Während Marokko und Tunesien hohe Summen durch die internationale Zusammenarbeit erhalten, sind die Geber in Libyen, Algerien und Mauretanien sehr viel zurückhaltender.
Der Begriff "Maghreb" ist nicht eindeutig definiert. Im engeren Sinne versteht man darunter Marokko, Algerien und Tunesien, im weiteren Sinne zählen auch Mauretanien und Libyen dazu. Die Union des Arabischen Maghreb (UMA), ein 1989 gegründeter wirtschaftlicher und politischer Zusammenschluss von Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen, stärkt die zweite Definition. Daher werden in diesem Bericht die genannten fünf Länder berücksichtigt.
Die Staaten liegen bis auf Mauretanien allesamt am Mittelmeer, nah an Europa und ihre Amtssprache ist Arabisch. In den ehemaligen französischen Kolonien Mauretanien, Marokko, Algerien und Tunesien ist zudem Französisch als Handels-, Bildungs- und Wissenschaftssprache präsent, in Libyen gewinnt seit einigen Jahren Englisch an Bedeutung.
Wirtschaftlich lassen sich die Rohstoffexporteure Algerien, Libyen und Mauretanien zusammenfassen. Dem gegenüber stehen Marokko und Tunesien mit einer diversifizierten Wirtschaftsstruktur.
Internationale Geber bedenken die Staaten in sehr unterschiedlichem Maße mit Krediten und Zuschüssen. Die relativ wohlhabenden und gleichzeitig wenig demokratischen Länder Algerien und Libyen erhalten kaum internationale Entwicklungsgelder. Marokko zieht mit einer Kombination aus mittlerem Einkommen, klaren Entwicklungsplänen und einer vergleichsweise hohen Einwohnerzahl die meiste Entwicklungshilfe an. Auch in Tunesien gibt es viele Entwicklungsprojekte.
Große Geber und Empfänger im Maghreb
Die großen multilateralen Geber engagieren sich unterschiedlich stark im Maghreb. Im Jahr 2022 sagte die Weltbank etwa 2,34 Milliarden Euro an Official Development Assistance (ODA) und anderen Mitteln zu. Von EU-Institutionen, das heißt von Europäischer Kommission und Europäischer Investitionsbank (EIB), floss 2022 ODA in Höhe von etwa 1,4 Milliarden Euro in den Maghreb. Deutschland und Frankreich sind ebenfalls wichtige Geber für die Region. Deutschland zahlte 2022 ODA in Höhe von etwa 1 Milliarde Euro, Frankreich stellte im selben Jahr 945 Millionen Euro für den Maghreb bereit. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) hingegen machte 2022 nur Zusagen über etwa 487 Millionen Euro.
Deutsches Engagement in der Region
Deutschland ist einer der wichtigsten Geber im Maghreb. Dabei zeigt sich - wie auch bei anderen Gebern - ein klarer Fokus auf Marokko, gefolgt von Tunesien und mit größerem Abstand Libyen, Mauretanien und Algerien.
Die KfW Entwicklungsbank setzt dabei die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) Deutschlands im Auftrag der Bundesregierung um, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt die Projekte der Technischen Zusammenarbeit (TZ) durch.
Förderstrategien der großen multilateralen Geber im Maghreb
Die Weltbank schließt den Maghreb in ihre Strategie für die Region Nahost und Nordafrika (MENA) mit ein. Kurzfristige Ziele sind sozialer Ausgleich, die Ausweitung der regionalen Zusammenarbeit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen die Auswirkungen des Klimawandels und den Umgang mit der Flüchtlingskrise sowie der Wiederaufbau in von Konflikten betroffenen Ländern. 2021 hat die Weltbank ihre Strategie leicht angepasst. Unter dem Eindruck der Coronapandemie rückten die Themen Gesundheit und Resilienz stärker in den Fokus. Die Weltbank unterstützt längerfristige Strukturreformen, die unter anderem dazu beitragen, das Humankapital zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen, die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben und grünes Wachstum zu ermöglichen.
EU kooperiert im Rahmen der "Südlichen Partnerschaft"
Die EU engagiert sich im Rahmen ihrer Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) im Maghreb. Durch das Programm sollen benachbarte Länder ohne Beitrittsperspektive stärker an die EU angebunden werden. Die ENP unterteilt sich in die zwei Regionen: "Östliche Partnerschaft" und "Südliche Nachbarschaft". Letztere umfasst die südlichen und östlichen Mittelmeeranrainer von Marokko bis Syrien inklusive Jordanien. Den finanziellen und organisatorischen Rahmen für die Zusammenarbeit bildet das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI). Innerhalb dieses Instruments arbeitet die EU über Mehrjahresrichtprogramme, Mehrjahres- und Jahresaktionsprogramme und Sonder- und Einzelmaßnahmen mit den Partnerländern im Maghreb zusammen.
In ihrer neuen Agenda für den Mittelmeerraum hat die EU 2021 die Themenschwerpunkte ihrer Zusammenarbeit mit den Ländern der Südlichen Nachbarschaft erneuert. Sie fokussiert sich auf fünf Politikbereiche:
- Menschliche Entwicklung, gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit
- Resilienz, Wohlstand und digitaler Wandel
- Frieden und Sicherheit
- Migration und Mobilität
- Ökologischer Wandel: Klimaresilienz, Energie und Umwelt
Das Thema Migration wird in den EU-Programmen immer wichtiger. In den letzten Jahren hat die EU diverse Mobilitätspartnerschaften geschlossen, und sie finanziert in Mauretanien, Marokko und Tunesien verschiedene Projekte zu Migration.
AfDB setzt in Nordafrika auf Energie, Transport und Wasserversorgung
Die AfDB fasst den Maghreb gemeinsam mit Ägypten zur Region Nordafrika zusammen. Sie nennt das langjährige Engagement Nordafrikas seit der Gründung der Bank, gepaart mit seiner wirtschaftlichen Stärke, als Gründe dafür, dass diese Region über die Jahre gesehen der führende "Kunde" und größte Empfänger der Bank wurde. Ein wichtiges Ziel der Region müsse laut AfDB sein, ihre Wirtschaft zu diversifizieren und resilienter zu machen. Zudem analysiert die AfDB, dass Nordafrika generell seine Widerstandsfähigkeit stärken müsse, insbesondere im Hinblick auf Energiewende, Wassermanagement und Ernährungssicherheit. Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie Transport sind Ende 2024 die wichtigsten Interventionsfelder der Bank in Nordafrika.
Informationen über Projekte und Ausschreibungen
Bei der Umsetzung von geberfinanzierten Vorhaben schreiben die Staaten die benötigten Bau-, Liefer- und Beratungsleistungen oft international aus.
GTAI informiert tagesaktuell mit Projektfrühinformationen und Hinweisen auf Ausschreibungen über die vielfältigen Geschäftschancen in der internationalen Zusammenarbeit. Die kostenfreie Datenbank ist nach Land, Branche und Geber filterbar.
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Von Laura Sundermann
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Bonn