Rechtsbericht | Mexiko | Arbeitsrecht
Arbeitsrecht
Das mexikanische Arbeitsrecht wird im Wesentlichen im Arbeitsgesetz des Bundes (Ley Federal de Trabajo) geregelt.
19.05.2022
Von Dr. Julio Pereira, Jan Sebisch | Bonn
Vergütung | Individualvereinbarung |
Mindestlohn pro Tag | 123,22 mex$ |
Arbeitsstunden pro Woche | 48 |
Regelarbeitstage pro Woche | 5 oder 6 |
Zulässige Überstunden | 9 |
Bezahlte Feiertage | Mindestens 6 |
Bezahlte Urlaubstage | 6 - 20 |
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt) | Jahressonderzahlung von mindestens 15 Tagesgehältern |
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall | keine |
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit | Ab 4. Krankheitstag übernimmt Sozialversicherung 60% der Vergütung; Anspruch gegenüber Arbeitgeber nur bei Arbeitsunfall |
Probezeit | 30 Tage; bis 180 Tage möglich* |
*) bei Besetzung von Führungspositionen oder besonders spezialisierten Positionen
Rechtsgrundlagen
Das mexikanische Arbeitsrecht wird im Wesentlichen im Bundesarbeitsgesetz (Ley Federal de Trabajo - LFT) geregelt. Sozialrechtliche Bestimmungen finden sich im Sozialversicherungsgesetz (Ley del Seguro Social - LSS). Weitere Regelungen zum Arbeitsrecht finden sich in Tarifverträgen, unternehmensinternen Richtlinien und im Individualarbeitsvertrag.
Im Zuge der Arbeitsrechtsreform im Jahr 2019 ist es zu wichtigen Neuerungen im Arbeitsprozessrecht gekommen. Unter anderem wurden die bislang für Konflikte zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorgesehenen Schlichtungsstellen, sogenannte Juntas de Conciliación y Arbitraje, abgeschafft. Stattdessen wurde eine eigene Arbeitsgerichtsbarkeit geschaffen und in jedem Bundesstaat zentrale Gütestellen (Centros de Conciliación) eingerichtet, vor denen zwingend vor Beginn eines Arbeitsprozesses ein Güteverfahren durchgeführt werden muss. Eine Klageerhebung ist erst nach einem gescheiterten Güteverfahren möglich.
Eine weitere wichtige Änderung im mexikanischen Arbeitsrecht ist, dass das LFT am 11. Januar 2021 tiefgreifend geändert wurde, um detaillierte Regeln in Bezug auf die Arbeit im Homeoffice aufzunehmen.
Vertragsabschluss
Der Arbeitsvertrag kann befristet oder unbefristet geschlossen werden. Nach Art. 24 LFT ist er schriftlich abzuschließen, sofern kein anwendbarer Tarifvertrag (Contrato Colectivo) existiert.
Grundsätzlich wird bei Abschluss eines Arbeitsvertrags von einem unbefristeten Verhältnis ausgegangen. Befristete Verträge sind möglich, sollen aber die Ausnahme bilden. Dabei muss sich die Befristung aus der Natur der zu erbringenden Arbeitsleistung ergeben, wie zum Beispiel bei saisonaler Arbeit oder Bauprojekten (Art. 35 ff. LFT). Bei unbefristeten und befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Mindestdauer von 180 Tagen kann eine Probezeit vereinbart werden, für die grundsätzlich 30 Tage vorgegeben sind. Bei Führungs- oder besonders spezialisierten Positionen kann sie allerdings bis zu 180 Tage betragen (Art. 39A LFT).
Sofern ein Unternehmen ausländische Mitarbeitende beschäftigen möchte, sind bestimmte Quotenregelungen zu beachten. So sollen in Unternehmen und Niederlassungen mindesten 90 Prozent mexikanische Arbeitnehmende beschäftigt werden. Die gesetzliche Quote gilt allerdings nicht für Angestellte der Geschäftsführung (Art. 7 LFT).
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können schriftlich vereinbaren, an welchem Ort die Arbeit ausgeführt werden soll. Dies gilt auch für den Wohnsitz des Arbeitnehmers. Die Kombination aus Präsenzarbeit und Homeoffice kann zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung und der Arbeitgeber zur Entrichtung des vereinbarten Entgelts. Der Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt.
Die tägliche Höchstarbeitszeit richtet sich nach den Arbeitsschichten: 8 Stunden (Tagesschicht), 7 Stunden (Nachtschicht) und 7,5 Stunden (Gemischte Schicht). Die Wochenarbeitszeit ist im Gesetz nicht ausdrücklich festgelegt. Im Art. 69 LFT ist jedoch geregelt, dass der Angestellte nach jeweils 6 Arbeitstagen (Montag bis Samstag) Anspruch auf einen Ruhetag hat. Kombiniert man diese Regelung mit Art 61 LFT, so beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit 48, 42 beziehungsweise 45 Stunden, wobei die verschiedenen Schichten berücksichtigt werden.
Die Grundlage der Arbeitsvergütung können die Parteien frei vereinbaren, etwa ein Festgehalt, eine Provision oder eine Vergütung auf Grundlage der tatsächlich geleisteten Stunden (Art. 82 ff. LFT). Allerdings ist der gesetzliche Mindestlohn zu beachten, der jährlich durch die Nationale Kommission für Mindestlöhne (Comisión Nacional de los Salarios Mínimos) festgelegt wird.
Jeder Arbeitnehmer hat einen Urlaubsanspruch. Im ersten Beschäftigungsjahr darf der Urlaub in keinem Fall weniger als sechs Arbeitstage betragen (Art. 81 LFT). Für jedes weitere Jahr Betriebszugehörigkeit erhöht sich der Urlaubsanspruch um zwei Tage bis auf maximal zwölf Tage und danach wiederum für alle fünf Jahre Betriebszugehörigkeit um weitere zwei Tage (Art. 76 LFT). Der Urlaub wird dem Arbeitnehmer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Dienstjahres gewährt.
Arbeitnehmer haben nach Art. 117 LFT Anspruch auf eine Arbeitnehmergewinnbeteiligung (Participación de los Trabajadores en las Utilidades de las Empresas - PTU). Deren prozentuale Höhe verordnet die zuständige Nationale Kommission. Die Auszahlung muss 60 Tage nach Fälligkeit der jährlichen Steuer erfolgen (Art. 122 LFT). Keinen Anspruch auf Zahlung haben Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder (Art. 127 LTF).
Was die Arbeitsverhältnisse im Rahmen der Homeoffice-Regelung betrifft, müssen Unternehmen sich beim Arbeitgeberregister (Registro de patrones del trabajo a domicilio) registrieren lassen, das bei der Arbeitsaufsichtsbehörde (Inspección del Trabajo) geführt wird (Art. 324 V LFT). Es ist Pflicht, ein Register der mobilen Arbeitnehmer zu führen, das von der Arbeitsaufsichtsbehörde genehmigt wird (Art. 320 LFT). Außerdem müssen Unternehmen ihren Arbeitnehmern unentgeltlich ein von der Arbeitsaufsichtsbehörde genehmigtes Arbeitsblatt (Libreta de trabajo a domicilio - Art. 321 LFT) aushändigen. Bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen werden Sanktionen verhängt (Art. 330 LFT).
Vertragsbeendigung
Das Arbeitsverhältnis kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer gekündigt werden, wobei das mexikanische Arbeitsrecht zwischen berechtigter und unberechtigter Kündigung unterscheidet.
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer bei Vorliegen eines berechtigten Grundes (Art. 47 LFT) kündigen. Liegt ein berechtigter Grund vor, hat der Arbeitnehmer bei Kündigung seitens des Arbeitgebers keinen Anspruch auf Abfindung.
Wird einem Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ohne Vorliegen eines entsprechenden Grundes gekündigt, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder Zahlung einer Abfindung (Art. 48 LFT). Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung kann in bestimmten Fällen (zum Beispiel bei besonderen Vertrauensverhältnissen) ausgeschlossen werden. Zudem ist an den Arbeitnehmer noch eine zusätzliche Zahlung von 20 Tagesentgelten für jedes volle Arbeitsjahr zu leisten (Art. 50 LFT). Ein Anspruch besteht auch auf einen Betriebszugehörigkeitsbonus in Höhe von zwölf Tagesgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (Art. 162 LFT).