Die mexikanische Regierung fährt die Privatisierung des Energiesektors wieder zurück. So erwarb der Staatskonzern CFE große Teile des Energiegeschäfts von Iberdrola.
Energieversorgung
Die Energiepolitik der derzeitigen mexikanischen Regierung zielt darauf ab, das Land unabhängig bei der Versorgung mit Treibstoff zu machen und gleichzeitig die Staatsunternehmen Pemex und CFE zu stärken. Zu der Strategie gehört unter anderem der Bau der neuen Raffinerie Olmeca/Dos Bocas im südlichen Bundesstaat Tabasco für rund 17 Milliarden US-Dollar (US$) durch den staatlichen Ölkonzern Pemex. Bei Inbetriebnahme – voraussichtlich im Jahr 2024 – SA-Mexiko-Kanada Handelsabkommens wird es mit einer Kapazität von 340.000 Barrel pro Tag (bpd) die größte und modernste Raffinerie des Landes sein. Nach Angaben der Regierung muss Mexiko dadurch zukünftig kein Benzin und Diesel mehr aus dem Ausland importieren.
Erdgas und Erdöl tragen nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) rund 85 Prozent zum Primärenergieverbrauch bei. Erdgas wird größtenteils für die Stromerzeugung in Gaskraftwerken des staatlichen Energieerzeugers CFE (Comisión Federal de Electricidad) verwendet. Erdöl hingegen entfällt zu rund 70 Prozent auf den Transportsektor, der Rest ebenfalls hauptsächlich auf die Elektrizitätserzeugung.
Die Erzeugung und der Gebrauch von grünem Wasserstoff sind in Mexiko bislang ein Randthema. Es gibt weder eine staatliche Förderung, noch hat das Land eine nationale Wasserstoffstrategie. Vereinzelt planen jedoch Unternehmen zukünftig die Verwendung von grünem Wasserstoff, so etwa in der Automobilindustrie oder der Stahl- und Zementherstellung.
Stromerzeugung
Bei der Stromproduktion spielen weiterhin Erdgas und Schweröl eine herausragende Rolle, mit einem Anteil von zusammen 69,8 Prozent an der Stromerzeugung im Jahr 2021. Insbesondere die Verwendung von Erdgas gewann durch den Bau zahlreicher neuer Gaskraftwerke seit der Jahrtausendwende an Bedeutung.
Wasserkraft hat einen Anteil von knapp 11 Prozent an der Stromerzeugung, sie wurde in den vergangenen Jahren jedoch kaum ausgebaut. Aufgrund von zunehmender Trockenheit und Problemen bei der Wasserversorgung in vielen Regionen dürfte der Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung zukünftig abnehmen. Die großen Wasserkraftwerke sind im Besitz der CFE. Neu hinzukommen dürfte mittelfristig nur das Wasserkraftwerk Chicoásen 2 (240 Megawatt) im Bundesstaat Chiapas.
Erneuerbare Energien wurden in Mexiko in den vergangenen Jahren zwar ausgebaut, insbesondere seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 2013. Die Stromerzeugung durch Fotovoltaik wuchs auf diese Weise von 31 Gigawattstunden im Jahr 2010 auf rund 13.400 Gigawattstunden im Jahr 2021. Die Stromproduktion durch Windkraft stieg im gleichen Zeitraum von 1.200 auf rund 20.900 Gigawattstunden.
Seit dem Regierungswechsel im Dezember 2018 und dem Schwenk in der Energiepolitik ist die Energiewende in Mexiko jedoch ins Stocken geraten. López Obrador stoppte direkt nach seiner Amtseinführung die vierte Ausschreibungsrunde für Energiekapazitäten (Subastas de Largo Plazo, SLP), obwohl sich diese Praxis eigentlich bewährt hatte: Dank erneuerbarer Energien privater Anbieter fiel der Preis pro Megawattstunde deutlich.
Zudem weichte die Regierung die Regeln für Energiezertifikate CEL auf. Dadurch können auch ältere Kraftwerke Zertifikate erhalten, darunter Wasser- und Geothermieanlagen sowie das Atomkraftwerk im Bundesstaat Veracruz, das einzige seiner Art in Mexiko. Zuvor haben nur nach 2014 gebaute Kraftwerke Zertifikate bekommen.
Das britische Marktforschungsinstitut Economist Intelligence Unit (EIU) geht davon aus, dass fossile Energieträger wie Erdgas, Schweröl und Kohle im Jahr 2032 noch rund 68 Prozent zur Stromerzeugung in Mexiko beitragen werden. Erneuerbare Energien werden den EIU-Prognosen nach 19,5 Prozent ausmachen, wobei Solarenergie einen größeren Beitrag an der Stromerzeugung haben wird als Windkraft (40.600 Gigawattstunden gegenüber 33.400 Gigawattstunden).
Der Anteil des staatlichen Energieversorgers CFE an der nationalen Stromproduktion sank im Zuge der Privatisierung des Stromsektors von vorher 100 Prozent auf nur noch 38 Prozent im Jahr 2021. Der Anteil dürfte Experten zufolge allerdings wieder auf 55,5 Prozent steigen, nachdem das spanische Energieunternehmen Iberdrola im April 2023 13 Kraftwerke für 6 Milliarden US$ an den mexikanischen Staat veräußert hat. Beobachter interpretieren diesen Verkauf als Reaktion von Iberdrola auf die langwierigen Rechtsstreitigkeiten mit der mexikanischen Regierung. Präsident López Obrador feierte den Verkauf als "neue Nationalisierung des Energiesektors" in Anspielung auf die Verstaatlichung des Erdölsektors im Jahr 1938. Die Kraftwerke von Iberdrola – mehrheitlich Gaskraftwerke – gelten jedoch zum Teil als veraltet. Das Unternehmen behält nur einen kleinen Teil seines Mexikogeschäfts.
Von Edwin Schuh
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Mexiko-Stadt