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Kasachstan will eigene Fährflotte in Dienst stellen

Die Unsicherheiten im Warenverkehr zwischen Ost und West halten an. Alternativen zum Transport über Russland sind gefragt. Der Kaspi-Anrainer Kasachstan bringt sich in Stellung. 

Von Jan Triebel | Almaty

Die Transportströme zwischen Asien und Europa über den Mittleren Korridor  durch das Kaspische Meer und durch den Südkaukasus fallen noch vergleichsweise bescheiden aus. Doch das Güteraufkommen auf der Strecke nimmt zu. Ein nicht absehbares Ende des Ukrainekriegs und der Sanktionen gegen Russland sorgt dafür, dass Alternativen zur Russland-Route immer populärer werden.

Um drohenden Kapazitätsengpässen entlang des Mittleren Korridors vorzubeugen, müssen Transport- sowie Abfertigungskapazitäten gleich in mehreren Staaten in Zentralasien und im Südkaukasus zügig ausgebaut werden. Vor allem Kasachstan muss angesichts seiner Lage am Kaspischen Meer handeln, da der Seetransport als Hauptnadelöhr des Mittleren Korridors gilt. 

Erste kasachische Güterfähren sollen 2025 in See stechen

Ein Plan der Regierung sieht vor, die kasachische Flotte für den Warenverkehr am Kaspischen Meer kapazitätsmäßig deutlich aufzustocken. Das Ministerium für Industrie und Entwicklung der Infrastruktur hat mittlerweile erste Eckdaten dazu veröffentlicht. Zunächst sollen bis zu zehn Güterfähren in Dienst gestellt werden. Zwei der Fähren sollen bereits 2025 einsatzbereit sein, acht weitere schrittweise bis 2030 folgen. In der Kategorie Fähren wären es die ersten Schiffe überhaupt unter kasachischer Flagge.

Gefragt sind breitrumpfige und möglichst lange Güterfähren, die flexibel Lkw und Eisenbahngüterwagen befördern können. Konkret besteht Bedarf an Fähren, die gleichzeitig Platz für jeweils bis zu

  • 54 Eisenbahnwagen und 45 Lkw oder,
  • 58 Eisenbahnwagen und 50 Lkw bieten.
Kasachische Kaspi-Häfen mit höherem Frachtvolumen

Kasachstans Häfen Aktau und Kuryk konnten ihren vorwiegend im Transitverkehr generierten Güterumschlag 2022 um etwa ein Fünftel gegenüber dem Vorjahr steigern. Bei Containerfracht wurde sogar ein Plus von annähernd 25 Prozent erzielt, so vorläufige Angaben des kasachischen Industrieministeriums.

Fäden für Beschaffung laufen bei staatlicher Reederei zusammen

Der Preis einer solchen Fähre liegt schätzungsweise bei 40 Millionen US-Dollar (US$). Die Reederei Kazmortransflot wird den Kauf der zehn Güterfähren voraussichtlich über das Beschaffungsportal des kasachischen Staatsfonds Samruk-Kazyna abwickeln. 

Derzeit sei aber noch unklar, wann die Reederei das Beschaffungsprocedere starten kann, machte ein Vertreter der Reederei im Gespräch mit Germany Trade & Invest Anfang Januar 2023 deutlich. Noch fehlten die dafür benötigten Entscheidungen und Beschlüsse auf Regierungs- und übergeordneter Unternehmensebene. Kazmortransflot ist eine Tochter des staatlichen Ölkonzerns KazMunayGas (KMG). Es werde wohl noch einige Zeit vergehen, bis die entsprechenden Entscheidungen getroffen sind, so der Gesprächspartner.

Finanzierung des Fährprojektes noch offen

Unklar ist auch, wie der Kauf der Güterfähren finanziert werden soll. Aus dem Industrieministerium verlautete dazu, Kazmortransflot könne mit staatlichen Finanzhilfen rechnen. Die Reederei prüft dem Vernehmen nach aber auch alternative Modelle wie den Rückgriff auf das Investitionsbudget des Mutterhauses KMG oder Kredite internationaler Entwicklungsbanken. Der Reederei-Vertreter hielt gegenüber Germany Trade & Invest zudem ein Leasingmodell für denkbar.

Vorerst offen ist, ob Kasachstan bei dem Fährvorhaben mit finanzieller Unterstützung durch die Global-Gateway-Initiative der Europäischen Union (EU) rechnen kann. Im Rahmen dieser Initiative strebt die EU im Bereich Verkehr an, ihr erweitertes transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V) enger mit den fünf zentralasiatischen Staaten zu verbinden.

Europäische Werften unter potenziellen Ausrüstern 

Obwohl der Startschuss zur Beschaffung der Fähren noch aussteht, spekuliert die kasachische Presse bereits über mögliche Lieferanten. Gute Chancen haben demnach wohl Werften, die bereits Fähren für die speziellen nautischen Bedingungen des Kaspischen Meers konzipiert haben. Das trifft etwa auf den kroatischen Schiffbauer Uljanik, die Baku Shipyard in Aserbaidschan oder rumänische Werften zu. Außerdem könnte auch eine in Planung befindliche kasachische Werft an dem Auftrag partizipieren. 

Demgegenüber räumte der Vertreter von Kazmortransflot im Gespräch mit Germany Trade & Invest russischen und chinesischen Anbietern wenig Chancen ein. Seiner Einschätzung nach seien russische Schiffe technisch nicht auf dem neuesten Stand. Bei China gäbe es hingegen zu hohe bürokratische Hürden, weil ein solches Geschäft kaum ohne aufwändige Exportkreditgarantien auskommen würde.

Zusätzliche Fähren sollen Transport über Kaspisee billiger machen

Die kasachische Seite will mit ihrer Initiative nicht nur die Kapazitätsengpässe auf dem Kaspischen Meer beseitigen, sondern auch die Transporttarife senken. Hohe Preise schrecken aktuell noch viele Speditionen davon ab, den Mittleren Korridor verstärkt zu nutzen. Hinzu kommen die längeren Laufzeiten gegenüber den herkömmlichen Strecken über Russland.

Aktuell koste das Güterhandling und die Überfahrt per Fähre in eine Richtung etwa 1.200 US-Dollar (U$) je Lkw (1.800 US$ in beide Richtungen), so das kasachische Industrieministerium. Diese Preise diktiert vor allem Aserbaidschans Fährflotte. Sie bestand zuletzt aus 16 Schiffen und dominiert so den Güterverkehr auf dem Kaspischen Meer. Zu den übrigen Konkurrenten auf dem Kaspischen Meer gehören zwei turkmenische sowie eine russische Fähre.

Indische Investitionen am Hafen Kuryk im Gespräch

Um den Mittleren Korridor zu etablieren, plant Kasachstan neben seiner Flotte auch die beiden Häfen Aktau und Kuryk am Kaspischen Meer zur erweitern. Speziell mit Blick auf Kuryk sind in den nächsten Jahren unter anderem Investitionen in zahlreiche neue Schiffsliegeplätze und eine Werft geplant. Die indische Adani Group hat sich dafür kürzlich als möglicher Investor in Stellung gebracht.

Konkret soll es Presseberichten zufolge um zwei zusätzliche Terminals für Kuryk gehen - eins für Getreide, das andere für den Umschlag von Waren allgemeiner Art. Der Adani-Eigentümer, der Multimilliardär Gautama Adani, verhandelte Mitte Dezember 2022 auf höchster politischer Ebene in Kasachstan.

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