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Rechtsbericht Kenia Arbeits- und Arbeitsgenehmigungsrecht

Arbeitsrecht

Das kenianische Arbeitsrecht wird recht effektiv durchgesetzt und ist tendenziell arbeitnehmerfreundlich. Insbesondere im Falle der Kündigung müssen Unternehmen aufpassen.

Von Carsten Ehlers, Gregor Pannike, LL.M. | Nairobi

Gesetzliche Regelungen 2024 auf einen Blick

Vergütung: Die Höhe und Zusammensetzung hängt oft von der jeweiligen Position und Beschäftigungsdauer im Unternehmen ab. 

Mindestlohn: Der Mindestlohn in Kenia ist je nach Stadt, Branche und Art der Tätigkeit geregelt. Derzeit beträgt der niedrigste Lohn Kshs. 15.201,65

Arbeitsstunden pro Woche: Die Höchstarbeitszeit pro Woche beträgt in Kenia 45 Stunden, verteilt auf sechs Tage in der Woche. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer maximal 8 Stunden pro Tag an 5 Tagen pro Woche arbeiten dürfen.

Regelarbeitstage pro Woche: Montag bis Samstag

Zulässige Überstunden:

  • Für normale Arbeitstage: das Anderthalbfache des normalen Stundensatzes

  • Für die an einem Sonntag oder an einem normalen Ruhetag des Arbeitnehmers sowie an gesetzlichen Feiertagen geleistete Arbeit wird das Doppelte des normalen Stundensatzes gezahlt.

Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 21 Tage innerhalb von zwölf Monaten

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: 7 Tage bei voller Bezahlung, danach sieben Tage bei halber Bezahlung, sofern der Arbeitnehmer eine von einem ordnungsgemäß qualifizierten Arzt unterzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.

Probezeit: maximal 6 Monate.

Quelle: Pannike & Partners 2024

Rechtsgrundlagen

Die GTAI hat für allgemeine Rechtsinformationen die Publikation Recht kompakt Kenia veröffentlicht. 

Einige der wichtigsten Gesetze, die die Praxis des Arbeitsrechts in Kenia prägen, sind die folgenden:

1.         Die Verfassung von Kenia, 2010

Die kenianische Verfassung bildet das Fundament, auf dem die anderen Arbeitsgesetze aufbauen. Mit der Verabschiedung der neuen Verfassung im Jahr 2010 wurden unter anderem die grundlegenden Menschenrechte in Bezug auf Arbeit und Beschäftigung anerkannt, wie etwa das Recht auf Gleichheit und Schutz vor Diskriminierung. In der Verfassung von 2010 heißt es auch, dass Personen das Recht auf faire Arbeitspraktiken haben, was das Recht auf faire Entlohnung, angemessene Arbeitsbedingungen, den Beitritt zu oder die Teilnahme an einem Gewerkschaftsprogramm oder das Streikrecht einschließt.

2.         Das Arbeitsgesetz, 2007

Das kenianische Arbeitsgesetz ist das wichtigste Gesetz, das die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regelt. Es umreißt die Verpflichtungen beider Vertragsparteien, die Rechte und Pflichten der Parteien und legt das rechtliche Verfahren fest, das bei wichtigen arbeitsrechtlichen Vorgängen wie der Kündigung einzuhalten ist. Auf das Arbeitsgesetz wird bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten häufig zurückgegriffen, insbesondere wenn ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht eingehalten wird.

3.         Das Gesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2007

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Standards für die Sicherheit, die Gesundheit und das Wohlergehen der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu regeln. Der Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt sich auch auf andere Personen, die sich am Arbeitsplatz aufhalten. Ziel des Gesetzes ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz aller Arbeitnehmer, während der ihnen übertragenen Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Es verpflichtet die Arbeitgeber, für gesunde Arbeitsbedingungen und ein sicheres Arbeitsumfeld für ihre Beschäftigten zu sorgen.

Vertragsabschluss 

Arbeitsverträge werden durch die einzelnen Regelungen des Arbeitsgesetzes geregelt. Darin heißt es, dass ein Arbeitsvertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen werden kann. In der Praxis ist es jedoch ratsam, einen schriftlichen Vertrag in der offziellen und verständlichen Sprache abzuschließen, in dem die Rechte und Pflichten beider Parteien, die Arbeitsbedingungen einschließlich der Stellenbeschreibung, die Verantwortlichkeiten, die Arbeitszeiten, die Höhe des Gehalts und der Zulagen, die Entschädigung, die Urlaubsansprüche, die Vergütung, die Kündigungsmodalitäten und alle anderen relevanten Einzelheiten festgelegt sind.

Ein schriftlicher Vertrag bietet einen Bezugspunkt im Falle von Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten. Legt ein Arbeitgeber in einem Gerichtsverfahren keinen schriftlichen Vertrag oder keine schriftlichen Angaben vor, so obliegt es ihm, eine angebliche im Vertrag festgelegte Arbeitsbedingung zu beweisen oder zu widerlegen.

Vertragsbeendigung 

Nach dem Arbeitsgesetz unterliegt die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bestimmten Verfahren und Kündigungsfristen; der Beendigungsprozess beinhaltet bestimmte Rechte und Pflichten sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Arbeitsvertrag zu kündigen:

  1. Einvernehmliche Beendigung: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsvertrags.

  2. Kündigung: Der Arbeitnehmer entscheidet sich freiwillig für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und teilt dies dem Arbeitgeber mit.

  3. Automatische Beendigung: Das Arbeitsverhältnis wird entweder durch Erfüllung des Vertrags oder durch Ablauf der Vertragsdauer beendet.

  4. Beendigung durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber beendet das Arbeitsverhältnis entweder durch Kündigung oder durch fristlose Entlassung.

  5. Entlassung: Der Verlust des Arbeitsplatzes auf Veranlassung des Arbeitgebers, weil die Dienste eines Arbeitnehmers nicht mehr benötigt werden.

Das Arbeitsgesetz legt das richtige Verfahren für die Beendigung eines Arbeitsvertrags und die fristlose Entlassung fest. 

  1. Zunächst muss jede Partei, die die Kündigung ausspricht, eine angemessene Kündigungsfrist einhalten oder der anderen Partei eine Abfindung zahlen.

  2. Wird das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber gekündigt, muss dieser einen triftigen Grund für die Kündigung angeben und diesen nachweisen. 

  3. Ist der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Fehlverhalten, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Anhörung, um sich gegen den Vorwurf zu verteidigen. 

  4. Eine fristlose Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund eines groben Vertragsbruchs des Arbeitnehmers fristlos oder mit kürzerer Frist kündigt. Das Gesetz legt fest, was als grobes Fehlverhalten gilt, z. B. Ungehorsam des Arbeitnehmers, Verdacht auf eine Straftat oder vorsätzliche Vernachlässigung der Arbeitspflicht.

  5. In allen Fällen, in denen der Arbeitgeber die Kündigung einleitet, muss er sicherstellen, dass die Kündigung gerechtfertigt war. 

  6. Bei unrechtmäßiger Entlassung oder ungerechtfertigter Kündigung stehen dem geschädigten Arbeitnehmer Rechtsbehelfe zur Verfügung, die im Ermessen des zuständige Mitarbeiter der Arbeitsbehörde liegen. 

Rechtspraxis

Gregor Pannike ist Managing Partner und Rechtsanwalt der Kanzlei Pannike & Partners mit Niederlassungen in Nairobi und Mombasa. Er lebt seit 2020 in Kenia und spezialisiert sich auf die wirtschaftsrechtliche Beratung.

Gregor Pannike Gregor Pannike | © Gregor Pannike

Herr Pannike, welche gesetzlichen Abzüge in Kenia müssen von Arbeitnehmern übernommen werden und wie gehen Firmen in der Praxis damit um? 

Zu den Abzügen zählen die Krankenversicherung NHIF/SHIF, NSSF, PAYE, NITA sowie die 2023 eingeführte Housing Levy. Ausländische Unternehmen verhalten sich gegenüber ihren Angestellten hier oft wohlwollend und übernehmen die Kosten in Form einer Gehaltserhöhung. Das ist auch ein Grund, weshalb ausländische Unternehmen als Arbeitgeber einen guten Ruf haben.

Wo treten in der Praxis die meisten Schwierigkeiten auf?

Bei der Kündigung. Auch in Kenia sind die Arbeitsgesetze tendenziell arbeitnehmerfreundlich. Jedoch ist Kenia hier eher schwieriger als Deutschland, weil im Falle einer Kündigung ein sehr formeller Prozess penibel eingehalten werden muss und bei Nichtbefolgung die Kündigung schnell als unwirksam erklärt werden kann. Dazu gehört unter anderem das umfassende Belegen der eng umgrenzten Kündigungsgründe, Abmahnung mit angemessenen Verbesserungszeitraum, und die Anhörung mit Mitschrift des Angestellten und der Option einen Zeugen mitzubringen. Wird dies versäumt, dann kann es schnell vor Gericht gehen und es kann möglicherweise zur Zahlung einer Abfindung seitens des Arbeitgebers kommen mit einer Höchstgrenze von 12 monatlichen Bruttogehältern. Insbesondere ausländische Unternehmen, die mit den Prozeduren in Kenia noch nicht vertraut sind, lassen sich von solchen Szenarien oft einschüchtern.

Wie funktionieren die Arbeitsgerichte in Kenia?

Insgesamt gut. Die Gesetze werden relativ effektiv durchgesetzt. Auch kann man sich auf die Rechtsprechung in der Regel verlassen. In Kenia gilt die kenianisch-englische Rechtsprechung, also das "case law". Richter orientieren sich bei ihren Entscheidungen neben dem lokalen Arbeitsgesetz (Employment Act) auch an Urteilen aus der Vergangenheit aus früheren ähnlich gelagerten Fällen. Damit gibt es tendenziell weniger Interpretationsspielraum als zum Beispiel in Deutschland, wo Gerichte relativ unabhängig von vorangegangenen Urteilen Recht sprechen können.

Wie sichere ich mich am besten ab?

Es ist insbesondere bei einer Neuansiedlung in Kenia sehr zu empfehlen, sich einen erfahrenen Anwalt zu nehmen. Arbeitsverträge sollten gemeinsam und fall- und mandantenspezifisch ausgearbeitet werden. Auf keinen Fall zu empfehlen ist das Herunterladen von Standardverträgen. Gerade bei Positionen mit Budget- oder Führungsverantwortung ist das Vereinbaren von umfassenden und rechtlich wirksamen und durchsetzbaren Verschwiegenheits- und Wettbewerbsklauseln wichtig. Auch praktisch relevante und robuste Compliance-Klauseln sollten detailliert ausgearbeitet werden, um Bestechlichkeits- und Korruptionsrisiken wirksam entgegen wirken zu können.

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