Das steigende Abfallvolumen führt zu Umweltproblemen.
USA planen Müllexport nach Kenia
Der kenianische Abfallsektor steht vor großen Herausforderungen. Unter anderem durch den Bevölkerungszuwachs von etwa 1,2 Millionen Menschen pro Jahr sowie die zunehmende Verwendung von Kunststoffverpackungen steigt das Abfallvolumen zügig. Die heimische Müllentsorgung ist damit völlig überfordert. In den Städten funktioniert die Müllabfuhr gerade in den ärmeren Stadtvierteln nur eingeschränkt. Die Mülldeponien sind überfüllt und zum Teil nicht gesichert, sodass toxische Flüssigkeiten ins Grundwasser fließen.
Eine Herausforderung könnten mögliche Lieferungen von Plastikmüll aus den USA im Umfang von jährlich 500 Millionen Tonnen darstellen. Darüber wird gerade zwischen beiden Ländern im Rahmen der Verhandlungen über ein bilaterales Freihandelsabkommen gesprochen. Im Gegenzug stellt die durch das American Chemistry Council (ACC) vertretene US-Ölindustrie Investitionen im Bereich Recycling in Kenia in Aussicht. In der kenianischen Bevölkerung steigt indes die Sorge, dass der US-Plastikmüll das Müllproblem verschärfen könnte. Unklar ist derzeit, ob die neue US-Regierung unter Präsident Joe Biden das Thema „Müllexport“ weiter verfolgt.
Nairobi soll eine Müllverbrennungsanlage erhalten
Eine Zuspitzung des Müllproblems zeichnet sich ab, mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt. Dadurch ist auch die Wirtschaft betroffen, wenn man daran denkt, welche Schäden dem für das Land wichtigen Tourismus durch eine kaputte Umwelt zugefügt werden. Der Investitionsbedarf ist immens. Weil dem Staat das Geld fehlt, hofft er auf privates Engagement. Benötigt werden neben Ausrüstungen, technischer Beratung und finanzieller Lösungen auch unternehmerisches Engagement.
Für Entlastung in der 4,4-Millionen-Einwohner-Stadt Nairobi, wo die Dandora-Mülldeponie völlig überfüllt ist, soll eine geplante Müllverbrennungsanlage sorgen. Die Anlage soll vom Stromversorger KenGen betrieben werden und eine maximale Stromerzeugungskapazität von 40 MW erhalten. Die Müllaufnahmekapazität der Anlage soll bei 3.500 Tonnen pro Tag liegen. Das wäre mehr als die gegenwärtig anfallende Müllmenge in Nairobi, die bei etwa 3.000 Tonnen täglich liegt. Anfang des Jahres 2021 hat Nairobi Metropolitan Services (NMS) den Zuschlag für die Machbarkeitsstudie an die französische Seureca Veolia vergeben.
Waste-to-Energy-Anlagen könnten Slums entlasten
Geplant wird zudem die 10-MW-Waste-to-Energy (WTE)-Anlage im Slum Kibera bei Nairobi. An dem von der privaten Asticom initiierten Vorhaben sind die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) und der Sustainable Energy Fund for Africa (SEFA) finanziell beteiligt. Gleichwohl hat man zuletzt nur noch wenig über den Fortschritt des Projekts gehört. Bereits bei der Müllsortierung soll das „3R-Projekt" (Reduction, Reuse und Recycling) in Nairobi ansetzen. Im Rahmen des seit Jahren diskutierten und von der International Development Association (IDA) unterstützten staatlichen Projekts sollen in verschiedenen Subzentren Nairobis neun Kompostieranlagen gebaut werden. Dort soll ein Großteil des organischen Mülls aussortiert und verwertet werden, bevor der Rest nach Dandora geliefert wird.
Daneben bauen Städte und Counties ihre Abfallentsorgung mit Geberhilfe aus. Die drittgrößte Stadt Kisumu führt zusammen mit der französischen Entwicklungsagentur Agence Francaise de Développement (AFD) das „Kisumu Urban Project (KUP)“ durch, in dessen Rahmen auch Projekte im Bereich der Abfallentsorgung fallen. Auch das nördlich von Nairobi gelegene und schnell wachsende County Kiambu investiert in seine Abfallentsorgung im Rahmen des Projekts „Waste Wise Cities“. Partner dort sind die japanische Entwicklungsagentur Jica sowie UN Habitat.
UN Habitat und die italienische Regierung sind im südlich an Nairobi angrenzenden County Kajiado engagiert. Dort soll im Rahmen des „Kajiado Integrated Sustainable Waste Management (KISWAM)“-Projekts der Rückbau der illegalen Abfallhalde in der Kleinstadt Ngong sowie der Bau einer Waste-to-Energy-Anlage für etwa 20 Millionen Euro durchgeführt werden.
Geber und Wirtschaft engagieren sich bei Waste-to-Energy und Recycling
Von privater Seite kommt es vermehrt zu Aktivitäten in den Bereich „Waste-to-Energy“ und Recycling. Kommerziell sind derartige Projekte in Kenia jedoch nur schwer durchführbar, was unter anderem am bislang geringen Plastikmüllaufkommen liegt sowie an der aufwändigen Rückgewinnung einzelner Rohstoffe aus dem ungetrennten und sehr feuchten Gesamtmüll.
Gleichwohl können einige Unternehmen erfolgreich agieren, auch weil es Unterstützung von Seiten der Geber und auch der lokalen Industrie gibt. So unterstützen Entwicklungsbanken wie die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), die Europäische Investitionsbank (EIB) und die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation (IFC) private Investitionen, sofern deren Projekte als positiv für die Entwicklung des Landes erachtet werden.
Industrie sieht Notwendigkeit bei PET-Recycling
Auch die lokale Industrie und die Einzelhandelsketten unterstützen als Müllverurschacher Recycling-Projekte. Ende 2020 weihte der private Recycler Petco eine PET-Recyclinganlage ein mit Unterstützung der Konsumgüterproduzenten Coca Cola, Kevian, Unilever sowie der Supermarktkette Naivas. Auch der Industrieverband Kenya Association of Manufacturers (KAM) macht sich für Aktivitäten im Bereich Recycling stark. Die Recyclingrate von Plastik in Kenia wird auf etwa vier bis acht Prozent geschätzt, was in etwa 36.000 Tonnen Plastik pro Jahr entspricht.
Bislang ist der Müllumfang in Kenia noch gering. Durchschnittlich verursacht jeder Kenianer 0,5 Kilogramm (kg) Abfall pro Tag. In Deutschland sind es etwa 2,7 kg. Bislang besteht der Großteil des Mülls aus organischem Abfall plus geringerer Mengen von Glas, Papier, Metall und Kunststoff. Der Anteil von Kunststoff wird grob auf neun bis 15 Prozent geschätzt. Etwa 68 Prozent des Abfalls kommt aus den Haushalten und etwa 14 Prozent aus der Industrie.
Von Carsten Ehlers
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