Mexikos Hochbau kommt aus der Krise. Nachdem die Pandemie die Nachfrage nach Wohnungen und Büros geschwächt hatte, ist jetzt eine Trendwende zu beobachten.
Mexikos Hochbau hat seine Schwächephase überwunden und wächst wieder deutlich stärker. Im 1. Halbjahr 2024 legte der Sektor real um 7,7 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2023 zu. Das allgemeine Wirtschaftswachstum (BIP) lag in diesem Zeitraum nur bei 1,5 Prozent.
Besonders stark entwickelt sich der Bau von Industriegebäuden (+18,5 Prozent im 1. Halbjahr 2024), da ausländische Unternehmen weiterhin dem Nearshoring-Trend folgen und neue Produktionsstandorte in Mexiko errichten. So zählte das mexikanische Wirtschaftsministerium allein zwischen Januar und September 2024 insgesamt 209 Investitionsankündigungen von Unternehmen, die in den kommenden Jahren 64,7 Milliarden US$ im Land investieren wollen. Aber auch die Investitionen der öffentlichen Hand in Schulen, Sozialwohnungen und Gesundheitseinrichtungen expandierten im Vorfeld der Wahlen Mitte 2024.
Produktionswerte im mexikanischen Hochbau In Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent | 2022 1) | 2023 1) | Veränderung 2023/22 (real) 2) |
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Produktionswert im Hochbau insgesamt, davon | 11.615 | 13.475 | 16,0 |
Bürogebäude, Handel und Industrie | 5.759 | 7.883 | 20,8 |
Wohnungsbau | 5.093 | 6.327 | 9,6 |
Gesundheitseinrichtungen | 337 | 464 | 21,4 |
Schulen | 258 | 353 | 20,6 |
Andere | 167 | 246 | 29,6 |
1 berechnet mit durchschnittlichen Wechselkursen von 2022 (1 US$ = 20,13 mex$) und 2023 (1 US$ = 17,76 mex$); 2 Veränderung auf Basis der Landeswährung.Quelle: INEGI (Encuesta Nacional de Empresas Constructoras, ENEC) 2024
Acapulco erneut von Hurrikan getroffen
Auch der Wohnungsbau wächst dank einer stärkeren Nachfrage wieder. Im 1. Halbjahr 2024 expandierte der Sektor um 6,2 Prozent, so das Statistikamt INEGI. Laut der nationalen Hypothekengesellschaft SHF (Sociedad Hipotecaria Federal) lag der durchschnittliche Hypothekenzins in diesem Zeitraum bei 11,52 Prozent und der durchschnittliche Kaufpreis für Immobilien landesweit bei 1,7 Millionen mex$, umgerechnet rund 89.000 US$. In den Ballungszentren Mexiko-Stadt, Guadalajara und Monterrey liegen die Preise noch deutlich höher. Die höchsten Preissteigerungen werden laut SHF aktuell in den Tourismusregionen Baja California Sur und Quintana Roo verzeichnet.
Nachdem erst im Oktober 2023 Hurrikan Otis in Acapulco gewütet hatte, wurde die Küstenstadt knapp ein Jahr später erneut von einem Wirbelsturm getroffen. Hurrikan John sorgte im September 2024 für heftige Niederschläge, die zu Überschwemmungen und Erdrutschen führten. Abelina López, Bürgermeisterin von Acapulco schätzt die notwendigen Investitionen in der Stadt nach den beiden Stürmen auf 2,6 Milliarden US$. Als Ursache der sich häufenden Wirbelstürme wird die Erderwärmung infolge des Klimawandels angesehen. Hurrikan Otis hatte rund 80 Prozent der Hotels in Acapulco zum Teil erheblich beschädigt, viele Gebäude wurden noch nicht renoviert.
Industrieimmobilien sind stark nachgefragt
Der Bestand an Industrieimmobilien in den wichtigsten Industriezentren teilt sich nach Angaben des Immobilienberaters Colliers International mit Stand 3. Quartal 2024 wie folgt auf: 33 Millionen Quadratmeter in der Metropolregion Mexiko-Stadt, 21 Millionen Quadratmeter im Großraum Monterrey, 16 Millionen Quadratmeter in Guadalajara, 12 Millionen Quadratmeter in Querétaro und 8 Millionen Quadratmeter in Ciudad Juárez.
Die günstigsten Monatsmieten unter den genannten Standorten bietet Querétaro mit durchschnittlich 4,90 US$ je Quadratmeter (Industriegebäude Klasse A und B). In der nördlichen Grenzstadt Ciudad Juárez liegen die Monatsmieten bei 7,10 US$ je Quadratmeter, so Colliers International. Für die übrigen Großstädte werden Preisspannen angegeben: Mexiko-Stadt 4,30 US$ bis 14,60 US$, Monterrey 5,30 US$ bis 11,00 US$ und Guadalajara 5,90 US$ bis 10,90 US$ je Quadratmeter.
Die meisten Industrieimmobilien in der Metropolregion Mexiko-Stadt befinden sich im Korridor CTT (Cuautitlán, Tultitlán, Tepotzotlán) im Norden der Hauptstadt sowie im benachbarten Ort Tlalnepantla. Hier betreiben unter anderem Amazon, Mercado Libre, Coca-Cola und Pepsi Distributionszentren und Ford ein Automobilwerk. In Monterrey konzentriert sich das Angebot auf die Stadtteile Apodaca (Klasse A) und Guadalupe (Klasse B). In Guadalajara ist der Vorort El Salto vor allem wegen seiner Nähe zum Flughafen ein beliebter Standort für Industrieimmobilien.
Alle drei Großstädte weisen laut Colliers International jedoch nur eine geringe Leerstandsquote auf (Stand: 3. Quartal 2024): Mexiko-Stadt 1,3 Prozent, Monterrey 2,2 Prozent und Guadalajara 0,6 Prozent. In den etwas kleineren Städten Querétaro (3,0 Prozent) und Ciudad Juárez (7,7 Prozent) sind noch mehr Industrieimmobilien verfügbar.
Leerstandsquote von Büros sinkt wieder
Im Zuge der Coronapandemie und der Einführung hybrider Arbeitsmodelle sank die Nachfrage nach Büroflächen in Mexiko deutlich. Allmählich dreht sich der Trend jedoch um und die Leerstandsquote von Büros sinkt wieder. So stehen in Mexiko-Stadt rund 22,9 Prozent der Bürofläche leer (Stand: 3. Quartal 2024), weniger als in den Jahren 2022 und 2023. Vor der Pandemie im Jahr 2019 hatte die Leerstandsquote jedoch noch 15 Prozent betragen, so Colliers International. Das größte Angebot an Büroflächen befindet sich in den Stadtteilen Santa Fe, Polanco, Insurgentes und Reforma. In den Städten Monterrey (18,4 Prozent) und Querétaro (17 Prozent) ist die Leerstandsquote etwas geringer als in der Hauptstadt, in Guadalajara (9 Prozent) liegt sie sogar deutlich tiefer.
Laut Colliers International liegen die Büromieten weiterhin unter dem Niveau von vor der Pandemie. In Mexiko-Stadt werden je Quadratmeter im Schnitt 23,94 US$ für Klasse A+ und 21,25 US$ für Klasse A verlangt. Für Monterrey wird ein durchschnittlicher Mietpreis zwischen 9 US$ und 36 US$ je Quadratmeter angegeben, darin sind Gebäude der Klassen A+, A und B berücksichtigt. In Guadalajara liegt der Mietpreis zwischen 9 US$ und 28 US$. In Querétaro sind die Büromieten mit durchschnittlich 16 US$ je Monat/Quadratmeter etwas niedriger.
Nach Angaben des Einzelhandelsverbandes ANTAD werden dieses Jahr landesweit 24 neue Einkaufszentren eröffnet, deren Gesamtzahl steigt dadurch auf knapp 1.000. Unter anderem eröffnete die Luxuskette Palacio de Hierro im Oktober 2024 ein neues Kaufhaus in der Stadt León (Bundesstaat Guanajuato). Es ist die erste neue Niederlassung von Palacio de Hierro seit sieben Jahren. Mittelfristig sollen in den Städten Mérida und San Luis Potosí neue Kaufhäuser entstehen. Außerdem sollen die 15 bestehenden Filialen von Palacio de Hierro modernisiert werden, so Presseberichte.
Von Edwin Schuh
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Mexiko-Stadt