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Rechtsbericht Malaysia Coronavirus

Malaysia: Coronavirus und Verträge

Das Coronavirus stellt Unternehmen in deutsch-malaysischen Vertragsbeziehungen vor Herausforderungen: Was passiert, wenn vertragliche Verpflichtungen nicht erfüllt werden können?

Von Julia Merle | Bonn

Einleitung

Diverse Maßnahmen wurden in Malaysia ergriffen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Insbesondere wurde mit Wirkung ab 18. März 2020 zunächst eine „Movement Control Order“ (Verordnung zur Bewegungseinschränkung; MCO) erlassen, gefolgt von der „Conditional MCO“ und im Juni 2020 der „Recovery MCO“. Letztere wurde ab 1. Januar 2021 bis zum 31. März 2021 verlängert.

Die Frage stellt sich, ob sich Unternehmen in der gegenwärtigen Situation auf „höhere Gewalt“ berufen und so eventuell im Falle der Unmöglichkeit der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen nicht dafür haften oder sich vom Vertrag lösen können.

Bei bestehenden grenzüberschreitenden deutsch-malaysischen Verträgen sollte vorab geprüft werden, welchem Recht sie unterliegen, etwa ob die Parteien ein bestimmtes nationales Recht vereinbart haben. Obwohl Malaysia bislang kein Vertragsstaat des UN-Kaufrechts ist, kann dieses aufgrund der Rechtswahlfreiheit dennoch vereinbart werden.

Haben die Vertragsparteien eine Force Majeure-Klausel vereinbart?

In Malaysia als Common Law-Staat kommt es, damit sich die Parteien auf force majeure berufen können, entscheidend darauf an, ob eine solche Bestimmung in den Vertrag aufgenommen wurde und auf deren spezifische Ausgestaltung. Regelmäßig werden die Parteien eine Regelung getroffen haben, nach der sie etwa von einer Haftung befreit sind, wenn sie aufgrund eines Ereignisses höherer Gewalt ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig erfüllen können. Ob höhere Gewalt möglicherweise im Hinblick auf den Ausbruch des Coronavirus oder die MCO in Betracht kommt, hängt neben den Umständen des Einzelfalls auch davon ab, wie der jeweilige Vertrag force majeure (oder Act of God) definiert.

Die bestehende Klausel sollte genau geprüft werden: Was wird dort unter „höherer Gewalt“ verstanden? Welche Ereignisse sind evtl. konkret aufgeführt, auch Epidemien oder Pandemien? Ist die Klausel offen formuliert oder werden die Ereignisse vielleicht abschließend genannt?

Eventuell sind darin Fristen zur Geltendmachung der höheren Gewalt vorgesehen. Man hat ggf. Mitteilungspflichten (etwa rechtzeitige Anzeige gegenüber Vertragspartner) nachzukommen oder Schadensminderungsmaßnahmen zu ergreifen.

Dann wäre zu untersuchen, welche Rechtsfolgen des Eintritts von Ereignissen höherer Gewalt die jeweilige Klausel vorsieht: So kann das die vollständige oder teilweise Haftungsbefreiung wegen Nichterfüllung oder Verzug, oder die Möglichkeit der Lösung vom Vertrag (Kündigung) sein, aber auch lediglich eine vorübergehende Aussetzung der vertraglichen Verpflichtungen.

Die Partei, die sich auf force majeure beruft, hat nach der Rechtsprechung zu beweisen, dass ein solches Ereignis, wie es die Klausel vorsieht, eingetreten und, dass die Vertragserfüllung durch dieses verhindert, beeinträchtigt oder verzögert worden ist. Sie hat weiter zu beweisen, dass ihre Nichterfüllung auf Umstände zurückzuführen ist, die außerhalb ihres Einflussbereichs lagen und sie die gebotene Sorgfalt angewendet hat, um das Ereignis oder seine Folgen zu vermeiden oder zu mindern bzw. dies auch bei Anwendung der angemessenen Sorgfalt nicht gelungen wäre.

Im Einzelfall können sich viele Auslegungsfragen, etwa zur Kausalität, stellen.

Was sieht das malaysische Recht vor?

Ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen zur force majeure bestehen nicht. Vielmehr kann - haben die Parteien keine Force Majeure-Regelung getroffen oder greift diese nicht - die aus dem englischen Recht bekannte „Doctrine of Frustration“ (etwa Wegfall oder Störung der Geschäftsgrundlage) in Betracht kommen.

Nach Sec. 57 Abs. 2 Vertragsgesetz (Contracts Act 1950, CA) wird ein Vertrag über eine Handlung, die nach Vertragsschluss unmöglich oder aufgrund eines Ereignisses, das der Schuldner nicht verhindern konnte, rechtswidrig ist, nichtig, wenn die Handlung unmöglich oder rechtswidrig wird.

Die „Unmöglichkeit“ wird nicht definiert, soll aber eine grundlegende Veränderung der Umstände sowie eine Vereitelung des Zwecks umfassen; wirtschaftliche Unmöglichkeit genüge nicht.

Die Rechtsprechung hat Voraussetzungen aufgestellt, die eine Partei erfüllen muss, die sich darauf berufen möchte: Für das Ereignis, auf das sie sich beruft, darf der Vertrag keine Regelung enthalten. Das Ereignis darf nicht auf ihr eigenes Verhalten zurückzuführen sein. Es muss die Verpflichtung derart grundlegend verändern, dass die Durchsetzung des ursprünglichen Vertrages ungerecht wäre.

Sec. 57 Abs. 3 CA sieht einen Schadensersatzanspruch der anderen Partei für durch die Nichterfüllung entstandene Verluste vor, wenn die versprechende Partei im Gegensatz zu ihr bei Vertragsschluss wusste oder bei gebotener Sorgfalt hätte wissen müssen, dass die Handlung unmöglich oder rechtswidrig ist.

Im Falle der Nichtigkeit des Vertrages hat nach Sec. 66 CA  jeder, der aus dem Vertrag Vorteile erhalten hat, diese an die Person, von der er sie erhalten hat, zurückzugeben oder eine Entschädigung zu leisten.

Sec. 15 Civil Law Act 1956 regelt bezüglich „frustrated contracts“, welche Rechtsfolgen sich ergeben, wurde die Erfüllung des Vertrages unmöglich oder der Vertrag anderweitig vereitelt und sind die Parteien deswegen von der weiteren Vertragserfüllung befreit; für bestimmte Vertragstypen bestehen Ausnahmen, Sec. 16.

Gibt es Sonderregelungen in Bezug auf die Coronapandemie?

Siehe dazu: GTAI-Rechtsmeldung "Malaysia verlängert temporäre Maßnahmen bezüglich Verträgen"

Ausblick

Bei Gestaltung künftiger Verträge sollte besonders auf Aufnahme und Ausgestaltung einer Force Majeure-Klausel geachtet werden. So erscheint es etwa sinnvoll, Epidemien und Pandemien in eine nicht abschließende, beispielhafte Aufzählung der Ereignisse aufzunehmen.


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