Special | Thailand | US-Zölle
US-Zölle wären für Thailands fragile Wirtschaft bedrohlich
Die angekündigten US-Abgaben in Höhe von 36 Prozent schockieren die thailändische Exportwirtschaft. Das Königreich will die Zollerhöhung unbedingt vermeiden.
11.04.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Die USA haben Zölle auf thailändische Importe in Höhe von 36 Prozent verkündet, wobei nach Trumps Aufschub am 9. April 2025 die Erhöhung für 90 Tage ausgesetzt ist. Die hohen Zölle wären eine Bedrohung für die Wirtschaft des Königreichs. Der thailändische Think Tank KResearch senkt die ohnehin niedrige Wachstumsprognose für 2025 von 2,4 auf 1,4 Prozent.
Thailands Wirtschaft hängt an US-Exporten
Die Regierung in Bangkok befindet sich in der Defensive, von Vergeltungszöllen ist keine Rede. Thailand lebt vom Außenhandel und die USA sind der mit Abstand wichtigste Exportmarkt. Der bilaterale Handelsüberschuss hat sich in den vergangenen fünf Jahren auf fast 50 Milliarden US-Dollar (US$) verdoppelt. Für die USA ist es das elfthöchste bilaterale Handelsdefizit.
Etwa die Hälfte der thailändischen Exporte in die USA sind Elektronikprodukte, vor allem Handys und Computer. Zweitwichtigste Produktgruppe sind Autoteile, insbesondere Reifen, bei denen Thailand als weltgrößter Kautschukproduzent einen komparativen Vorteil gegenüber anderen Produktionsländern hat.
Thailands starke, aber kriselnde Automobilindustrie exportiert hingegen nur wenige fertig montierte Kfz in die USA und wenn, dann handelt es sich vor allem um Pick-up Trucks, die der US-Hersteller Ford in Thailand produziert.
"Die US-Zölle auf Waren aus Thailand sind eine ernste Gefahr. Wir können sie mindern, wenn wir unseren Markt stärker für US-Güter, insbesondere für landwirtschaftliche Produkte, öffnen. Wenn die USA ihr bilaterales Handelsdefizit abbauen können, gerät Thailand aus der Schusslinie", sagt Burin Adulwattana, Chefökonom bei KResearch, im Gespräch mit Germany Trade & Invest. Die Hoffnungen auf glimpflichere Auswirkungen ruhen auf Verhandlungen, in der Zeit während die Zölle ausgesetzt sind. Der Ökonom plädiert dafür, den USA einen besseren Marktzugang zu gewähren.
Szenario: Thailand öffnet sich und kann Zollrabatte aushandeln
Thailand könnte seine Märkte stärker öffnen. Insbesondere der Agrar- und Nahrungsmittelmarkt stehen im Fokus. Diese erwirtschaften jedes Jahr Handelsüberschüsse mit den USA in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar.
Auch könnte Thailand noch mehr Öl und Gas aus den USA abnehmen. Im Jahr 2024 importierte das Königreich diese Rohstoffe aus den USA im Wert von 5 Milliarden US$. Darüber hinaus wäre es möglich, dass das Land mehr Flugzeuge beim US-Hersteller Boeing einkauft.
Das thailändische Handelsministerium will Unternehmen zu Investitionen in den USA ermuntern, um dadurch einen Zollrabatt zu erhalten. Allerdings verfügen nur wenige thailändische Unternehmen über das notwendige Kapital, Know-how und Erfahrungen, um größere Produktionsstätten in den USA erfolgreich zu errichten und zu betreiben. Investitionen der großen heimischen Mischkonzerne in US-amerikanische Hotelketten oder Shoppingmalls sind aber durchaus denkbar.
Thailand hat aber auch eine Karte in der Hand: Viele Produkte, die das Königreich liefert, können in einem Hochlohnland wie den USA kaum profitabel hergestellt werden. Eine Verlagerung von Fabriken in die Staaten wäre kaum möglich. Sollten die hohen Zölle auf Waren aus Thailand Bestand haben, würden sich Vorprodukte für US-Unternehmen verteuern und dies würde zur Inflation in den USA beitragen.
Szenario: Chinesische Fabriken kommen nach Thailand
Thailand und die anderen ASEAN-Länder haben ursprünglich gehofft, von höheren US-Zöllen verschont zu bleiben. Das Wunschszenario vieler Länder war, dass die US-Zollerhöhungen nur für Waren aus China gelten würden. Zusätzliche US-Handelsbarrieren würden chinesische Unternehmen dazu zwingen, Produktionen zu verlagern, beispielsweise nach Thailand. Doch dieses Szenario ist unsicher, denn die USA können gezielte Handelsbarrieren für chinesische Unternehmen aufbauen, ganz gleich, wo auf der Welt sie produzieren.
Szenario: Produkte aus China verdrängen inländische Anbieter
Ein Zollkrieg zwischen den USA und China könnte für Thailand ein Negativszenario sein: Günstige chinesische Waren, die in den USA nicht mehr erwünscht sind, könnten in Thailand heimische Produkte verdrängen. In einer Umfrage des Industrieverbandes Federation of Thai Industries fürchten 72 Prozent der befragten Unternehmen, dass ein amerikanisch-chinesischer Handelskrieg ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
Über 90 Prozent sehen niedrige Preise chinesischer Industriegüter als deren wichtigste Stärke. Die Hersteller von einfachen Konsumartikeln stehen schon länger unter Druck. Die thailändische Regierung versucht verzweifelt, die Flut billiger Konsumwaren von chinesischen Onlinehändlern zu regulieren.