eingeschränkt. Die Richtlinie gibt zum Beispiel vor, dass die Vorschriften über den Ausgleichsanspruch unabdingbar sind. Hat der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer nach dem Vertrag allerdings nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, kann etwas anderes vereinbart werden.

Dementsprechend können deutsche Unternehmen grundsätzlich mit einem kanadischen Handelsvertreter das anwendbare Recht frei wählen. Auch der Gerichtsstand kann grundsätzlich frei vereinbart werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit das im Fall eines Rechtsstreits das zuständige Gericht die entsprechende Vertragsklausel für unwirksam erklärt, da zum Beispiel das von den Parteien gewählte Recht keinen Bezug zu den konkreten Inhalten des Handelsvertretervertrages hat. In solchen Konstellationen wendet das zuständige Gericht dann dasjenige Recht an, das dem Zweck des Vertrags sowie dem Willen der Parteien am ehesten entspricht.

Insofern die Parteien keine vertragliche Vereinbarung in Bezug auf das anwendbare Recht getroffen haben, wenden die Gerichte das Recht desjenigen Landes an, das zum Inhalt des Handelsvertretervertrages den größten Bezug aufweist. Üblicherweise wird dies das kanadische Recht sein.

Ferner ist auch die Aufnahme einer Schiedsklausel grundsätzlich möglich. Ob eine Schiedsklausel aufgenommen werden sollte, ist allerdings immer eine Frage des konkreten Einzelfalls und das Ergebnis einer Abwägung der Vor- und Nachteile des Schiedsverfahrens. Vorteilhaft ist unter anderem die Schnelligkeit des Verfahrens. 

Handelsvertretervertrag

Handelsvertreterverträge können in Kanada mündlich als auch schriftlich sowie befristet (auf bestimmte Dauer) als auch unbefristet (für unbestimmte Zeit) geschlossen werden. In einigen Vertragskonstellationen wird auch zunächst die Absolvierung einer Probezeit vereinbart. 

Üblicherweise enthalten Handelsvertreterverträge eine Vertragsklausel, in deren Rahmen sowohl der principal als auch der Handelsvertreter den Vertrag innerhalb einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen können. Gesetzliche Kündigungsfristen existieren im kanadischen Handelsvertreter nicht. Die Kündigungsfrist hängt im Allgemeinen von der geschäftlichen Tätigkeit ab, für die der Handelsvertretervertrag geschlossen worden ist. Zudem existiert in Handelsvertreterverträgen in Kanada üblicherweise auch eine Klausel, die die außerordentliche Kündigung des Vertrages vorsieht, wenn der Handelsvertreter gegen seine Pflichten oder gesetzliche Vorschriften verstößt. Ein Handelsvertreter ist unter anderem verpflichtet, die Vertretungsmacht mit der entsprechenden Sorgfalt und Effizienz auszuüben.

Wird der Handelsvertretervertrag nicht durch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung beendet, besteht die Möglichkeit, dass der Handelsvertreter gegen den principal einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann. Ein Ausgleichsanspruch ist im kanadischen Recht grundsätzlich nicht vorgesehen. Gewöhnlich wird ein Ausgleichanspruch aber vertraglich vereinbart.

Vertragshändler

Der Vertragshändlervertrag ist eine dem Handelsvertretervertrag ähnliche rechtliche Konstruktion. Im kanadischen Recht findet auch die Differenzierung statt, die den allgemeinen Grundsätzen entspricht. 

Vertragshändler (distributor) sind unabhängige Unternehmer, die auf eigene Rechnung und im eigenen Namen Waren von Herstellern/Lieferanten beziehen und diese an Einzelhändler oder direkt an Konsumenten weiterveräußern. Der Warenankauf und das damit verbundene Geschäftsrisiko liegen ausschließlich in der Sphäre des Vertragshändlers. Die Ausgestaltung der Vertragsbeziehung unterliegt ebenfalls kaum gesetzlichen Vorgaben. Einzelne Vorgaben können sich aber aus der Rechtsprechung ergeben.

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