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Branchen | Slowakei | Schiffsverkehr, Häfen

Bratislava soll einen modernen Flusshafen bekommen

Den Donauhafen Bratislava erwartet eine Verjüngungskur. Der staatliche Betreiber plant große Investitionen, um den Umschlagplatz zu modernisieren. Doch Marktkenner sind skeptisch.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Der Hafen von Bratislava wirkt auf den ersten Blick wie das perfekte Logistikdrehkreuz. Er liegt an einem Knotenpunkt der transeuropäischen Transportnetzwerke TEN-T. Umrahmt von zwei Autobahnen verfügt das Areal über Bahnanschlüsse, acht Kaianlagen und RoRo-Rampen für bewegliche Güter. Die beiden Millionenstädte Wien und Budapest sind von dort aus direkt auf dem Wasserweg erreichbar. Doch der Umschlagplatz hat seine besten Zeiten hinter sich. Wurden im Jahr 2010 noch rund 2,7 Millionen Tonnen Fracht dort umgeladen, so waren es 2023 nur noch 1,4 Millionen Tonnen.

Vorletzter Platz unter den Anrainerstaaten

Unter den zehn Anrainerstaaten der Donau belegt die Slowakei den vorletzten Platz beim Güterumschlag. Laut Sekretariat der Donaukommission werden in den beiden Häfen Bratislava und Komárno weniger als halb so viele Frachtmengen ver- und entladen wie zum Beispiel in den österreichischen Donauhäfen. Wie aus einem Masterplan der Universität Žilina (aus dem Jahr 2020) hervorgeht, schöpft der Hafen Bratislava seine Umschlagkapazitäten maximal zu einem Viertel aus. Die Möglichkeiten des Containerumschlags werden kaum genutzt. Besser ist die Auslastung bei festem Massengut.

 

"Bratislava hätte mit seiner Hafenanlage eine zentrale Rolle übernehmen können für die ungarisch-österreichische Region", sagt John Bölts, Geschäftsführer bei der Prager Tochtergesellschaft des Hamburger Logistikunternehmens a. hartrodt. Der Transportdienstleister ist auch in der Slowakei aktiv, kann den Wasserweg dort aber kaum nutzen. Nach Bölts Einschätzung habe die Slowakei nie ernsthaft versucht, den Standort Bratislava als innereuropäischen Hafen aufzuwerten und das Hafenareal stattdessen verfallen lassen. "Dabei wäre der Warenverkehr vom Schwarzen Meer bis nach Bratislava möglich, und ökologisch und ökonomisch auch sinnvoll", so der Branchenexperte gegenüber Germany Trade & Invest.

Staatlicher Betreiber hofft auf EU-Mittel

Dieses Potenzial scheint nun immerhin das slowakische Verkehrsministerium erkannt zu haben. Es kündigte an, ab März 2025 rund 180 Millionen Euro in die Modernisierung der Hafenanlagen von Bratislava zu investieren. Auftraggeber ist der staatliche Hafenbetreiber Verejné prístavy. Dieser plant, das Projekt in die Liste der "strategischen Investitionen" der Slowakei aufnehmen zu lassen, um schnellere Genehmigungen für die Bauarbeiten zu bekommen.

Vorgesehen ist, bis 2030 das Fracht- und Passagierterminal sowie die Bahnanschlüsse zu sanieren. Kernstück soll ein neues trimodales Terminal werden, das Transporte per Bahn, Straße und auf dem Wasserweg kombiniert. Zu den geplanten Maßnahmen gehören außerdem die Passagierhäfen in den Stadtteilen Staré Mesto und Petržalka, also auf beiden Seiten der Donau. Die Slowakei hofft dabei auf EU-Mittel und sieht den Hafen als wichtigen Hub für den künftigen Wiederaufbau der Ukraine. Von hier könnten wichtige Baumaterialien und andere Güter direkt bis in die Ukraine verschifft werden.

Marktkenner sehen diese Pläne aber skeptisch. "Ich teile nicht die Phantasien und Zukunftspläne für die Donauschifffahrt", sagt Peter Kiss, Geschäftsführer des Transportunternehmens Metrans in der Slowakei (eine Tochtergesellschaft des Hamburger Hafenbetreibers HHLA). "Die Wassersituation in der Donau erlaubt es uns leider nicht, große Pläne für die Entwicklung von Flusstransporten zu schmieden", erklärt der Manager. In der Vergangenheit habe es immer wieder Ankündigungen gegeben, dieses Transportsegment in der Slowakei auszubauen. "Doch die Lkw-Lobby hat eine stärkere Stimme, und ohne den Dialog mit den anderen Transportträgern werden die Ziele nicht erreichbar sein." Kiss hält den Ausbau des Hafens Bratislava ohne Investitionen in die Schiffbarkeit der Donau für nicht zielführend.

Herausforderungen für den Schiffsverkehr auf der Donau

  • Niedrigwasser: Besonders in den Sommermonaten sinkt der Wasserstand häufig so weit, dass Schiffe nicht mehr voll beladen werden können.
  • Hochwasser: Hohe Wasserpegel bei Starkregen und nach der Schneeschmelze sind ein Sicherheitsrisiko für die Donauschifffahrt.
  • Klimawandel: Häufigere extreme Wetterereignisse und Veränderungen der üblichen Niederschlagsmuster.
  • Engpässe bei der Infrastruktur: Veraltete Schleusen, nicht zeitgemäße Hafenanlagen, fehlende Signal- und Navigationstechnik.
  • Sedimentablagerungen: Erschweren die Navigation und verengen die Fahrrinnen.

 

Weiteres Großprojekt angekündigt

Neben den Plänen von Verejné prístavy kündigte das slowakische Unternehmen Win-Port Invest im September 2024 das Projekt Harbour Park an. Nahe der Slovnaft-Raffinerie soll ein neues Hafenbecken mit 14 Kränen und Anlegeplätzen für über 20 Schiffe entstehen. Die Investitionen werden mit 1 Milliarde Euro angegeben, bei einem Baustart im Jahr 2027.

Allerdings gibt es starke Gegenwehr bei Umweltschützern, weil für die Bauarbeiten ein Waldgebiet gerodet werden müsste. Der staatliche Hafenbetreiber Verejné prístavy erklärte, dass es mit diesem Vorhaben nichts zu tun habe und die bestehenden Hafenkapazitäten für ausreichend halte. 

Unklare Zukunft für geplantes LNG-Terminal

Unklar sind die Aussichten für das geplante Flüssigerdgasterminal in Bratislava. Dieses soll auf einer Halbinsel des Hafenbeckens entstehen. Investor ist ebenfalls die staatliche Hafengesellschaft Verejné prístavy. Trotz der zunehmenden Überkapazitäten für den LNG-Umschlag in Europa hält der slowakische Umweltminister Tomáš Taraba das Projekt für nötig, um die Energiestabilität des Landes zu gewährleisten. Allerdings ist das Terminal vorrangig als Tankstelle für LNG-betriebene Flussschiffe konzipiert und nicht zur großflächigen Versorgung mit Erdgas.

Ursprünglich sollte das LNG-Terminal für 40 Millionen Euro bis 2026 errichtet werden. Doch eine Baugenehmigung des zuständigen Stadtbezirks Bratislava-Ružinov steht noch aus. Es gibt starke Proteste von Umweltschützern wie Greenpeace gegen das Vorhaben, die allerdings vom Umweltministerium im Dezember 2023 zurückgewiesen wurden. In der Begründung heißt es, das Projekt entspreche den Prioritäten der EU bis 2030 und werde unter strengen Umweltstandards durchgeführt.

Die EU-Strategie für die Donauregion zielt unter anderem auf das ungenutzte Schifffahrtspotenzial entlang des Stroms. Dazu gehören tiefere Fahrrinnen und eine Harmonisierung der technischen Standards, um Flusstransporte effizienter zu gestalten. Ein wichtiger Aspekt ist die Senkung des CO2-Ausstoßes der Schifffahrt, wozu eine LNG-Betankung in Bratislava beitragen könnte.

Kapazitäten des Donauhafens Bratislava
Lagerfläche, nicht überdacht

83.000 qm

Lagerfläche, überdacht

52.000 qm

Umschlagkapazitäten für festes Massengut durch Kräne und Bandförderanlagen (Erze, Agrarchemikalien, Metalle etc.)

3,8 Mio. t pro Jahr

Umschlagkapazitäten für Container

32.760 TEU pro Jahr

Umschlagkapazitäten für Stückgut

518.000 t pro Jahr

Flüssiges Massengut (Öl, Diesel)

2,7 Mio. t pro Jahr (Pumpen)

Abfertigung von Massengut per Bahn

7 Güterzüge pro Tag / 5,1 Mio. t pro Jahr

Abfertigung von Containerfracht per Bahn

 

3 Güterzüge pro Tag / 72.000 Container (TEU) pro Jahr

Anzahl der Gleise an den Kaianlagen

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Quelle: Master Plan – Port of Bratislava, Universität Žilina 2020

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